Dortmund. Nach Entlassung der Dortmunder Stadtwerke-Chefin Heim fragen Grüne nach weiteren Verantwortlichen. Erhalten Geschädigte Geld zurück?
Die Skandale um teure Gaseinkäufe bei den Dortmunder Stadtwerken DSW 21 und den Abrechnungsbetrug bei der Tochterfirma Stadtenergie ziehen immer weitere Kreise. Der entstandene Schaden könnte sich auf insgesamt 200 Millionen Euro belaufen, heißt es aus Dortmund. Der Grünen-Ratsfraktion reicht die fristlose Entlassung der Stadtwerke-Chefin Heike Heim nicht aus. Im Gespräch mit unserer Redaktion fordern die beiden Fraktionssprecher Katrin Lögering und Christoph Neumann Aufklärung über weitere Mitwisser der Skandale und warnen davor, den Schaden aus Steuermitteln zu bezahlen.
Die DSW-21-Chefin Heike Heim hat der Aufsichtsrat fristlos entlassen. Reicht Ihnen als Grünen-Ratsfraktion in Dortmund dieser Schritt.
Katrin Lögering: Wir können nachvollziehen, dass der Schritt der Kündigung gewählt wurde und jetzt noch ein Aufhebungsvertrag verhandelt wird. Dennoch ist es aus unserer Sicht fragwürdig, dass nur die DSW- Chefin verantwortlich gemacht wird. Zu einer lückenlosen Aufklärung gehört für uns als Grüne daher auch, dass herausgearbeitet wird, wer wann was gewusst hat und wer noch in die beiden Skandale involviert ist.
Der Mitarbeiter, der die Abrechnungssoftware bei „Stadtenergie“ manipuliert haben soll, musste gehen. Dadurch wurden bis zu 30.000 Kundinnen und Kunden bundesweit geprellt. Ist es aus Ihrer Sicht glaubhaft, dass davon niemand etwas gewusst haben will?
Christoph Neumann: Frau Heim hat erklärt, dass sie von dem Betrug nichts gewusst habe. Auf der anderen Seite wollte sich der Mitarbeiter durch die Manipulation nach aktuellem öffentlichen Stand offenbar nicht selbst bereichern, sondern hat nach eigenen Angaben zum Wohle des Unternehmens gehandelt. Da fragen wir uns natürlich, was ihn zu diesem Schritt bewegt hat. Denn Verluste wurden bereits bei der Gründung des Unternehmens im Jahr 2020 einkalkuliert.
Durch den Betrug ist ein Schaden von 74 Millionen Euro entstanden. Wer soll dafür nun aufkommen?
Lögering: Unsere Position ist völlig klar: Für die Verluste, die bei der „Stadtenergie“ entstanden sind, muss jemand aufkommen. Es kann nicht sein, dass am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler den Schaden zahlen dafür. Es ist doch nicht vermittelbar, dass die Bürgerinnen und Bürger erst betrogen wurden und dann auch noch den Schaden bezahlen sollen. Diese Position eint uns mit dem Unternehmen, die ebenfalls an einer lückenlosen Aufarbeitung und Entschädigung der betroffenen Kundinnen und Kunden interessiert sind.
Zumal ja durch überteuerte Gaseinkäufe durch DEW 21 zusätzlich ein Verlust von 60 bis 100 Millionen entstanden ist. Das ist der zweite Skandal.
Neumann: Wir haben auf der einen Seite die hohe Schadenssumme. Dazu kommt aber noch der Imageschaden, wenn viele Kundinnen und Kunden das Vertrauen in die Dortmunder Stadtwerke verloren haben und kündigen. Dieses Vertrauen müssen wir zurückgewinnen. Auch um die Geschwindigkeit der Energiewende machen wir uns Sorgen: Das Geld, das jetzt verloren geht, wird kurz- und mittelfristig bei den Investitionen in die Energiewende fehlen.
Sind Sie zuversichtlich, dass beide Skandale restlos aufgeklärt werden?
Lögering: Ich habe großes Vertrauen in unseren Rechtsstaat und damit in die Staatsanwaltschaft, die eingeschaltet ist. Im politischen Raum werden alle Fraktionen, damit schließe ich auch unsere Fraktion als GRÜNE ein, darauf achten, dass alle Geschädigten ihr Geld bis auf den letzten Cent erstattet bekommen und dieser Fall aufgeklärt wird.
Dortmunder Stadtwerke kauften Gas zu Höchstpreisen
- Im Dortmunder Stadtparlament gibt es keine klaren Mehrheiten. Die Grünen sind gemeinsam mit der CDU eine sogenannte Projekt-Partnerschaft eingegangen, die sich im Rat von Fall zu Fall die Unterstützung anderer Fraktionen einholt.
- Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) verhandelt gerade in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender von DSW 21 den Auflösungsvertrag für die fristlos enlassene Vorstandsvorsitzende Heike Heim.
- Westphal sagte den „Ruhr-Nachrichten“, er habe erst durch das jüngst veröffentlichte Gutachten des Wirtschaftsprüfers PwC davon erfahren, dass die Stadtwerke im Spätsommer 2022 auf dem Höhepunkt der Preise große Mengen Gas gleich für drei Jahre eingekauft haben.
- Der Schaden durch diese Beschaffungsverträge beträgt für DSW 21 laut PwC bis zum 100 Millionen Euro, weil die hohen Preise bei den Kunden nicht mehr durchzusetzen seien.