Berlin. Es muss nicht immer Gold sein als Geldanlage. Ein Rohstoffexperte verrät, wie sich Silber, Platin und Palladium entwickeln können.

Muss es immer Gold sein? Auch die Edelmetalle Silber, Platin und Palladium kann man als Barren oder Münzen kaufen – oder sich als ETF ins Depot legen. Ein Rohstoffanalyst verrät, welche Entwicklungen die Edelmetalle nehmen könnten – und was sie als Geldanlage von Gold unterscheidet. Die Bedürfnisse der Industrie und die Wirtschaftslage spielen hierbei eine Rolle. Welche Faktoren wichtig werden könnten, verrät Carsten Fritsch von der Commerzbank unserer Redaktion. 

Der Goldpreis erklimmt immer neue Rekorde. Wo sehen Sie den Kurs in den nächsten Monaten?

Carsten Fritsch: Wir prognostizieren zum Jahresende und für das nächste Jahr einen Goldpreis von 2600 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

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Kennt der Goldpreis nur eine Richtung – nach oben? Oder könnte es zu einer Kurskorrektur kommen?

Fritsch: Der Anstieg des Goldpreises seit Jahresbeginn um fast 30 Prozent ist außergewöhnlich. Einen vergleichbaren Anstieg gab es zuletzt vor 14 Jahren. Gold hat damit auch nahezu jede andere Anlageform übertroffen. So etwas kann es nicht jedes Jahr geben. Wir erwarten eine gewisse Beruhigung, zumal die Spekulationen auf Zinssenkungen am Markt schon weit gelaufen sind. Es gibt auch beim Goldpreis immer wieder Schwächephasen beziehungsweise wenn die Zinsen erhöht werden. Der Goldpreiskurs ist daher keine Einbahnstraße. Er wird nicht Jahr für Jahr so deutlich nach oben gehen.

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Inwieweit unterscheiden sich Investments in Silber, Palladium oder Platin von jenen in Gold?

Fritsch: Gold ist vornehmlich ein Anlagemetall und hat Währungscharakter. So halten Zentralbanken Gold als Währungsreserven – und stocken ihre Goldbestände weiter auf. Silber, Palladium und Platin werden vor allem industriell verwendet. So kommt die Nachfrage nach Silber zu fast 60 Prozent aus der Industrie, bei Platin zu 70 Prozent und bei Palladium zu fast 100 Prozent. Der Anlagecharakter ist hier weniger wichtig als bei Gold.

Führt dies zu deutlich größeren Kursschwankungen?

Fritsch: Die Preise reagieren deutlich sensibler auf Konjunktursorgen. Eine stotternde Wirtschaft bedeutet auch immer Gegenwind für diese drei Edelmetalle. Aus diesem Grund entwickelten sich Silber, Platin und Palladium zuletzt deutlich schlechter als der Goldpreis und sind im Vergleich zu Gold eher preiswert. Und dies, obwohl die Verwendung dieser Edelmetalle durchaus Konjunktur haben sollte.

Carsten Fritsch Rohstoffanalyst der Commerzbank
Carsten Fritsch ist Rohstoffanalyst der Commerzbank. © Nikita kulikov | Nikita kulikov

Wofür werden Silber, Platin und Palladium gebraucht?

Fritsch: Silber kommt wegen der hohen Leitfähigkeit in Solarzellen und in der E-Mobilität stark zum Einsatz – und ist damit in der Dekarbonisierung der Wirtschaft sehr wichtig. Dieser Bereich der Silbernachfrage gilt als stark wachsend. Platin und Palladium werden in den Katalysatoren von Verbrennungsmotoren eingesetzt. Angesichts des schwächelnden Absatzes von E-Autos dürfte der Bedarf von Platin und Palladium aus der Automobilindustrie nicht so schnell zurückgehen wie zunächst vermutet. Auch um die verschärften Abgasbestimmungen vieler Länder zu erfüllen, die einen höheren Einsatz beider Edelmetalle in den Katalysatoren erfordern.

Silber wird wegen seiner hohen Leitfähigkeit oft in Solarzellen verbaut.
Silber wird wegen seiner hohen Leitfähigkeit oft in Solarzellen verbaut. © dpa | Thomas Warnack

Welche Einsatzorte für Platin und Palladium gibt es außerdem?

Fritsch: Platin kommt außerdem in Brennstoffzellen und bei der Produktion von grünem Wasserstoff zum Einsatz. Das ist noch ein Nischenbereich, wird aber in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Palladium war lange Zeit teurer als Platin. Daher wird Palladium durch Platin in der Automobilproduktion ersetzt. Dies ist ein Grund, warum der Palladiumpreis stärker gesunken ist. Die Autoindustrie stellt 80 Prozent der Nachfrage von Palladium, bei Platin sind es nur 40 Prozent. Sollte der Verbrennungsmotor irgendwann wegfallen, wird Platin deshalb nicht ganz so stark von der wegbrechenden Nachfrage betroffen sein wie Palladium.

Platin und Palladium kommen in Katalysatoren von Verbrennungs- und Hybridautos vor.
Platin und Palladium kommen in Katalysatoren von Verbrennungs- und Hybridautos vor. © dpa | Marijan Murat

Welche Kursperspektiven sehen Sie für Silber, Palladium und Platin?

Fritsch: Es gibt einen Nachholbedarf gegenüber Gold. Außerdem erwarten wir, dass sich die Konjunktur, begünstigt durch die Zinssenkungen der Zentralbanken, wieder belebt. Hinzu kommt, dass es bei Silber, Platin und Palladium momentan eine Unterversorgung am Markt gibt, die Nachfrage das Angebot also übertrifft. Für Silber erwarten wir zum Jahresende 31 US-Dollar je Feinunze, Ende 2025 dann 33 Dollar. Palladium sehen wir bei 1050 Dollar Ende 2024 und bei 1150 Dollar Ende 2025. Für Platin prognostizieren wir Ende dieses Jahres einen Preis von 1000 Dollar und Ende nächsten Jahres von 1150 Dollar.

Ist es problematisch, Palladium und Platin zu fördern?

Fritsch: Die Produktion von Platin und Palladium konzentriert sich auf wenige Länder. Bei Platin hält Südafrika einen Anteil von rund 70 Prozent bei der Minenproduktion. Bei Palladium hält Russland rund 40 Prozent und Südafrika etwas weniger als 40 Prozent. Diese Konzentration birgt auch Risiken. Südafrika hat mit Problemen bei der Stromversorgung zu kämpfen, die die dortige Minenproduktion beeinträchtigen. Sollte Russland wegen der Sanktionen kein Palladium mehr liefern, hätte der Markt ein Riesenproblem. Aktuell sind die Palladiumlieferungen von den Sanktionen ausgenommen. Als Russlands Präsident Wladimir Putin kürzlich ankündigte, dass man als Reaktion auf die Sanktionen erwäge, Exportbeschränkungen für einige Metalle zu erheben, löste dies sofort eine Preisreaktionen aus. Auch bei Palladium, obwohl dieses Metall gar nicht explizit genannt wurde.