Essen. Der Essener Energiekonzern RWE bekommt mehrere neue Aufsichtsratsmitglieder. Der Großaktionär Katar bleibt allerdings außen vor.
Der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal und der frühere Post-Chef Frank Appel sollen in den Aufsichtsrat des Essener Energiekonzerns RWE einziehen. Der zuständige Nominierungsausschuss des Kontrollgremiums habe sich auf Westphal und Appel verständigt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Auch Jörg Rocholl, der Präsident der European School of Management & Technology (ESMT) aus Berlin, stehe auf der Kandidatenliste, mit der sich die Hauptversammlung am 3. Mai beschäftigen soll.
Fest steht nach Angaben des Unternehmens, dass drei amtierende Aufsichtsratsmitglieder – der einstige Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel, Ex-Eon-Manager Erhard Schipporeit und der langjährige Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) – planmäßig aus dem RWE-Aufsichtsrat ausscheiden. RWE-Aufsichtsratschef Werner Brandt spricht von „drei hervorragenden Kandidaten für die Nachfolgeplanung im Aufsichtsrat“.
Künftig zwei Oberbürgermeister im RWE-Aufsichtsrat
Weiter im RWE-Aufsichtsrat bleiben soll Ute Gerbaulet. Die Managerin, die zur Führungsspitze des Lebensmittelriesen Oetker gehört, stehe für eine zusätzliche Amtszeit im Kontrollgremium zur Verfügung, teilte RWE mit. Die Aktionäre wählen bei der Hauptversammlung die Aufsichtsratsmitglieder. Die Zustimmung kann als wahrscheinlich gelten.
Mit Thomas Westphal (SPD) wird – neben dem Essener Thomas Kufen (CDU) – dann voraussichtlich ein weiterer Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet dem RWE-Aufsichtsrat angehören. Westphal ist im Jahr 2020 zum Dortmunder Stadtoberhaupt gewählt worden. Das RWE-Mandat blieb allerdings zunächst bei Westphals Amtsvorgänger Sierau, der mit mittlerweile mehr als zwölf Jahren Zugehörigkeit zu den dienstältesten Kontrolleuren des Konzerns gehört.
Ruhrgebietskommunen wie Dortmund, Essen und Mülheim halten seit vielen Jahren Anteile beim Energiekonzern RWE. In früheren Jahren hatten die kommunalen Aktionäre drei Mandate im wichtigsten Kontrollgremium des Unternehmens, derzeit sind es zwei. Einige Kommunen, darunter Bochum, hatten in den vergangenen Jahren ihre RWE-Anteile verkauft. Der Einfluss der Kommunen im Konzern ging damit zurück.
Staatsfonds aus Katar größter Aktionär bei RWE, aber nicht im Aufsichtsrat
Mit einem Staatsfonds aus Katar ist vor einigen Monaten ein neuer Großaktionär bei RWE eingestiegen. Die Qatar Investment Authority (QIA) ist nunmehr mit fast zehn Prozent die größte Einzelaktionärin des Essener Energieversorgers. Die seit Jahren an RWE beteiligten Ruhrgebietsstädte halten – einzeln betrachtet – deutlich kleinere Aktienpakete. Mit dem Katar-Deal habe es eine Stimmrechtsverwässerung bei den bisherigen Aktionären gegeben, analysierte unlängst der Investor Enkraft. Auch bei den kommunalen Aktionären werde dies sichtbar. So halte die Stadt Essen angesichts der Beteiligung von QIA nur noch 2,52 Prozent der RWE-Anteile – statt zuvor 2,77 Prozent.
Auffällig ist, dass der Staatsfonds aus Katar augenscheinlich auf ein Mandat im RWE-Aufsichtsrat verzichtet hat. Beim Autokonzern Volkswagen, bei dem Katar ebenfalls zu den Großaktionären zählt, ist das Emirat hingegen mit eigenen Vertretern präsent. Allerdings gilt die Energiebranche als eine besonders sensible und politische Branche.
Kritik: „Staatsfonds eines autoritär regierten Landes“
Das Engagement von Katar bei RWE wird vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre ohnehin mit viel Skepsis betrachtet. Die Qatar Investment Authority (QIA) sei der „Staatsfonds eines autoritär regierten Landes“, merkte unlängst der Dachverband an und warnte vor einer „gefährlichen Abhängigkeit“.
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RWE-Vorstandschef Markus Krebber betonte, beim Deal mit Katar sei es insbesondere um die Finanzierung der 6,8 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Konzerns Con Edison gegangen. Hierfür habe RWE Kapital benötigt, dass der Staatsfonds QIA mitgebracht habe.