Berlin. Läuft die Waschmaschine nicht mehr, wandert sie schnell auf den Schrott. Dagegen hat die EU etwas – doch Experten reicht das nicht.
Reparieren statt wegwerfen: Innerhalb der Europäischen Union (EU) sollen Smartphones, Waschmaschinen, Trockner oder auch Kühlschränke bald repariert werden müssen – wenn es Verbraucher verlangen. Ein seit Langem gefordertes „Recht auf Reparatur“ ist mit der Verabschiedung jetzt in trockenen Tüchern. Nun bleiben den EU-Mitgliedsstaaten zwei Jahre, um das Recht in nationale Gesetze zu gießen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist das „Recht auf Reparatur“?
Bereits seit Februar standen die Eckpunkte der Neuregelung. Nun können die EU-Länder für das „Recht auf Reparatur“ auch auf Rechtssicherheit pochen. Konkret wurde erstmals ein Rechtsanspruch auf Reparatur bei sogenannter weißer Ware – darunter fallen vor allem Haushaltsgeräte – und typischen Alltagsprodukten wie Smartphones eingeführt. Die konkrete Umsetzung bleibt dem Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten überlassen.
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Was soll sich für Verbraucher ändern?
Das ist noch nicht ganz klar, auch, weil ein genauer Rechtstext erst in einigen Wochen veröffentlicht werden soll. Generell soll es mit den neuen Regeln nicht nur einfacher, sondern auch deutlich günstiger werden, kaputte Sachen reparieren zu lassen. Laut Verordnung sollen Hersteller verpflichtet sein, Informationen über Ersatzteile bereitzustellen, wodurch der Wettbewerb unter Reparaturanbietern verbessert werden soll. „Durch diese Öffnung werden auch kleine Reparaturgeschäfte und -initiativen Zugang zu den reparaturrelevanten Informationen, Ersatzteilen und Tools erhalten. Damit werden Reparaturen künftig einfacher, kostengünstiger und attraktiver“, sagte ein Sprecher von Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) dieser Redaktion.
Darüber hinaus will die EU Praktiken verbieten, durch die unabhängige Betriebe daran gehindert werden, gebrauchte oder 3D-gedruckte Ersatzteile zu verwenden. Online soll künftig zudem über die voraussichtlichen Kosten einer Reparatur informiert werden, hieß es. Damit sich Verbraucherinnen und Verbraucher darauf verlassen können, dass sich eine Reparatur lohnt, soll auch eine Gewährleistung eingeführt werden, die ein Jahr lang gilt, nachdem etwa eine Spülmaschine repariert wurde.
Neu ins Gesetz geschafft hat es auf den letzten Metern eine Vorgabe, die speziell die Händler in die Pflicht nimmt. Zwar sieht der Gesetzestext vor, dass sich Verbraucher bei Defekten direkt an den Hersteller wenden können. Sollte dieser in der Zwischenzeit aber pleite gegangen sein, kann auch der Händler in die Pflicht genommen werden.
Wann greift das neue Recht?
Nicht allzu schnell. Nach der Einigung zwischen Parlament und EU-Staaten, bleibt den Gesetzgebern der jeweiligen Ländern eine Karenzzeit von zwei Jahren, um die Richtlinie in Gesetzesform zu gießen. Ministerin Lemke kündigte weitere Schritte an. „Ab diesem Jahr werde ich ergänzend fördern und ein nationales Reparaturgesetz auf den Weg bringen. So sollen Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Möglichkeiten bekommen, ihre Produkte zu reparieren und länger zu nutzen“, sagte sie am Freitag.
Wie lange gilt die gesetzliche Garantie?
In Deutschland gilt grundsätzlich eine gesetzliche Garantie von zwei Jahren. Die Regelungen unterscheiden sich zwischen den EU-Staaten, in den Niederlanden etwa ist die Garantie an die erwartete Lebensdauer des Produkts geknüpft. Mit dem neuen EU-Gesetz wird die Garantie nach einer Reparatur um ein zusätzliches Jahr verlängert.
Wo finden Verbraucher die passende Werkstatt?
Brüssel soll ein EU-weites Online-Portal aufsetzen, auf dem Verbraucher etwa Werkstätten, Geschäfte für reparierte Altgeräte oder Interessenten für den Kauf defekter Geräte suchen können. Preise für Reparaturen sollen transparent einsehbar sein.
Was sagt der Elektrogerätehandel?
Europas größte Technikfachmarkkette MediaMarktSaturn hofft auf eine schnelle Umsetzung. Man könne bereits 2025 damit starten, hieß es auf Anfrage. Bereits heute wachse das Interesse der Kunden an Reparaturen. Bei dem unternehmenseigenen Reparatur-Services seien im vergangenen Geschäftsjahr 2022/23 knapp 3,2 Millionen Geräte repariert und somit rund 8.700 Tonnen Elektroschrott eingespart worden. Wie lange Verbraucher dabei jeweils auf ihr Gerät verzichten mussten, erhob der Anbieter aber nicht. „Eine pauschale Aussage zu Reparaturzeiten können wir leider nicht treffen, denn dies hängt immer vom individuellen Fall ab“, so eine Sprecherin.
Wie sehen das Hersteller?
Die BSH Hausgeräte GmbH mit Marken wie Bosch und Siemens betonte, dass die Geräte ohnehin auf Langlebigkeit ausgelegt seien und höchste Qualitätsstandards erfüllten. „Schon heute spielt das Thema Reparatur für uns eine herausragende Rolle. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich die Bestrebungen, Reparaturen zu fördern“, sagte ein Sprecher dieser Redaktion. Schon heute halte man mehr als 350.000 Ersatzteile vor und das in der Regel bis zu 15 Jahre nach Produktionsende des jeweiligen Großgerätes.
Welche Forderungen gibt es von Verbraucherschützern?
Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Ramona Pop und Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte die Einigung auf EU-Ebene zum „Recht auf Reparatur“. Es komme jetzt darauf an, dass die Maßnahmen zu mehr reparierbaren und haltbaren Produkten führten. Pop forderte, das „Recht auf Reparatur“ auszuweiten. Bislang sei es lediglich „für ein halbes Dutzend Produktgruppen vereinbart“. Pop forderte die Bundesregierung auf, die Attraktivität von Reparaturen technischer Geräte zu erhöhen. „Ein Hebel, um Reparieren zu fördern, ist ein finanzieller Anreiz.“ Der Verband fordere deshalb einen Reparaturbonus für Elektro- und Elektronikgeräte, „wie es ihn in Frankreich, Österreich und in einzelnen Bundesländern schon gibt“.
Warum soll überhaupt mehr repariert werden?
Zu viel Müll wird produziert, weil Produkte nicht repariert, sondern durch Neuware ersetzt werden. Die EU-Kommission schätzt nun, dass auf Grundlage ihres Vorschlags im Verlauf von 15 Jahren 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen sowie 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen eingespart werden und drei Millionen Tonnen Abfall weniger anfallen.