Düsseldorf. Cornelius Arndt war 2023 bundesweit der beste Azubi. Warum der 23-Jährige sein Studium abbrach und jetzt Karriere bei Vodafone macht.
Als Cornelius Arndt sein Studium abbrach, ahnte er nicht, dass er einige Jahre später zum besten Azubi bundesweit gekürt werden würde. Der Vodafone-Mitarbeiter hat den Weg von der Uni in die Lehre nicht bereut und erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, warum Schulen bei der Berufswahl oft versagen.
Das Abitur hatte er in der Tasche, auf die Berufswahl danach war Cornelius Arndt aber nicht so gut vorbereitet. „Ich wusste lange nicht genau, was ich nach der Schule machen sollte“, erzählt er. Eher spontan ließ sich der Abiturient in Leipzig in der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften einschreiben. Er hielt aber nur ein Semester durch.
„Ich habe das Studium abgebrochen, weil es mir zu theoretisch war. Mir war nicht klar, was ich mit dem Wissen anfangen sollte und ich habe mir die Frage gestellt: Wozu brauche ich das überhaupt?“, erklärt Arndt. Ohne eine Alternative in Aussicht zu haben, entschied sich der Ex-Student für eine kaufmännische Ausbildung, die seinem Interesse am großen Feld der Kommunikation näher kommen sollte.
Vodafone-Mann Cornelius Arndt ist der beste Azubi 2023
Cornelius Arndt landete schließlich bei Vodafone. Der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern bot ihm eine Ausbildung im Dialog-Marketing an. Drei Jahre lang lernte der junge Mann alles über das Qualitätsmanagement bei Gesprächen mit Kundinnen und Kundinnen und wie die aufgezeichneten Gespräche ausgewertet werden.
Mit seinem Traumabschluss von 97,2 von 100 möglichen Punkten bekam Arndt sofort eine Festanstellung bei Vodafone und brachte sich und dem Unternehmen zugleich großen Ruhm ein. Mit der sehr guten Note schaffte es der 23-Jährige bei der nationalen Bestenehrung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) bundesweit auf Platz 1.
Das Wagnis, das Studium abzubrechen, hat sich für Cornelius Arndt also gelohnt. Den Umweg zur Ausbildung hätte er sich gern erspart. Eine Mitverantwortung sieht der frisch gebackene Kaufmann für Dialogmarketing in der Schule. „Im Gymnasium wurde der Fokus bei der Berufsberatung klar auf das Studium gelegt“, beklagt der 23-Jährige. „Ich hätte mir gewünscht, dass mehr über Ausbildungsberufe informiert worden wäre. In der Schule ging es nur darum, den Stoff durchzubringen.“
Vanessa Thormählen hat gleich auf ein Studium verzichtet
Diese Einschätzung teilt auch die Vodafone-Auszubildende Vanessa Thormählen, die einen ähnlichen Werdegang hinter sich hat. „Weil meine Noten nicht so gut waren, habe ich das Gymnasium nur bis zur zehnten Klasse besucht. Beim Fachabitur für Medien und Kommunikation am Berufskolleg habe ich dann sehr gut abgeschnitten“, erzählt sie. Auf ein anschließendes Studium, das der „nächste logische Schritt“ gewesen wäre, hat Thormählen gleich verzichtet. „Ich hatte aber unmittelbar danach keinen Spaß mehr am Lernen. Hochschulen sind eine ganz andere Welt“, sagt die 26-Jährige.
Stattdessen hat sie sich zu einer zweiten Ausbildung als Fachinformatikerin für Daten- und Prozessanalyse bei Vodafone entschieden. Daten zu sammeln und zu analysieren bereite ihr einfach Spaß, bekennt Thormählen. „Das war definitiv die richtige Entscheidung. Für mich ist der Praxisbezug superwichtig.“
Doch haben die beiden Nachwuchskräfte ohne Studium auch uneingeschränkte Karrierechancen im Unternehmen? „Ich habe nicht das Gefühl, dass man nur mit einem Studium gute Aufstiegschancen hat“, antwortet Vanessa Thormählen.
Und auch ihr Kollege Cornelius Arndt hat da keine Zweifel. „Ich glaube, dass mir auch ohne Studium die Türen für eine Karriere offen stehen. Vodafone schaut zum Glück nicht nur auf die Abschlüsse“, sagt der Kaufmann. Ein gutes Gehalt sei ihm wichtig. Unter dem Strich zähle aber etwas anderes: „Die Arbeit muss aber auch erfüllend sein. Ich muss einen Sinn in dem sehen, was ich tue.“
Vodafone-Chef Rogge: Die Ausbildung hat ein Image-Problem
Sätze wie diese hört einer ganz besonders gern: Philippe Rogge, Deutschlandchef von Vodafone, hat sich kurz vor Weihnachten mit den beiden Nachwuchskräften im Düsseldorfer Campus getroffen. Der Manager will sich dafür einsetzen, dass die Ausbildung wieder einen höheren Stellenwert bekommt.
„Unser Azubi-Problem von heute wird unser Gesellschafts-Problem von morgen“, sagt er im Hinblick auf wachsende Schwierigkeiten, offene Lehrstellen zu besetzen. „Wir finden nach wie vor Auszubildende, aber die Suche nach Azubis ist schwieriger als nach studierten Trainees“, räumt der Vodafone-Deutschlandchef ein. Die Hochschulen lockten mit Flexibilität und hohen Einstiegsgehältern. „Die Ausbildung dagegen hat ein Imageproblem“, urteilt Rogge.
Einen Schlüssel, das Ansehen der Ausbildung aufzupolieren, sieht der Top-Manager ebenso wie die Berufseinsteiger Cornelius Arndt und Vanessa Thormählen bei den Schulen. „Schülern fehlt Orientierung. Nur wenige wollen sich nach der Schule festlegen. Das Gymnasium wirbt kaum für Ausbildung“, kritisiert Rogge und warnt vor Langfrist-Folgen des Azubi-Mangels: „kürzere Öffnungszeiten, längere Wartezeiten, weniger Angebot“.
Die Fokussierung auf das Studium sei falsch. „Wer baut all den Professoren in Zukunft ihre Häuser, pflegt ihre Eltern, backt ihre Brötchen, betreut ihre Kinder?“, fragt der Vodafone-Deutschlandchef rhetorisch und fordert: „Wir brauchen mehr von diesen Erfolgsgeschichten – und müssen darüber sprechen.“
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