Berlin. Weil mehr Leute zu Hause arbeiten, stehen Büros leer. In den USA werden sie in Wohnungen umbaut. Erfasst der Trend bald Deutschland?

Gut 20 Prozent der Bürogebäude in den USA stehen laut „Moody‘s Analytics“ leer. Viele werden in Wohnungen umgewandelt. Eines der bekanntesten Beispiele ist das frühere Hauptquartier des Pharmakonzerns Pfizer in New York. Her sollen rund 1500 neue Mietwohnungen entstehen.

Arbeitsräume, gerade Großraumbüros, in einladende Wohnräume umzuwandeln, ist nicht einfach, vor allem nicht günstig. Oft müssen Gebäude praktisch entkernt werden.

Übrig bleiben dann Fassade, Treppenhäuser und Aufzüge. Wohnungen brauchen jeweils Fenster, ausnahmslos Zugang zu natürlichem Licht, dazu natürlich Küchen, Badezimmer, individuelle Heizung. Prinzipiell werden Bürogebäude nach anderen Kriterien entworfen als Wohnungen.

Homeoffice verändert Städte: ein zweites Leben für Büros

Das Recycling hat allerdings viele Vorteile. Es verlängert die Lebensdauer von Gebäuden – häufig genug in städtischen Bestlagen –, es ist nachhaltig und könnte zu einer Wiederbelebung der Innenstädte führen. Allerdings hat es man oft mit Luxusprojekten zu tun; die gute Lage führt zu entsprechenden Preisen. Es ist wohl kaum die Lösung für die Nachfrage nach günstigen Wohnungen.

Bei Gewerbeimmobilien ist CBRE nach eigenen Angaben das weltweit größte Unternehmen für Services und Investments. Nach einer CBRE-Studie wurden in den USA allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2024 fast sieben Millionen Quadratmeter Bürofläche umgebaut, überwiegend in Wohnungen. Das Prinzip kann man auch auf andere Gebäude übertragen: frühere Kirchen, Hotels, Schulen, ja selbst Sportstadien. Schwappt der Trend auf Deutschland über?

Strukturwandel auf dem Büromarkt

Die Antwort lautet: „Jein“. Laut Statista liegt der Leerstand in Deutschland bei 4,8 Prozent. Das Überangebot ist weitaus geringen als in Amerika. Außerdem sind die behördlichen Auflagen hierzulande strenger. Allerdings gibt es eine gemeinsame Erklärung für leere Büros: die Corona-Pandemie und in der Konsequenz mehr Homeoffice.

  • Der Bedarf an Büroarbeitsplätzen ging zurück;
  • Immer mehr Menschen zogen von der Stadt aufs Land.

Laut einer Studie des Ifo-Instituts vom März senkt Homeoffice in Deutschland den Bedarf an Büroflächen, genauer gesagt: in den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf. Die regelmäßige Arbeit im Homeoffice sei für etwa 25 Prozent der Beschäftigten und 69 Prozent der Unternehmen zur „neuen Normalität“ geworden.

Das führe wiederum gerade in Großunternehmen und Branchen mit starker Homeoffice-Nutzung zu einem Rückgang der Nachfrage nach Büros. „Wahrscheinlich werden zwölf Prozent weniger Flächen bis 2030 gesucht.“ Die neue Arbeitswelt stoße einen Strukturwandel auf dem Büromarkt an.

Zurück ins Büro?

Was noch zu beweisen wäre. Denn: Umfragen zeigen, dass das Pendel zurückschlägt. Zunehmend verlangen Unternehmen von ihren Mitarbeitern, dass sie ins Büro zurückkehren. Das aktuelle Beispiel ist SAP. Konzernchef Christian Klein plant, Homeoffice stark zu reduzieren. Die Begründungen ähneln sich: bessere Kommunikation und Zusammenarbeit, stärkeres Zugehörigkeitsgefühl.

Paradox ist, dass viele Unternehmen im Zuge der Pandemie ihren Flächenbedarf reduziert haben. Nach Berichten aus den USA wurden 80 Prozent der Büros seit Beginn der Pandemie verkleinert – und Kosten gespart. Fordern sie die Rückkehr von Mitarbeitern, für die sie keinen Platz haben? Sollen sie enger als früher zusammen sitzen? Oder sind die Unternehmen bereit, mehr Fläche anzumieten? Dann stünden weniger Büros leer, und die Umwandlung in Wohnungen wäre nur ein Intermezzo gewesen.

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