Dortmund. Aufsichtsrat spricht fristlose Kündigung aus. Was Heike Heim vorgeworfen wird und warum die Grünen nun in Sorge um die Stadtwerke sind.
Heike Heim ist nicht mehr Chefin der Dortmunder Stadtwerke DSW 21. Der Aufsichtsrat hat in einer Sondersitzung beschlossen, der 53-Jährigen mit sofortiger Wirkung fristlos zu kündigen. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch, 10. Juli, mit. Die Grünen im Rat der Stadt Dortmund setzen sich nun dafür ein, dass „jeglicher Schaden“, der den Kunden der DSW-Tochter „Stadtenergie“ entstanden ist, erstattet wird.
Heike Heim stand erst seit rund einem Jahr an der Spitze des Stadtkonzerns DSW 21. Zuvor hatte sie das Tochterunternehmen DEW geleitet. Unregelmäßigkeiten aus dieser Zeit fallen ihr nun auf die Füße. Im April war ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC bekannt geworden. Darin ist von gravierenden Regelverstößen beim Einkauf von Energie die Rede. Unter der Verantwortung von Geschäftsführerin Heim hatte die DEW kurz vor dem Abflauen der Energiekrise im Spätsommer 2022 zu hohen Preisen und für einen ungewöhnlich langen Zeitraum von drei Jahren Energie eingekauft. Den Dortmunder Stadtwerken könnte dadurch ein Schaden von bis zu 100 Millionen Euro entstanden sein, fanden die Prüfer von PwC heraus.
DSW 21 prüft Schadensansprüche gegen Heike Heim
Aus informierten Kreisen verlautet, dass DSW 21 nun juristisch prüfen lasse, ob dafür Schadensersatzansprüche gegen Heim geltend gemacht werden können. In dem Fall müsste dem Vernehmen nach die Manager-Versicherung der entlassenen Vorstandsvorsitzenden einspringen.
Die möglichen Schadensersatzansprüche waren dann nach Angaben aus gut informierten Kreisen auch der Grund, warum es der Aufsichtsrat nicht bei einer Freistellung von Heike Heims belassen wollte. Zuletzt hatte sich die 53-Jährige mit DSW 21-Chefaufseher und Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) darauf verständigt, dass sie sich vorerst krankmelde. In diesem Zustand hätte sie theoretisch jederzeit wieder an ihren Schreibtisch zurückkehren können. Am Mittwoch machte der Aufsichtsrat nun klare Kante und sprach die fristlose Kündigung aus. Hinter den Kulissen verhandelt Heim weiterhin mit OB Westphal über einen Aufhebungsvertrag.
Grüne fordern: Regress- und Haftungsfragen klären
In diesem Zusammenhang fordert die Grünen-Ratsfraktion, „dass mit einem Aufhebungsvertrag mit Heike Heim kein Haftungsausschluss verbunden sein darf, aber auch kein Vorgriff auf die rechtliche Bewertung vorgenommen wird. Regress- und Haftungsfragen müssen im weiteren Verlauf von den geeigneten Stellen geklärt werden“, erklären die Fraktionssprecher Katrin Lögering und Christoph Neumann. Die Grünen verlangen überdies Aufklärung darüber, „wer zusätzlich in welcher Weise involviert war und welche Folgen sich daraus ergeben“.
Heim muss sich allerdings nicht nur wegen ihrer Energie-Einkaufspolitik verantworten. Es geht auch um die Rolle, die sie bei einem Abrechnungsskandal der insolventen grünen DEW-Tochter „Stadtenergie“ gespielt hat. Zehntausende Kunden hatten in Folge dessen zu viel für ihren Ökostrom und ihr Gas bezahlt. Geprellt wurden sie nach Unternehmensangaben um insgesamt 36 Millionen Euro. Der Schaden für die Dortmunder Stadtwerke beläuft sich demnach auf 74 Millionen Euro.
CDU: Vertrauensverlust bei Kunden und Bürgern in Dortmund
Nach Ansicht der Grünen-Ratsfraktion müssen alle betroffenen Kundinnen und Kunden der „Stadtenergie“ entschädigt werden. „Gleichzeitig wollen wir Grüne ein klares Zeichen an die Mitarbeiter*innen bei DSW21 und DEW21 senden, die sich in dieser Situation Sorgen um ihre Unternehmen machen: Wir setzen uns weiterhin für eine starke und zukunftsfähige DEW21 und DSW21 ein.“, schreiben Lögering und Neumann.
Die Dortmunder CDU-Ratsfraktion ruft zur „kompletten Aufarbeitung der Vorgänge bei DEW und Stadtenergie“ auf. Es gehe jetzt darum, „dass die DEW Vertrauen bei ihren Kundinnen und Kunden und der Dortmunder Bürgerschaft“ zurückgewinne, erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Uwe Waßmann.
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