Bad Berleburg. . Wisent-Ranger Jochen Born hat von Jungstier „Quattro“ aus der Wisent-Wildnis am Rothaarsteig ein schmerzhaftes “Abschiedsgeschenk“ bekommen. Der Tritt ins Gesicht hinterließ Prellungen und Platzwunden. Doch es war nur ein Unfall vor dem Transport der Wisent-Familie in ein Gehege in Lettland. “Quattro“ sei nicht wild geworden, berichtet Born.

Mit einem schmerzhaften Tritt ins Gesicht des Wisent-Rangers Jochen Born hat sich Jungstier „Quattro“ am Sonntagabend aus der Wisent-Wildnis, dem Gehege am Rothaarsteig bei Wingeshausen, verabschiedet. Born erlitt nach eigenen Angaben Prellungen, Platzwunden an Auge und Nase. Außerdem besteht der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung.

Jochen Born seinen Humor trotz des Unfalls nicht verloren: „Ich sehe aus wie Boxer Rocky wenn er aus dem Ring steigt“, lacht Born am Montag, kurz vor einer Nachuntersuchung im Berleburger Krankenhaus. Doch schnell wird der Ranger ernst und stellt klar: „Das war eindeutig ein Unfall und hat rein gar nichts mit dem Tier-Charakter zu tun. Es war nichts Bösartiges, kein Angriff.“ Bernd Fuhrmann, Vorsitzender des Trägervereins, bedauert den Vorfall; jedoch „kann so etwas bei Tiertransporten immer passieren“.

Wisentkuh mit Jungtieren nach Lettland verkauft

Born erklärt den Hintergrund des Geschehens: Demnach ist die Wisentkuh „Gutelaune“ mit ihren beiden Jungtieren „Quick“ (14 Monate) und „Quattro“ (24 Monate) verkauft worden. Sie sollten am Sonntag für den Transport in ein Wisent-Gehege in Lettland vorbereitet werden. Dieser Vorgang war geplant, denn mit der erlangten Geschlechtsreife wächst bei den jungen Wisenten die Neugier auf die Damen im Gehege.

Und weil Bulle Horno das nicht gern sieht, kann das böse Folgen haben. „Wir mussten handeln, um Rangkämpfe zwischen den Bullen zu verhindern. Denn die können auch tödlich enden“, erklärt Coralie Herbst, wissenschaftliche Koordinatorin des Projektes. Sie weiß es aus Erfahrung, denn bei Rangkämpfen in der frei lebenden Artenschutzherde sind auf diese Weise bereits zwei Jungbullen vom älteren Bullen „Egnar“ getötet worden.

Um den Auszug aus der Wisent-Wildnis vorbereiten zu können, wurde das Besucherareal am vergangenen Sonntag ein paar Stunden eher geschlossen, berichtet der Trägerverein in einer Pressemitteilung, die übrigens den Unfall mit keinem Wort erwähnt.

Tiere vom Kreisveterinär vor Abreise begutachtet

Zunächst seien die Tiere von Kreisveterinär Dr. Wilhelm Pelger besichtigt worden. Anschließend wurden sie betäubt, damit sie die Reise nach Lettland in ein mehrere Hundert Hektar großes Gehege so gut wie möglich bewältigen können. Dafür stand ein vom neuen Besitzer beauftragter, spezialisierter Tiertransport im Bereich der Wiese „Baldsbruch“, oberhalb des den Besuchern als „Dachsloch“ bekannten Tunnels bereit.

Unfall beim Verladen der betäubten Wisente für Lettland-Transport 

Beim Verladen der Wisente in den Anhänger ist es dann passiert. „Wir hatten die Beine wohl nicht früh genug fixiert“, erinnert sich Ranger Born. Schon in der Betäubungsphase seien bei „Quattro“ die „Nerven noch aktiv“ gewesen. „Reflexartig“ trat das Tier aus und traf die linke Kopfhälfte von Jochen Born.

Trotz seiner Verletzungen hat er noch mitgeholfen, das Verladen abzuschließen, um sich danach in ärztliche Behandlung zu begeben. Böse ist der Ranger auf „Quattro“ nicht. „Das war doch ein Top-Freund von mir“, betont Born, der seit September 2012 den kleinen Quattro mit der Flasche aufgezogen hat. Das gleiche galt auch für „Quelle“, „Quick“ und „Quentin“; denn Mama Gutelaune gab keine Milch. Deshalb mussten alle vier Tiere aus der „Wildnis“ entnommen und aufwändig von Hand aufgezogen werden. Sonst hätten sie keine Überlebenschance gehabt.

Wisent-Projekt wächst immer weiter

„Das Wisent-Projekt wächst immer weiter und damit werden auch die Aufgaben größer“, erklärt Coralie Herbst. Deshalb sei der Verein nicht mehr in der Lage, Kälbchen von Hand aufzuziehen. Er verlässt sich auf die Kühe Fasel und Faye.