Berlin. Der Döner soll als traditionelle türkische Spezialität geschützt werden – doch es gibt Kritik. Selbst Döner-Händler sind auf der Zinne.
Die Varianten sind vielfältig. Es gibt ihn mal mit Chicken, Lamm, Rind, Kalb, Halloumi, Tofu, Seitan, Gemüse – oder im Mix: den Döner. Das Fleisch wird am Spieß gegrillt, abgeschnitten und im Teigfladen mit allerlei Gemüse und Saucen serviert. Ein Snack zum oft noch günstigen Preis. Die Mahlzeit mit türkischen Wurzeln ist für viele Menschen in Europa nicht mehr wegzudenken. In Deutschland gilt der Döner als das beliebtestes Street Food, selbst in der Gourmetnation Frankreich rangiert er auf Platz drei.
Doch mit der Vielfalt an Zutaten könnte künftig Schluss sein. Der Internationale Dönerverband (Udofed) hat bei der Europäischen Union beantragt, dass der „Döner“ auf die EU-Liste der „garantiert traditionellen Spezialitäten“ aufgenommen werden soll – wie Mozzarella, Pizza Napoletana oder Heumilch. Dabei geht es nicht vornehmlich um den Namensschutz oder die regionale Herkunft, sondern um die traditionellen Zutaten, die ein Döner haben sollte. Die Prüfung des Antrags durch die zuständige EU-Kommission geht derzeit laut der Nachrichtenagentur dpa in die „heiße Phase“.
Hintergrund: Strenger EU-Antrag – Wird der Döner Kebab bald verboten?
Sollte sich der Verband durchsetzen, hätte dies für viele Döner-Anbieter europaweit erhebliche Konsequenzen. Alle Dönerspieße müssten nach einheitlichen Regeln mit genau festgelegten Inhalten hergestellt werden. So müsste laut Antrag ein Döner aus Fleisch „von mindestens 16 Monate alten Rindern“ und von „mindestens 6 Monate alten Schafen“ hergestellt werden. Erlaubt wäre auch Hähnchenfleisch „aus Brust und Schenkeln“.
Döner-Streit: Diese Details wünscht sich der Verband aus der Türkei
Zudem gibt es genaue Vorschriften für die Marinade – „Gewürze, Thymian und Salz“ – , die Dicke der Fleischscheiben – „drei bis fünf Millimeter bei rotem Fleisch und ein bis zwei Zentimeter bei Hähnchen“ – und wie lange das Fleisch mariniert sein muss. In Deutschland wird unterdessen oft auch Kalb- und Jungrindfleisch sowie Pute verwendet, was dann illegal wäre. Vegetarische Döner wären erst recht verboten.
Die Gastronomie ist wegen einer möglichen Überregulierung auf der Zinne – sogar aus den eigenen Reihen der Döner-Anbieter. Sowohl der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID) als auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) haben bereits Einspruch bei der EU-Kommission eingelegt. „Die Vielfalt des Döners muss erhalten bleiben“, fordert Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin der Dehoga.
„Wenn dem Antrag vom 24. April 2024 stattgegeben würde, hätte das gravierende Konsequenzen für gastronomische Betriebe wie Verbraucher“, meint sie. Dabei gehe es explizit nicht um die Frage von Qualitätsstandards, sondern darum, was in Deutschland unter einem Döner zu verstehen ist, sagt Hartges. Döner-Gerichte müssten umbenannt und neu bezeichnet werden. Dies wäre mit Unklarheiten, Intransparenz und Rechtsunsicherheiten verbunden.
Döner: Politiker stellen sich überraschend gegen den Antrag
Der Döner in Deutschland enthalte andere Zutaten und folgt anderen Herstellungsweisen als jenen, die in dem Antrag genannt werden. „Was hierzulande unter einem Döner oder Döner Kebab zu verstehen ist, beschreiben klar und detailliert die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission“, unterstreicht die Dehoga-Chefin. „Diese Anforderungen sind in Deutschland gelernt, akzeptiert und beliebt.“
Prominente Unterstützung gegen den Antrag kommt auch aus der Politik. „Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara“, kritisiert der grüne Bundesernährungsminister Cem Özdemir im sozialen Netzwerk X.
Auch der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) outet sich als Döner-Fan: „Döner macht schöner! Und deswegen soll er auch weiterhin so heißen!“, kommentierte der CSU-Politiker. Der Döner zähle zu den Top 3 seiner Lieblingsessen, nach Rostbratwürsten und Hendl. Söder fordert in einem Posting sogar eine Dönerpreisbremse. „Die sollte auch ins Regierungsprogramm von CDU und CSU“, forderte er.
Döner ist in Europa längst ein bedeutender Wirtschaftsfaktor
Der Döner ist in Europa längst ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Täglich werden rund 400 Tonnen Döner produziert. Rund 3,5 Milliarden Euro werden damit umgesetzt, davon 2,4 Milliarden Euro in Deutschland. Die Branche beschäftigt rund 60.000 Mitarbeiter. Der Ursprung des Döners geht auf das Jahr 1546 zurück, wo das Fleisch in senkrechter Form gegart wurde.
Im 19. Jahrhundert wurde Döner im Osmanischen Reich in Gasthäusern verkauft. In Deutschland wurde der Döner erstmals 1972 in Berlin von dem türkischen Arbeiter Kadir Nurman hergestellt, so der Dönerhersteller-Verein. Seitdem trat er europaweit seinen Siegeszug an. Noch ist das Aus nicht besiegelt. Die EU-Kommission prüft die Einsprüche. Sind diese zulässig, würde sie Konsultationen zur Streitbeilegung anordnen.
Wird keine Lösung gefunden, müsste sich ein Ausschuss aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten mit dem Fall beschäftigen. Dieser könnte der Kommission dann per Mehrheitsbeschluss vorgeben, ob sie dem Antrag stattgeben soll oder nicht.
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