Düsseldorf. Viele Baustellen beim Energiekonzern Uniper: Das Kraftwerk Datteln steht still, Investitionsprojekte stocken. Firmenverkäufe stehen an.

Beim verstaatlichten Düsseldorfer Energiekonzern Uniper zeichnet sich ein weitreichender Umbau ab, der Auswirkungen auf Standorte und Geschäftsaktivitäten im Ruhrgebiet hat. So steht unter anderem das weit verzweigte Fernwärme-Geschäft von Uniper zum Verkauf. Uniper versorgt eigenen Angaben zufolge rund 160.000 Haushalte in mehreren Städten und Gemeinden des Ruhrgebiets mit Wärme. Mit einer Länge von mehr als 700 Kilometern handle es sich um eines der größten deutschen Fernwärme-Netze, erklärt das Unternehmen in seiner aktuellen Zwischenbilanz. Seit mehr als 50 Jahren versorge die Firmentochter Uniper Wärme Gmbh (UWG) über 14.000 Kunden.

Dass sich der nordrhein-westfälische Energieversorger, der aus dem Essener Eon-Konzern hervorgegangen ist, vom Fernwärme-Geschäft trennen wird, hat mit der staatlichen Rettungsaktion während der Energiekrise vor zwei Jahren zu tun. Uniper war in eine existenzbedrohende Schieflage geraten, weil der russische Staatskonzern Gazprom seine Gaslieferungen an den deutschen Versorger zunächst gedrosselt und später eingestellt hatte. Plötzlich fehlte Deutschlands größtem Gashändler ein entscheidender Teil des Geschäftsmodells: Erdgas aus Russland. Mit einem milliardenschweren Finanzmanöver bewahrte die Bundesregierung unter Führung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Konzern vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Europäische Kommission genehmigte das Vorgehen, verfügte allerdings Auflagen – unter anderem den Verkauf des Fernwärme-Geschäfts und eine Trennung vom Kohlekraftwerk in Datteln.

Den Verkaufsprozess für die Fernwärme-Aktivitäten im Ruhrgebiet habe Uniper nun gestartet, erklärt das Unternehmen im aktuellen Zwischenbericht. Aussagen zu etwaigen Käufern macht Uniper dabei nicht.

Eine wichtige Rolle bei der Fernwärme-Versorgung spielt das Kohlekraftwerk „Datteln 4“, das jetzt ebenfalls auf der Verkaufsliste des Konzerns steht. Die umstrittene Anlage, die erst mit jahrelanger Verzögerung ans Netz gegangen war, sei in der Lage, rund 100.000 Haushalte mit Fernwärme zu versorgen, hatten die zuständigen Konzernmanager häufig betont.

Brand legt Kohlekraftwerk Datteln lahm

Wer das Kohlekraftwerk übernehmen könnte, ist offen. Interessenten hätten „die Möglichkeit, Angebote für weitere Grundstücke und ergänzende Infrastruktur am Standort Datteln abzugeben“, wirbt Uniper in der aktuellen Quartalsbilanz.

Das Uniper-Kraftwerk in Datteln: Ein Trafo-Brand am 12. Oktober hat die Anlage lahmgelegt.
Das Uniper-Kraftwerk in Datteln: Ein Trafo-Brand am 12. Oktober hat die Anlage lahmgelegt. © dpa | Bernd Thissen

Nach einem Brand am Kraftwerksstandort steht die Anlage in Datteln Unternehmensangaben zufolge aber voraussichtlich noch bis Februar kommenden Jahres still. Am 12. Oktober sei ein Transformator durch ein Feuer beschädigt worden. Die Kosten könne Uniper noch nicht beziffern, heißt es in der Zwischenbilanz. Etwaige Versicherungsansprüche spielten dabei eine Rolle. Eine Reparatur sei geplant. Kurz nach dem Brand war von einem technischen Defekt die Rede.

Investitionsvorhaben von Uniper verzögern sich

Die Investitionspläne von Uniper für die kommenden Jahre sind derweil ins Stocken geraten. Uniper-Chef Michael Lewis hatte angekündigt, bis zum Jahr 2030 rund acht Milliarden Euro in Transformationsprojekte stecken zu wollen. Die Umsetzung der Pläne verzögere sich um „wenige Jahre“, heißt es nun im Zwischenbericht. Als Zeitraum für eine Realisierung der geplanten Investitionen nennt Uniper jetzt „die frühen 2030er-Jahre“.

Uniper-Chef Michael Lewis hatte das Ziel ausgegeben, die „Energiewende zu beschleunigen“. Doch die geplanten Investitionen verzögern sich.
Uniper-Chef Michael Lewis hatte das Ziel ausgegeben, die „Energiewende zu beschleunigen“. Doch die geplanten Investitionen verzögern sich. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Das Marktumfeld hat sich seit August letzten Jahres, als die neue Uniper-Strategie verkündet wurde, verschlechtert“, erklärt das Management zur Begründung und verweist unter anderem auf gefallene Energiepreise. Auch Unklarheiten bei der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung – hier geht es insbesondere um den Bau neuer Gaskraftwerke – hätten zu Verzögerungen geführt. „Des Weiteren geht der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nicht nur in Deutschland schleppend voran“, erklärt das Uniper-Management. „Stand heute gibt es wenige größere Kunden, die grünen Wasserstoff nachfragen und entsprechende Lieferkontrakte abschließen wollen.“

Anfang August vergangenen Jahres hatte sich Uniper-Chef Michael Lewis noch optimistisch gezeigt. „Wir können und werden die Energiewende beschleunigen“, beteuerte Lewis, ein ehemaliger Eon-Manager, der zu diesem Zeitpunkt seit zwei Monaten bei Uniper im Amt war. In seinem „Zielbild für Uniper im Jahr 2030“ spielen insbesondere Geschäfte rund um Wasserstoff, Energiespeicher und CO2-freien Strom eine Rolle. Uniper-Finanzchefin Jutta Dönges betont trotz der aktuellen Verzögerungen: „In der Umsetzung unserer Strategie hin zu einem grüneren Unternehmen machen wir Fortschritte.“

Umbau am Uniper-Standort Gelsenkirchen-Scholven

Ende Juni gab Uniper das Startsignal für ein neues Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk in Gelsenkirchen-Scholven. In den vergangenen Jahrzehnten haben noch Kohlekraftwerke den Industriestandort im nördlichen Ruhrgebiet geprägt. Neben Dampf für die Industrie soll die neue Anlage auch Strom und Fernwärme erzeugen. Als eine weitere „Option“ bezeichnet das Uniper-Management den Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerks in Scholven. Die Umstellung von Kohle auf Gas sei „nur der erste Schritt der Transformation“.

Uniper-Finanzchefin Jutta Dönges: „In der Umsetzung unserer Strategie hin zu einem grüneren Unternehmen machen wir Fortschritte.“
Uniper-Finanzchefin Jutta Dönges: „In der Umsetzung unserer Strategie hin zu einem grüneren Unternehmen machen wir Fortschritte.“ © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

In Europa ist Uniper einer der größten Gashändler. Zu den Kunden gehören zahlreiche Stadtwerke und Industriekunden. Derzeit hält der Bund fast sämtliche Uniper-Aktien. Mit milliardenschweren Erlösen kann die Bundesregierung rechnen, wenn sie den Düsseldorfer Energiekonzern wieder privatisiert. Der Uniper-Vorstand arbeite daran, dass der Konzern wieder in private Hände komme, hatte das Management stets betont. Ein mögliches Szenario ist ein Börsengang.

530 Millionen Euro hat der Konzern schon jetzt an die Staatskasse überwiesen, wie der Vorstand in der Zwischenbilanz erklärt. Die Finanztransaktion sei als „Rückzahlung an den deutschen Steuerzahler zu betrachten.“

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