Berlin. Post, Bahn, Pflege: In Dienstleistungsberufen werden Angestellte attackiert. Das darf sich die Gesellschaft nicht gefallen lassen.

Im Schnitt werden drei Feuerwehrmänner und -frauen, 8 Rettungsdienstmitarbeiter und unfassbare 290 Polizistinnen und Polizisten gewalttätig angegriffen – pro Tag. Gegen Gesundheits- und Pflegepersonal kommt es laut des Berufsverbandes für Pflegeberufe zu rund 5300 Übergriffen pro Jahr. Die Deutsche Bahn bietet ihren Kontrolleuren im Nahverkehr mittlerweile gar das Tragen von Bodycams an. Und Post-Zusteller werden laut DHL rassistisch beschimpft, weil ihr Deutsch nicht akzentfrei ist.

Tobias Kisling / Funke Mediengruppe
Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

All diese Übergriffe sind keine bloße Zahlen, keine Statistik, die man mit Zuwachs- und Abschwächungsraten versehen sollte, um über sie zu fachsimpeln. Es sind Angriffe gegen Menschen. Und jeder dieser Angriffe kann Spuren hinterlassen, physisch oder psychisch. Es sind alarmierende Zustände. Und sie gehen uns alle als Gesellschaft etwas an.

Post, Bahn und Co.: Diejenigen, die bepöbelt werden, können meistens nichts für die Defizite

Ob Dienstleistungsbranche, Einsatzkräfte oder Mobilitätsanbieter: Sie alle sorgen dafür, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Man mag sich darüber ärgern, wenn das Postauto im Weg parkt oder die Bahn mal wieder nicht kommt. Kein Ärger rechtfertigt aber Aggressionen gegen das Personal – weder körperlich noch verbal. Hinzu kommt: Diejenigen, die tagtäglich bepöbelt oder bedroht werden, sind in der Regel diejenigen, die nichts für die systemischen Defizite ihrer Unternehmen oder Einrichtungen können.

Auch interessant

Wir profitieren von einer Dienstleistungsgesellschaft, die immer stärker auf den Verbraucher zugeschnitten ist. Wenn allerdings der Paketbote, der die Ware die Treppe rauf und die Retoure wieder hinabschleppt, an der Wohnungstür wegen seiner Hautfarbe diffamiert wird, dann muss man sich in Zeiten des Arbeitskräftemangels nicht wundern, wenn den Job immer weniger machen wollen.