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Der Angriff Russlands auf die Ukraine schockiert die Welt und schürt Ängste vor Krieg und Tod. Er hat die russische Nation wieder einmal in den Mittelpunkt der globalen Berichterstattung gestellt. Der Westen fragt sich erneut, ob er dieses Land, seine Führung, seine Bewohner und ihre Beweggründe nicht versteht. Wieso bezeichnen Russen und Ukrainer sich als Brudervolk? Ist Wladimir Putin ein Diktator oder Autokrat? Und warum heißt Russland eigentlich Russland? In dieser Übersicht klären wir die wichtigsten Fragen.

Russland: Größe und Einwohnerzahl – Die wichtigsten Fakten

Russland ist mit einer Landfläche von rund 17,1 Millionen Quadratkilometern der mit Abstand größte Staat der Welt. Kanada auf Platz zwei hat gut zehn Millionen Quadratkilometer Landfläche. Deutschland kommt auf rund 357.600 Quadratkilometer – und würde damit fast 48-mal in Russland passen.

Die größte territoriale Ausdehnung erreichte Russland während des Zarenreiches Ende des 19. Jahrhunderts. Damals grenzte das Land im Westen an das Deutsche Reich, im Norden an Schweden und Norwegen sowie im Süden an Persien und Afghanistan. Nur Großbritannien als Kolonialmacht erreichte in der Geschichte der Menschheit eine größere Ausdehnung als Staat.

Der heutige russische Staat hat vom europäischen Westen bis zum äußersten Osten Asiens elf offizielle Zeitzonen. Laut dem Statistikportal Statista leben rund 146 Millionen Einwohner in Russland. Die Hauptstadt ist Moskau. Die größten Städte des Landes sind:

  • Moskau (12,2 Millionen Einwohner)
  • Sankt Petersburg (5,3 Millionen Einwohner)
  • Nowosibirsk (1,6 Millionen Einwohner)
  • Jekaterinburg (1,5 Millionen Einwohner)
  • Nischni Nowgorod (1,3 Millionen Einwohner)

Politisches System in Russland: Ist Putin wirklich ein Diktator?

Russland bezeichnet sich in seiner Verfassung selbst als demokratischen Staat. Das entspricht nach Auffassung von Politikwissenschaftlern jedoch nicht der Realität. Ein Versuch von Experten des Systemvergleichs, die Situation in Russland zu beschreiben, ist der Begriff einer streng "gelenkten Demokratie" oder "simulierten Demokratie", wie die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt. Die Verfassung wird in Teilen ausgehebelt und Wahlen werden manipuliert. Ein Beispiel dafür ist die Unterdrückung der Opposition mittels Wahlauschluss, wie in Russland bereits mehrfach geschehen.

In dieser Staatsform bestehen demokratische Institutionen zudem nur zum Schein. Die wirkliche Macht im Staat liegt bei Putin an der Spitze, bei der obersten politischen Führungselite und bei wenigen sehr reichen Oligarchen. Man spricht für Russland daher auch von einer Mischform aus Autokratie und Oligarchie.

Putin wurde erstmals 2000 Präsident Russlands gewählt. Das ist er – mit einer Unterbrechung – bis heute. Besagte Unterbrechung erfolgte 2008, da die Amtszeit des russischen Präsidenten zu diesem Zeitpunkt von der Verfassung auf zwei aufeinanderfolgende Amtsperioden im Umfang von vier Jahren begrenzt war.

Putin installierte daraufhin seinen Bekannten Dmitri Anatoljewitsch Medwedew im Amt des Präsidenten und wurde selbst Ministerpräsident. 2012 kehrte Putin in das Amt des Präsidenten zurück, dessen erlaubte Amtszeit nun auf zwei Perioden a sechs Jahren ausgeweitet wurde. Putin ist nach seiner erneuten "Wahl" zum Präsidenten 2018 offiziell bis 2024 im Amt. Bereits im Jahr seiner Wiederwahl gab er bekannt, dass er nicht darüber hinaus als Präsident fungieren will. Der Angriff auf die Ukraine könnte diese Aussage jedoch zur Makulatur machen.

Geschichte: Seit wann gibt es Russland?

Russland, wie wir es heute kennen, also die Russische Föderation, ist ein äußerst junger Staat, der erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion (UdSSR) um 1990 entstand. Zuvor war Russland als Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) Teil der UdSSR und deren führender Staat.

Unter dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Michail Gorbatschow waren in der Sowjetunion bereits in den 80er Jahren tiefgreifende Reformen angestoßen worden. Sie mündeten schließlich im März 1990 in die Wahl eines Kongresses in der RSFSR, wodurch die Kommunistische Partei ihre Quasi-Monopolstellung in der Parteienlandschaft verlor. Gorbatschow wurde in der Folge Präsident der Sowjetunion und Boris Jelzin Präsident der RSFSR.

In vielen weiteren Staaten der UdSSR gab es Ende der Achtziger eigene Reform- beziehungsweise Freiheitsbewegungen wie in der DDR mit dem Ziel der Eigenständigkeit und/oder Loslösung von der Sowjetunion. Dies und der wirtschaftliche Kollaps führten schließlich dazu, dass drei der vier Gründungsmitglieder im Dezember 1991 die Auflösung der Sowjetunion beschlossen. Dies waren Russland, Belarus und die Ukraine. Das vierte Gründungsmitglied, die Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik, gab es zu dieser Zeit schon nicht mehr.

Im Zuge der Auflösung wurde aus der RSFSR Ende 1991 die Russische Föderation. Bis zur Machtübernahme Putins blieb Jelzin ihr Präsident. Damit hatte das moderne Russland bisher nur drei Präsidenten:

  • Boris Jelzin (1991 bis 1999)
  • Wladimir Putin (2000 bis 2008 und 2012 bis heute)
  • Dmitri Medwedew (2008 bis 2012)

Russland: Woher kommt der Name des Landes?

Der Name ist abgeleitet vom Volk der Rus, mit der die Geschichte der ersten russischen Reiche im 9. Jahrhundert begann. Eine These ist, dass sie von den Wikingern oder Normannen abstammen, die zu dieser Zeit zum Beispiel auf Beutezügen die großen Flüsse Osteuropas wie die Wolga, die Donau und den Dnepr befuhren. Die zweite umstrittenere These besagt, dass die Rus aus der bereits in Osteuropa ansässigen slawischen Bevölkerung hervorgingen.

Es waren die Rus, die auf den Handelsrouten zwischen der Ostsee, dem Bosporus und dem Schwarzen Meer Fürstentümer errichteten und damit erste größere politische Organisationsformen einführten. Diese Entwicklung mündete schließlich in der Gründung des ersten russischen Großreiches auf Gebieten des heutigen Belarus, Russlands und der Ukraine. Dieses Reich, das von einem Großfürsten regiert wurde, wurde als die "Kiewer Rus" bekannt, da ihre Hauptstadt im 9. Jahrhundert von Nowgorod nach Kiew verlegt wurde. Es existierte bis zum Einfall der Mongolen in Europa im 13. Jahrhundert.

Während der Herrschaft der "Goldenen Horde", verlagerten die Rus ihr Machtzentrum nach Moskau und machten den Kreml zu ihrer Residenz. Nach dem endgültigen Sieg über die Mongolen im 15. Jahrhundert einte Großfürst Iwan III. die einzelnen russischen Fürstentümer im Nordosten des heutigen Russlands. Iwan der III. verstand sich ab diesem Zeitpunkt als der alleinige Herrscher von "ganz Russland".

Aus den Rus wurden nun die Zaren des russischen Reiches. Ivan IV, "Der Schreckliche", ließ sich im 16. Jahrhundert schließlich als der erste Großfürst zum Zar eben jenes Reiches krönen. Zar Peter I. "Der Große" verlegte 1712 die Hauptstadt des Reiches von Moskau nach St. Petersburg.

Welche historischen Überschneidungen gibt es zwischen der Ukraine und Russland?

Die zwei Nationen sind durch vielfältige Ereignisse in der Historie verbunden. Wie bereits beschrieben waren Russland und die Ukraine schon Teil des ersten Großreiches der Rus.

Nach dem Einfall der Mongolen einte Großfürst Iwan III. zwar wieder die Fürstentümer in Russland, die Ukraine blieb jedoch zersplittert. Während den Kriegen des Zarenreiches mit Polen-Litauen und Schweden um Gebiete in Osteuropa fiel der westliche Teil der Ukraine im 16. Jahrhundert unter polnische Herrschaft. Die östliche Hälfte der Ukraine stellte sich infolgedessen mit dem Vertrag von Perejaslaw 1654 unter den Schutz des Moskauer Zaren. Ein wichtiges Datum, denn 300 Jahre später "schenkte" der aus der Ukraine stammende UdSSR-Chef Nikita Chruschtschow zur Erinnerung an den Jahrestag der "Vereinigung" der Sowjetrepublik Ukraine die Krim. Zarin Katharina "Die Große" hatte die strategisch bedeutsame Halbinsel im Schwarzen Meer 1783 "von nun an und für alle Zeiten" annektieren lassen.

Weitere Teile der Ukraine fielen in Folge der polnischen Teilung im 18. Jahrhundert an das russische Zarenreich. Die restlichen ukrainischen Gebiete gelangten unter die Herrschaft der Habsburger Monarchie Österreichs. Unter dieser konnten sich Sprache und Kultur der Ukrainer frei entfalten. Im Zarenreich waren sie "einer starken Russifizierung ausgesetzt", heißt es bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.

Russland, die Ukraine und die Sowjetunion

Anfang des 20. Jahrhunderts folgte der blutige Sturz des Zarenreiches, der Erste Weltkrieg und der russische Bürgerkrieg, an dessen Ende der Sieg der Bolschewiki unter der Führung von Wladimir Iljitsch Lenin und die Gründung der Sowjetunion 1922 stand. Neben Sowjetrussland gehörten die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik, die Belarussische Sozialistische Sowjetrepublik und die Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (Aserbaidschan, Armenien und Georgien) zu den Gründungsmitgliedern. Anders als im Zarenreich waren die Ukraine und die anderen Sowjetrepubliken als eigene Nation anerkannt.

Lenin erkrankte bereits 1922 schwer und verstarb 1924. Die Folge waren schwere und tödliche Auseinandersetzungen um die Führung in der Kommunistischen Partei Russlands. Als Sieger trat Iosif Wissarionowitsch Stalin hervor, der sich in rascher Geschwindigkeit als brutaler Diktator offenbarte. Er ließ die Straff- und Arbeitslager (Gulags) errichten, in denen Millionen Menschen ihr Ende fanden. Hunderttausende ließ er während Säuberungsaktionen wie dem "Großen Terror" 1937/38 erschießen. Die von ihm in Gang gesetzte Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft verursachte eine Hungersnot, durch die allein in der Ukraine nach Schätzungen von Historikern vier Millionen Menschen starben. Die ukrainische Regierung erklärte 2006 die als "Holodomor" bezeichnete Hungersnot zum Genozid am ukrainischen Volk.

Im Zweiten Weltkrieg waren große Teile der Ukraine durch deutsche Truppen besetzt, die ein äußerst brutales Regime führten und zahlreiche Kriegsverbrechen wie den Völkermord an über 33.000 Juden in Babi Jar in der Nähe von Kiew begingen. Nach dem Sieg der Alliierten und der Neuaufteilung der durch Nazi-Deutschland eingenommenen Gebiete erreichte die Ukraine die Größe, die ungefähr den heutigen Grenzen entsprechen.