Dortmund. Durchsuchung bei freigestelltem Stadtenergie-Manager. Staatsanwaltschaft äußert sich erstmals zu Motiven des Abrechnungsbetrugs.
Im Abrechnungsskandal bei den Dortmunder Stadtwerken DEW21 hat es eine erste Durchsuchung bei einem Manager der betroffenen Stadtwerke-Tochter Stadtenergie gegeben. Am vergangenen Dienstag, 16. Juli, wurden die Wohnung und das Auto eines Managers des Ökoenergieanbieters Stadtenergie durchsucht, erklärte die Staatsanwaltschaft. Der Mann soll Abrechnungen manipuliert und Kunden zu hohe Kosten in Rechnung gestellt haben. Die Staatsanwaltschaft geht bisher von einem Schaden in Höhe von 35 Millionen Euro aus, dabei geht es nur um Gaskunden. DEW21 hat nach eigenen Angaben Rückstellungen für einen Schaden in Höhe von 74 Millionen Euro gebildet. Diese Summe entspreche dem Verlust, den Stadtenergie im Jahre 2023 eingefahren habe.
Der leitende Angestellte soll Gasabrechnungen für die Jahre 2022 und 2023 manipuliert haben. Dafür soll er die massiven Preisentwicklungen in Folge des Ukrainekriegs sowie die diversen politischen Maßnahmen genutzt haben. So soll er etwa Entlastungen wie die Mehrwertsteuersenkung auf Gas nicht oder erst Monate später bei den Abrechnungen der Kunden berücksichtigt haben. Auch als später die Marktpreise sanken, soll er diese Entlastung nicht an die Kunden weitergegeben haben. Zehntausende Kunden der Stadtenergie GmbH haben dadurch zu viel bezahlt.
Stadtenergie-Manager wollte sich nicht selbst bereichern
Durch die Manipulation soll sich der Manager nicht persönlich bereichert haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen „Betrugs in Drittbereicherungsabsicht“. Der Mann habe die „Umsatz- und Ertragslage des Unternehmens positiver darstellen wollen, um seiner Karriere Vorschub zu leisten“, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Nach derzeitigem Ermittlungsstand habe er selbstständig gehandelt und sei nicht von jemandem dazu angehalten worden.
Der Betrug soll nach bisherigen Ermittlungsergebnissen im Oktober 2022 angefangen haben und im Frühjahr 2024 aufgeflogen sein. Die Unregelmäßigkeiten fielen im Rahmen des Jahresabschlusses der Stadtenergie auf. Das Unternehmen beauftragte daraufhin Datenanalysten und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einem Gutachten. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gehen auf eine Anzeige der Wirtschaftsprüfer zurück.
Bei Durchsuchung Datenträger sichergestellt
Bei der Durchsuchung wurden laut Staatsanwaltschaft Datenträger sichergestellt. Der Manager wurde freigestellt. Über seine Identität ist bislang nichts bekannt. Stadtenergie hat gerade einmal zehn Mitarbeitende, zwei davon bekleideten zuletzt Posten als Geschäftsführer.
Über das Ausmaß des Abrechnungsbetrugs bei Stadtenergie herrscht weiterhin Rätselraten. Die „Ruhrnachrichten“ hatten zuletzt berichtet, dass die Zahl der geprellten Kunden auf bundesweit 40.000 gestiegen sei. Die Konzernmutter DEW21 wollte sich dazu auf Anfrage unserer Redaktion nicht äußern. Auch die Gesamtzahl der Haushalte, die Strom und Gas von Stadtenergie beziehen, will der Konzern nicht preisgeben.
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