Essen. Der Essener Energiekonzern RWE rechnet mit Folgen der US-Wahl fürs eigene Geschäft. Investoren machen Druck. Vorstand reagiert.

Das Management des Essener Energiekonzerns RWE rechnet nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA mit negativen Folgen für das dortige Windkraft-Geschäft. „Nach dem Wahlausgang in den USA sind die Risiken für Offshore-Windprojekte größer geworden“, erklärt das Unternehmen in der Nacht zum Mittwoch. „Dies betrifft auch das Offshore-Windprojekt von RWE vor der Ostküste der USA, das sich aufgrund ausstehender Genehmigungen zeitlich verschieben könnte.“

Es geht um ein prestigeträchtiges Milliarden-Projekt in der Nähe von New York. RWE will dort auf hoher See Windräder mit einer Kapazität von rund drei Gigawatt errichten – genug, um etwa 1,1 Millionen US-Haushalte mit Strom zu versorgen, wie der Konzern schon vor einiger Zeit erklärte. Der Windpark sollte demnach bis zum Ende des Jahrzehnts in Betrieb gehen. „Die neue republikanische Administration könnte konkrete Projekte verzögern“, berichtet RWE-Finanzchef Michael Müller nun in einer Telefonkonferenz zur Zwischenbilanz des Essener Energieversorgers. Auch die Realisierung des Projekts in der Nähe von New York hänge von ausstehenden Genehmigungen durch US-Bundesbehörden ab.

Der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft in Europa komme ebenfalls „nicht so schnell voran wie erwartet“, teilt RWE in der aktuellen Quartalsbilanz mit. „Das Ziel von RWE, weitere Elektrolyse-Kapazitäten zu errichten, kann sich dadurch verzögern.“

Der Vorstand um Konzernchef Markus Krebber reagiert, indem RWE zur Verfügung stehende Finanzmittel umschichten und eigene Aktien im Gesamtvolumen von bis zu 1,5 Milliarden Euro erwerben will. Die Aktienrückkäufe sollen Unternehmensangaben zufolge noch in diesem Jahr starten und sich über einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten erstrecken. Mit Bekanntwerden der Pläne legt die Aktie von RWE kräftig zu.

Nach der Wahl in den USA ist der Wert von RWE an der Börse zunächst massiv gesunken, was Finanzjongleure auf den Plan gerufen hat. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete kurz nach dem Wahltag, der aktivistische Finanzinvestor Elliott habe eine beträchtliche Beteiligung an RWE aufgebaut. Auch Spekulationen zu Rufen nach einem Aktien-Rückkauf-Programm machten die Runde. Ein solches Finanzmanöver hat in aller Regel das Ziel, den Börsenkurs eines Unternehmens zu steigern. Der vom US-Milliardär Paul Singer gegründete Hedgefonds Elliott steht im Ruf, eigene Interessen mit aller Härte durchzusetzen. RWE-Chef Markus Krebber dürfte Handlungsbedarf gesehen haben.

RWE-Chef Krebber: „Werte für unsere Aktionäre schaffen“

„Wenn sich das Risiko-Rendite-Verhältnis in einzelnen Bereichen temporär ändert, setzen wir das hierfür vorgesehene Kapital entsprechend anders ein“, kommentiert Krebber den geplanten Aktien-Rückkauf in Milliardenhöhe. „Damit unterstreichen wir unser Bekenntnis, Werte für unsere Aktionäre zu schaffen.“

Zur Einordnung: Wenn RWE nun für rund 1,5 Milliarden Euro eigene Aktien kauft, entspricht etwas mehr als dem doppelten Volumen an Finanzmitteln, die für die geplante Dividende vorgesehen ist, von der auch kommunale Aktionäre wie die Städte Dortmund, Essen und Mülheim profitieren. Die Anteilseigner sollen für das laufende Geschäftsjahr 1,10 Euro je Aktie erhalten. Das sind ingesamt rund 700 Millionen Euro.

RWE-Chef Markus Krebber zum milliardenschweren Aktien-Rückkauf des Konzerns: „Damit unterstreichen wir unser Bekenntnis, Werte für unsere Aktionäre zu schaffen.“
RWE-Chef Markus Krebber zum milliardenschweren Aktien-Rückkauf des Konzerns: „Damit unterstreichen wir unser Bekenntnis, Werte für unsere Aktionäre zu schaffen.“ © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Generell sieht RWE-Chef Krebber den Essener Konzern mit seinen rund 20.000 Beschäftigten auf Kurs. RWE habe in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres eine gute geschäftliche Entwicklung verzeichnet und mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als je zuvor. Die Ökostrom-Erzeugung von RWE erreichte demnach ein Rekordniveau von 36 Terawattstunden (TWh) – ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) habe in den ersten neun Monaten bei vier Milliarden Euro gelegen, das bereinigte Nettoergebnis bei 1,6 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis sei allerdings erwartungsgemäß niedriger ausgefallen als im Vorjahr.

USA mittlerweile wichtiger Markt für RWE

Krebber bekräftigt die Strategie von RWE, angesichts einer weltweiten Nachfrage nach grünem Strom das Erneuerbare-Geschäft „mit Milliardeninvestitionen in Europa und den USA“ weiter ausbauen und damit auch „die Energiewende hierzulande vorantreiben“ zu wollen.

RWE hatte angekündigt, in den Jahren 2024 bis 2030 weltweit rund 55 Milliarden Euro in Erneuerbare-Projekte stecken zu wollen – also knapp acht Milliarden Euro pro Jahr. Nun würden es voraussichtlich nur noch etwa sieben Milliarden Euro jährlich, so RWE-Finanzchef Müller. Die Planungen sehen vor, dass rund 35 Prozent der Investitionen in die USA fließen sollen.

Erst in jüngster Vergangenheit ist RWE in den USA auf Einkaufstour gegangen. Für rund 6,8 Milliarden Dollar übernahm das Essener Unternehmen den US-Konzern Con Edison. Das notwendige Kapital steuerte insbesondere ein Staatsfonds aus Katar bei.

Kurz vor der Entscheidung zum milliardenschweren Aktien-Rückkauf hatte sich RWE-Chef Krebber in einem FAZ-Interview noch betont gelassen mit Blick auf das US-Geschäft gezeigt. „Unabhängig vom Wahlausgang wird die Nachfrage nach sauberem Strom in den USA weiter deutlich steigen“, sagte Krebber und verwies unter anderem auf den Energiebedarf durch Datenzentren für künstliche Intelligenz. „Das ist die Grundlage unseres Geschäfts, deshalb bin ich unbesorgt“, so Krebber. Auch während der ersten Präsidentschaft von Trump sei der Ausbau der Erneuerbaren in den USA „gut“ gewesen, und es habe auch staatliche Fördergelder für grüne Investitionen gegeben.

Druck von Investoren auf RWE-Management

Der Druck von Investoren auf das RWE-Management bleibt hoch. „Der Kapitalmarkt hat bisher wenig Vertrauen in RWE, mit seinem Investitionsprogramm nachhaltig Wert schaffen zu können“, sagt Benedikt Kormaier, Geschäftsführer der deutschen Investmentfirma Enkraft Capital, die Anteile an RWE hält. Nun gebe der Vorstand um RWE-Chef Krebber „endlich der Forderung vieler Aktionäre und Analysten“ nach, die eine andere Verwendung der finanziellen Mittel gefordert hätten. Enkraft-Geschäftsführer Kormaier sieht es kritisch, dass RWE jährlich mehr als sieben Milliarden Euro investieren wolle. Dies sei „zu viel für ein Unternehmen, das vom Markt lediglich mit 22 Milliarden Euro bewertet wird“, erklärt er unter Verweis auf die Bewertung des Essener Energiekonzerns an der Börse. Es sei „überfällig, dass RWE das Risikoprofil seines Investitionsprogramms“ anpasse, so Kormaier.

Aufmerksam beobachten dürfte das RWE-Management insbesondere das weitere Vorgehen des gefürchteten Finanzinvestors Elliott. Ob Elliott bei RWE willkommen sei, wird Finanzchef Müller in der Telefonkonferenz gefragt. Konkret zu Elliott will sich der RWE-Manager nicht äußern. „Jeder Teilnehmer des Kapitalmarkts ist uns willkommen“, sagt er lediglich.

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