Hongkong/Raumland. .

Aufgewachsen ist Stefan, Jahrgang 1963, am Friedhof in Raumland. Im Schieferdorf und in Berghausen besuchte er die Grundschule, wechselte dann auf das Johannes-Althusius Gymnasium in Berleburg.

Er erinnert sich: „Schon früh engagierte ich mich im VfL Bad Berleburg, zunächst als Aktiver in den Abteilungen Schwimmen, Handball und Volleyball, später als Trainer im Handball und aktiver Schwimmer bis hin in den Seniorenbereich.

Der Sport prägte seine Lebenseinstellung, die ihn später zum Entschluss bewegte, ins Ausland zu gehen. Seine Devise: „Nur wer sich Ziele setzt, weiß, wohin er will und kann Maßnahmen einleiten, diese Ziele zu erreichen.“

Bereits nach dem Abi in 1982 war ihm klar, dass er Lehrer werden wollte. So versuchte er schon in der dritten Klasse der Grundschule, den Kinder aus der 1. Klasse beizubringen, wie das Land NRW aufgebaut ist.

Nach dem „Bund“ begann Stefan Pauli sein Studium und hörte Sport und Sozialwissenschaften an der Uni und der Sporthochschule in Köln. In dieser Zeit trainierte er noch die VfL-Handballer und schwamm Wettkämpfe im Berleburger Seniorenbereich.

Das erste Praktikum im Studium führte Pauli an seine alte Penne zurück. Der 47-Jährige schmunzelt: „Im JAG saß ich dann plötzlich neben den Lehrern, die mich zwei Jahre vorher noch unterrichtet hatten.“

Mit dem 2. Staatsexamen bewarb sich sich Stefan Pauli 1992 „hoch motiviert“ in verschiedenen Bundesländern - ohne Erfolg. Lehrer mit seinen Fächern wurden zu diesem Zeitpunkt nicht benötigt. Daher entschied er sich, parallel zur Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Sporthochschule in Köln noch Wirtschaftswissenschaften für die berufliche Bildung an der RWTH zu studieren, um seine Marktchancen zu erhöhen.

Erster Traumjob im Osten

Dann rief der Osten: „Willst du wirklich dahin?“, fragten ihn einige Kollegen im Jahr 1994. Er wollte, landete im Oberstufenzentrum Prignitz in Brandenburg und konnte in seinem Traumjob arbeiten. Obendrauf lernte er noch seine Frau Sabine kennen. Wegen ihr wechselte er ein Jahr später nach Cottbus und arbeitete dort am Oberstufenzentrum. In 1997 wurde er dort Leiter einer kaufmännischen Abteilung und Chef von 35 Lehrern und 800 Schülern.

Während dieser Tätigkeit in Cottbus zog es ihn immer wieder ins Ausland, u.a. zu Lehreraustauschprogrammen in Frankreich und Tschechien.

Dann wurden Pläne geschmiedet; denn „zu Beginn eines jeden Jahres vereinbare ich mit meiner Frau beim Neujahrsessen Dinge, die wir kurz-, mittel- und langfristig anstreben“. Dieses „Zielvereinbarungsgespräch“ brachte als Ergebnis, dass das Paar mittelfristig im Ausland arbeiten wollte. Stefan Pauli bewarb sich beim Bundesverwaltungsamt, das für die Vermittlung von Lehrern an deutsche Auslandsschulen zuständig ist.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Ich erinnere mich noch genau: An einem Sonntagmorgen klingelte das Telefon. Am anderen Ende sagte jemand, er rufe aus Hongkong an und ob ich mir vorstellen könnte, als Leiter der Berufsschule der Deutsch-Schweizerischen Internationalen Schule in Hongkong zu arbeiten. Ich fragte meine Frau und die sagte nur, ,warum nicht?’ Danach war noch ein Jahr Zeit der Vorbereitung. Unser damals achtjährige Sohn fand das ,cool’, weil er dann asiatischen Kampfsport lernen wollte, und für unsere ältere Tochter, die in Marburg studierte, war das sowieso kein Problem - ,besuchen komme ich euch gerne’, war ihr Kommentar.“

Vor Ort ist alles anders

Mit einem Dreijahresvertrag in der Tasche siedelten die Paulis also in 2006 nach Hongkong über. Pauli: „In unserem Jahr Vorbereitung haben wir uns intensiv mit China und Hongkong auseinandergesetzt, unser Englisch verbessert und sogar versucht, kantonesisch zu lernen. Aber wenn man dann vor Ort ist, sieht das doch alles ein wenig anders aus! Ein Leben komplett neu zu organisieren in einer anderen Kultur ist schon eine echte Herausforderung. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass Hongkong uns den Einstieg in die asiatische Kultur auch relativ einfach macht.“ Insgesamt leben in Hongkong etwa 2 500 bis 3 000 Deutsche. „Wir sagen immer, es ist nicht besser, es ist nicht schlechter, es ist alles anders! Nicht nur das Wetter, die Menschen, die Sprache, das Essen, einfach alles.“

Mittlerweile arbeitet der „Witti in der Welt“ im fünften Jahr als Leiter der Berufsschule der Deutsch-Schweizerischen Internationalen Schule in Hongkong und bietet dort zusammen mit der deutschen Außenhandelskammer und örtlichen Unternehmen eine Berufsausbildung im Rahmen des Dualen Systems an. Viele Schüler kommen für eine Ausbildung in der Metropole am chinesischen Meer direkt aus Deutschland, um anschließend in den chinesischen Markt einzusteigen.

„Das ist schon ein tolles Arbeiten an einer privaten Schule“, freut sich Stefan, und fügt hinzu: „Solange die Zahlen, sprich Hongkong-Dollar stimmen, habe ich relativ freie Hand, mit dem was ich tue.“

Wie sieht der Alltag fern der Heimat aus? „Das Leben unserer Familie ist deutlich anders als in Deutschland. In einer Sieben-Millionen-Stadt in China ist es einfach anders als in Wittgenstein oder Cottbus. Wir wohnen in einer für Hongkonger Verhältnissen alten Wohnanlage aus den 70er Jahren. Sie hat 20 Stockwerke und 400 Wohnungen. Zu den Standardausstattungen solcher Anlagen gehören neben einem Grillplatz, Sportraum auch ein Swimming-Pool. Die Arbeitszeiten sind grundsätzlich länger und somit bleibt wenig Zeit für die Organisation des Lebens und andere Freizeitaktivitäten übrig. So werden die Einkäufe online über das Internet, sozusagen im virtuellen Kaufhaus, erledigt und die Lieferung erfolgt frei Haus. Zum gemeinsamen Frühstück und gemeinsamen Abendessen sehen wir uns meistens. Auf der anderen Seite ist Hongkong natürlich ein sehr guter Ausgangspunkt für Reisen, die wir an den Wochenenden oder auch in den Ferien machen. Neben China haben wir mittlerweile fast alle Ländern im Fernen Osten besucht und noch heute kann ich vom Skifahren in Japan, der Campingtour in Australien oder der Fahrradtour durch China schwärmen.“

Heimweh unbekannt

Stichwort Heimweh: „Dazu kann ich nur sagen: nicht vorhanden. Wir planen, im Idealfall bis 2014 hier in Hongkong zu bleiben, solange kann ein deutscher Beamter im Schuldienst maximal hintereinander im Ausland bleiben.“

Die Heimat ist den Paulis aber nicht aus der Erinnerung, denn einmal im Jahr steht im Sommer ein Besuch bei den Eltern auf der Tagesordnung. „Und“, das verrät Stefan Pauli noch, „alle zwei Jahre findet unser mittlerweile traditionelles Familienfest in Dotzlar statt. Bei vier weiteren Geschwistern kommen somit insgesamt 21 Verwandte Personen zusammen.“ Und stets sorgt der „Witti in der Welt“ für genügend Gesprächsstoff.