Dortmund. Dortmunder Stadtwerke DSW21 melden Rekordumsatz und hohen Gewinn. Doch das Defizit im Nahverkehr wächst. Auch wegen des erfolgreichen D-Tickets.

Den Dortmunder Stadtwerken werden die eigenen Erfolge unheimlich - zumindest, was den Nahverkehr angeht. So vermelden sie für 2023 einen Zuwachs von rund 45.000 Abonnentinnen und Abonnenten durch das bundesweit einheitliche Deutschlandticket, „eine wirkliche Erfolgsgeschichte“, wie Verkehrsvorstand Ulrich Jaeger betont. Doch weil es mit 49 Euro im Monat deutlich günstiger ist als frühere Abos, hat die Verkehrsgesellschaft trotz des Fahrgastrekords weniger Geld eingenommen. Unterm Strich steht mit 81,3 Millionen Euro Nettoverlust ein neuer Negativrekord.

Obwohl Bund und Land dafür gut 24 Millionen Euro als Ausgleich gezahlt haben, sagt Heike Heim, die Konzernchefin von DSW21: „Das Deutschlandticket erhöht unser strukturelles Verkehrsdefizit.“ Mit Sorge blickt sie bereits auf das kommende Jahr, denn bisher sei die Gegenfinanzierung des vom Bund gewünschten günstigen Nahverkehrstickets nach 2024 nicht gesichert. „Angesichts solcher Zahlen müssen wir grundlegend über den Mittelzufluss für den ÖPNV nachdenken. Wir wollen ja nicht nur den Status Quo erhalten, sondern das Angebot spürbar ausbauen“, betont Verkehrsvorstand Jaeger.

120.000 Dortmunder fahren bereits mit dem Deutschlandticket

Denn inzwischen (Stand Ende März) haben bereits 120.000 DSW21-Kundinnen und Kunden ein Deutschlandticket und nutzen regelmäßig den ÖPNV, hinzu kommen 5000 andere Abos und die Gelegenheitsfahrgäste. Das ist für die erhoffte Verkehrswende weg vom Auto ein echter Schub und politisch hochwillkommen. Doch um mehr Menschen befördern und idealerweise kürzere Takte fahren zu können, braucht es viele neue Busse und mehr Personal, was das Defizit absehbar weiter steigen lässt. Entsprechend stärker belastet der Nahverkehr den Haushalt der Stadt, wodurch Geld an anderer Stelle fehlt.

DSW21-Chefin Heike Heim ist mit ihrem ersten Jahr als Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke bilanziell zufrieden. Das wachsende Verkehrsdefizit bereitet ihr aber große Sorgen.
DSW21-Chefin Heike Heim ist mit ihrem ersten Jahr als Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke bilanziell zufrieden. Das wachsende Verkehrsdefizit bereitet ihr aber große Sorgen. © imago images/Cord | IMAGO stock

In diesem Dilemma sehen sich so ziemlich alle 30 Verkehrsbetriebe in NRW. Die nun in die Schlichtung gehende Tarifrunde für die Beschäftigten wird weitere Mehrkosten mit sich bringen. Dortmund hat noch Glück, dass seine Stadtwerke die ÖPNV-Verluste mit ihren anderen Geschäften vollständig auffangen können. Mehr als das: 2023 erzielte DSW21 insgesamt 91 Millionen Euro Gewinn. Insbesondere der eigene Energiehandel der Tochter DEW21 sowie die Beteiligungen an der Wohnungsgesellschaft Dogewo, an Gelsenwasser und am Essener Dax-Konzern RWE waren erneut einträglich. Durch die Verlustübernahmen, Netzabgaben und andere Posten konnte DSW21 den Haushalt der Stadt Dortmund um rund 123 Millionen Euro entlasten.

Dortmunder Flughafen nähert sich der schwarzen Null

Sogar der chronisch defizitäre Dortmunder Flughafen befreit sich allmählich aus der Verlustzone: Mit einem neuen Rekord von fast drei Millionen Passagieren halbierte er sein Defizit 2023 auf 3,6 Millionen Euro, schrieb vor Zinsen und Steuern operativ sogar schwarze Zahlen. Konzernchefin Heim erwartet für 2025 auch netto die erste schwarze Null des Dortmunder Flughafens.

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Bleibt als großes Sorgenkind der Nahverkehr. Die Stadtwerke wollen in den kommenden Jahren dreistellige Millionensummen in den Ausbau insbesondere der E-Busflotte, neue Stadtbahnwagen und mehr Personal investieren. „Völlig kontraproduktiv ist es natürlich, wenn bestehende Förderungen sogar noch zurückgefahren werden – wie etwa bei der drastischen Kürzung der Fördermittel für E-Busse“, warnt Verkehrsvorstand Jaeger, „das gefährdet ganz real das Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor.“

Steag-Verkauf bringt Dortmund rund 250 Millionen Euro netto

Was in den kommenden Jahren helfen wird, ist der gewinnträchtige Verkauf des Essener Energiekonzerns Steag zum Ende des vergangenen Jahres. Nach wie vor ist nicht klar, wie viel Geld genau für Dortmund aus dem Verkauf an den spanischen Investor Asterion abfällt. Nach wie vor geht Finanzchef Jörg Jacoby von 600 bis 700 Millionen Euro brutto aus. Nach Steuern und Schuldentilgung rechnet er grob mit „einer Viertelmilliarde“, die am Ende netto übrig bleibt. Damit könnten die Stadtwerke rein rechnerisch immerhin seine bestellten 34 neuen Stadtbahnwagen und die baugleiche Modernisierung der 64 Bestandsfahrzeuge bezahlen. Denn das allein kostet 250 Millionen Euro.

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