Essen. Bei der Steag steht der Übernahme-Deal: Der spanische Investor Asterion hat jetzt das Sagen. Die Verhandlungen waren zuletzt schwierig.
Der Essener Energiekonzern Steag bekommt spanische Eigentümer. Am letzten Freitag des Jahres 2023 sei Klarheit zum Abschluss der Transaktion geschaffen worden, erfuhr unsere Redaktion aus dem Umfeld des Unternehmens. Es war das erklärte Ziel der Stadtwerke, die nun bei der Steag aussteigen, den Deal noch vor dem Jahresende perfekt zu machen. Damit hat die spanische Fondsgesellschaft Asterion ab sofort das Sagen bei dem traditionsreichen Energieversorger aus dem Ruhrgebiet. Im August hatte Asterion erklärt, die Steag werde bei der Übernahme mit 2,6 Milliarden Euro bewertet. Das Ziel sei, den Konzern, zu dem mehrere Kohlekraftwerke sowie ein Erneuerbare-Energien-Geschäft gehören, als Ganzes zu einem nachhaltigen Versorger weiterzuentwickeln, betonte Asterion-Chef Jesús Olmos seinerzeit.
Die Verhandlungen vor dem sogenannten „Closing“ seien streckenweise schwierig gewesen, verlautete aus Verhandlungskreisen. Im vergangenen Sommer sind bei der ersten Unterschrift unter dem Kaufvertrag – in der Branchensprache „Signing“ genannt – bestimmte Planzahlen für das Geschäft der Steag vorausgesetzt worden, bei denen es im Laufe der Monate Verschiebungen gegeben haben soll. Ein Punkt dabei: Der Gewinn der Steag aus dem Jahr 2023 fließt noch den beteiligten Stadtwerken zu. Aufgrund gesunkener Strompreise in einem bislang milden Winter dürfte das Ergebnis niedriger ausfallen als angenommen. Trotz eines höheren Kaufpreises als zunächst gedacht könnte damit die Gesamtrechnung für die Stadtwerke etwas schlechter ausfallen als erhofft. Im Umfeld des Konzerns ist gleichwohl von einem insgesamt „erfolgreichen Abschluss“ die Rede.
Im vergangenen Sommer hatte der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky, der ein Bündnis mit der Evonik-Großaktionärin RAG-Stiftung bilden wollte, überraschend das Nachsehen im Bieterwettbewerb um die Steag. Derzeit befindet sich Kretinsky in Gesprächen mit dem Essener Industriekonzern Thyssenkrupp über eine mögliche Gründung eines Stahl-Gemeinschaftsunternehmens. Asterion habe „ganz klar das beste Angebot auf den Tisch gelegt“, betonte Steag-Sanierer Ralf Schmitz Ende September im Gespräch mit unserer Redaktion.
Sechs Ruhrgebiets-Stadtwerke, die vor mehr als zehn Jahren mit 1,2 Milliarden Euro eingestiegen waren, ziehen mit dem Verkauf einen Schlussstrich bei der Steag. Wie viel Geld letztlich in die Kassen der beteiligten Städte Bochum, Duisburg, Dortmund, Essen, Oberhausen und Dinslaken fließt, ist angesichts der Verschiebungen bei der Schlussrechnung eine spannende Frage. Nach Abzug der Verbindlichkeiten werde den bisherigen Eigentümern „noch ein erheblicher Betrag zufließen“, hieß es im August in einer Mitteilung der Stadtwerke-Firma KSBG, in der die sechs kommunalen Betriebe ihre Anteile gebündelt haben.
Der Steag-Konzern, der seit Jahrzehnten von Kohlekraftwerken geprägt wird, steht vor einem tiefgreifenden Umbau. Mit der Firmentochter Iqony, die vor einigen Monaten gestartet ist, sollen grüne Geschäfte vorangebracht werden. In Iqony hat die Steag unter anderem ihre Solar-, Wind-, Geothermie-, Energiespeicher- und Wasserstoff-Projekte gebündelt.
Im Zuge einer Konzern-Aufspaltung ist ein großer Teil der Steag-Belegschaft zur neuen Tochterfirma gewechselt: rund 2300 Beschäftigte, davon gut 2000 in Deutschland. Das Kraftwerksgeschäft der Steag (mehr als 3000 Beschäftigte) – unter anderem mit großen Standorten in Duisburg, Herne und im Saarland – trägt nun den Namen Steag Power. Zum Verkauf standen sämtliche Bereiche der Steag.
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Asterion wolle mit den bestehenden Führungsteams von Steag Power und Iqony weiterarbeiten, wurde im August in einer Mitteilung des Käufers betont. Seit Anfang 2022 ist der frühere Eon-Manager Andreas Reichel der Vorsitzende der Steag-Geschäftsführung. „Der Unternehmenssitz der Steag wird Essen bleiben“, betonte Astrion unlängst. Erwartet wird zugleich, dass mit dem Abschied der Stadtwerke künftig Asterion-Manager im Steag-Aufsichtsrat tonangebend werden. In dem Kontrollgremium spielt auch der Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, eine wichtige Rolle. Als Kandidat für den Aufsichtsrats-Chefposten gilt Philip Wack, der bei der Übernahme auf Seiten von Asterion eine Schlüsselposition hatte.
Steag-Chef Reichel bezeichnet Asterion als „idealen Partner“ für die weitere Transformation der Steag. Das Ziel seien Projekte zur Dekarbonisierung wie beispielsweise der Bau von klimaneutralen Gaskraftwerken. „Damit werden zugleich nachhaltige Beschäftigungsperspektiven für die Mannschaften der Kohlekraftwerke geschaffen“, so Reichel.