Bochum. Vonovia kündigt Verdoppelung der Investitionen an. Konzernchef Rolf Buch erklärt, wo er neu bauen und wie er die Baukosten senken will.
Deutschlands größter Vermieter Vonovia steigt nach Jahren der Zurückhaltung wieder in den Neubau von Wohnungen ein und will seine Investitionen auf bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr verdoppeln. Der Bochumer Dax-Konzern kündigte am frühen Mittwochmorgen an, im kommenden Jahr mit dem Bau von 3000 neuen Wohnungen in Berlin, Salzburg und Wien zu beginnen. Insgesamt sieht Vonovia-Chef Rolf Buch auf eigenen Grundstücken Potenzial für 70.000 neue Wohnungen in den Metropolregionen Deutschlands und Österreichs.
„Vonovia ist zurück. Wir können wieder investieren“, versucht Rolf Buch Aufbruchstimmung zu verbreiten, als er die Bilanzzahlen für die zurückliegenden neun Monate des Jahres erläutert. Der Bochumer Dax-Konzern hatte seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 schwer unter den stark gestiegenen Zinsen und Baukosten zu leiden. Um die massiven Abwertungen der eigenen Gebäude zu kompensieren und Schulden abzubauen, verkaufte Vonovia Bestände im Wert von acht Milliarden Euro, kürzte Investitionen und stoppte Neubau-Projekte.
Vonovia-Chef Buch: „Der Wertverfall ist vorbei“
Bereits im Sommer hatte Buch die Immobilien-Krise für beendet erklärt. Am Mittwoch verkündet er nun die neue Strategie bis zum Jahr 2028. „Der Wertverfall ist vorbei. Wir wollen zurück zu alter Größe“, kündigt der Vonovia-Chef jetzt an. Als größte Überraschung darf wohl gewertet werden, dass der Bochumer Dax-Konzern mit seinen 541.600 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich wieder nennenswert ins Neubau-Geschäft einsteigen will.
Nach Angaben von Buch sieht Vonovia in Deutschland und Österreich „Potenzial für 70.000 Wohnungen“, die der Konzern langfristig auf eigenen Grundstücken durch Nachverdichtung in den Siedlungen und durch Aufstockung bestehender Gebäude realisieren wolle. Beim Neubau, aber auch bei der Modernisierung will Vonovia zunehmend auf Fertigmodule aus Holz zurückgreifen. Das Unternehmen hat sich an dem Anbieter Gropius beteiligt, der in Baden-Württemberg eine Fabrik mit 120 Robotern eröffnet hat.
Vom seriellen Bauen, so lautet der Fachbegriff, erhofft sich Vonovia Kostenvorteile, aber auch mehr Tempo und einen Beitrag zum Klimaschutz. Um das Ziel zu erreichen, die Baukosten um 20 Prozent zu senken, will der Konzern aber auch auf Tiefgaragen verzichten und Abstriche beim Energiestandard, die die Bundesregierung mit dem neuen „Gebäudetyp E“ ermöglicht, vornehmen. Rolf Buch warnt aber gleichzeitig vor überzogenen Erwartungen. „Die Baukosten sind immer noch zu hoch“, sagt er.
Auch wenn Vonovia das jüngste Angebot des kriselnden Immobilien-Unternehmens Adler Group, im Ruhrgebiet und Düsseldorf knapp 7000 Wohnungen zu übernehmen, ausgeschlagen hat, plant der Bochumer Konzern wieder Zukäufe. „Wir haben die Kompetenz, Häuser aus den 50er und 60er Jahren in die neue Zeit zu versetzen“, sagt Buch. Im Gegensatz zum Durchschnitt in Deutschland sei Vonovia da schon weiter. „Wir haben den Anteil energetisch schlechter Gebäude der Effizienzklassen G und H in unserem Bestand auf marginale 2,9 Prozent reduziert und setzen zunehmend auf erneuerbare Energien“, so der Vonovia-Chef.
Buch: „Vonovia wird der größte Solarpark Deutschlands“
Sein Unternehmen will langfristig weitere 14.000 Wärmepumpen installieren und diese mit Sonnenstrom von den eigenen Dächern antreiben. Diese Kombination sei in der Effizienz „unschlagbar“. Erneut kritisierte Buch einzelne Energieversorger, die nicht in der Lage seien, eingebaute Photovoltaikanlagen an das Stromnetz anzuschließen. „Die Zusammenarbeit mit vielen Stadtwerken gestaltet sich als kompliziert“, sagte der Konzernchef. Vom Ausbau der Photovoltaik lasse er sich aber nicht abhalten. Buch: „Vonovia wird der größte Solarpark Deutschlands.“
Der Mieterbund NRW kritisiert angesichts des für das laufende Jahr erwartete operative Gewinn (Ebitda) in Höhe von mehr als 2,6 Milliarden Euro die Mietenpolitik von Vonovia. „Die Mietsteigerungen verbleiben laut dem heute veröffentlichten Quartalbericht mit 3,8 Prozent auf dem Rekordwert des letzten Jahres. Da weniger Neubauwohnungen vermietet wurden, tragen die Mieterinnen und Mieter in den Bestandswohnungen einen höheren Anteil zur Mietsteigerung bei als in den vergangenen Jahren“, sagte Verbandschef Hans-Jochem Witzke.
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