Wittgenstein. Seit dem 1. Januar gilt wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen im Lokal. Das sagen Wittgensteiner Gastronomen und der Dehoga.

Die heimische Gastronomie schaut mit gemischten Gefühlen auf die kommenden Monate. In den vergangenen Jahren hatten die Betreiber immer wieder mit steigenden Kosten in unterschiedlichen Bereichen zu kämpfen: steigende Energiekosten, höhere Lebensmittelrechnungen, der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Lockdown. Um die Gastronomie während der Pandemie zu entlasten, war der Steuerersatz für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden. Danach wurde die Regelung mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende 2023. Seit dem 1. Januar sind wieder 19 Prozent fällig. Viele Gastronomen stellt dies vor erneute Herausforderungen.

Eigentlich bin ich ein positiv denkender Mensch. Doch auf das Jahr 2024 schaue ich skeptisch.
Michael Müller

Und Herausforderungen musste die Gastronomie in den vergangenen Jahren so einige meistern, weiß auch Michael Müller, Inhaber des Landgasthofs Laibach in Bad Berleburg. „Es ist sind ja nicht nur die 12 Prozent mehr an Mehrwertsteuern für die Speisen im Lokal, die uns vor Herausforderungen stellen, sondern auch die gestiegenen Energiekosten, die Personalkosten, Sozialabgaben und Co, die wir zahlen müssen. Das kommt alles noch obendrauf“, sagt er. Von der Entscheidung der Politik ist der Gastronom wie viele seiner Kollegen enttäuscht. „Eigentlich bin ich ein positiv denkender Mensch. Doch auf das Jahr 2024 schaue ich skeptisch.“ Immerhin wisse man auch noch nicht, wie die Kunden auf steigende Preise reagieren werden. „Auch sie haben mit den gestiegenen Kosten in vielen Bereichen zu kämpfen. Das wird sich auch in der Gastronomie bemerkbar machen, wenn die Menschen dann nur noch einmal statt zweimal im Monat Essen gehen können.“

Und auch das Essen gehen dürfte künftig teurer werden. „Da werden wir nicht drumherum kommen“, sagt Michael Müller. Auch wenn im Landgasthof die Preise vorerst beim Alten bleiben, so muss auch der Gastronom mit weiteren Kostensteigerungen rechnen. „Die gestiegene CO2-Steuer oder auch die höhere Mautsteuer werden von den Lieferanten ebenfalls an uns weitergegeben.“ Kosten, die sich summieren. „Und wir Gastronomen müssen auch schauen, dass wir klarkommen.“

Wir werden erst einmal schauen, was auf uns zu kommt und dann in ein, zwei Monaten schauen, wie wir damit umgehen.
Sajmir Shehu

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Einer, der die Entwicklungen ebenfalls mit gemischten Gefühlen beobachtet, ist Sajmir Shehu. Seit gut einem Jahr betreibt er das Restaurant Ouzu in Bad Laasphe. Er kommt, wie er sagt, aus einer Gastronomenfamilie. „Viele Angehörige betreiben ebenfalls ein Restaurant in Deutschland.“ Die gestiegenen Mehrwertsteuer sieht auch er mit gemischten Gefühlen. „Wir werden erst einmal schauen, was auf uns zu kommt und dann in ein, zwei Monaten schauen, wie wir damit umgehen.“ Eine Preiserhöhung werde es auch dort vorerst nicht geben. Ähnlich schaut es im Restaurant und Pizzeria Kunze in Raumland aus. Auch dort bleiben die Preise erst einmal beim Alten, so Serdes Acar, Inhaber des Restaurants. Nach ein, zwei Monaten aber könnten Preissteigerungen folgen. „Wir müssen leider damit rechnen, denn auch für uns wird alles teurer“, sagt er.

Dehoga fordert mehr Gleichbehandlung

Einen Trend, den auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) beobachtet. „Demnach werden viele Betriebe die gestiegenen Kosten weitergeben müssen“, so Lars Martin, Geschäftsführer des Dehoga-Standortes in Siegen. „Kaum einer kann die 12 Prozent aus der eigenen Tasche ausgleichen.“ Er verweist dabei auf eine aktuelle Umfrage, die der Dehoga bundesweit zum Thema durchgeführt hatte. Und die Ergebnisse seien erschreckend: „Demnach haben mehrere tausend Betriebe angegeben, dass sie dies nicht schaffen werden.“ Und auch Dehoga-Präsident Guido Zöllick wurde wie folgt in einer hierzu veröffentlichten Pressemitteilung zitiert: „Im Falle einer Steuererhöhung auf 19 Prozent droht 12.000 Betrieben das Aus.“ Damit würden im schlimmsten Fall nicht nur viele Lokale aus den Ortschaften verschwinden, sondern auch viele Arbeitsplätze.

Schon vor der Corona-Pandemie waren die Kosten für die Gastronomen hoch.
Lars Martin

Damit es gar nicht so weit kommt, suchen derzeit gerade viele Gastronomen Lösungen, wie sie am besten mit der Situation umgehen. „Viele werden nicht drumherum kommen, die Kosten weiterzugeben“, so Martin. Immerhin sei oft kaum Spielraum gegeben. „Schon vor der Corona-Pandemie waren die Kosten für die Gastronomen hoch“, erklärt er anhand eines Beispiels. „Von 100 Prozent, die eingenommen wurden, waren bereits 35 Prozent ans Personal, 30 Prozent an die Lieferanten und vielleicht fünf Prozent für die Energie. In allen Bereichen gab es in den vergangenen Jahren enorme Preissteigerungen - insbesondere im Bereich der Energiekosten“, erklärt Martin. Die Senkung der Mehrwertsteuer war eine Möglichkeit, die gestiegenen Kosten abzufangen. „Jetzt steigt zwar die Mehrwertsteuer - die Preise aber sind ja nicht gefallen. Zudem, so Lars Martin, fordere der Dehoga seit vielen Jahren eine Gleichbehandlung von Speisen im Lokal und den To-Go-Angeboten. Denn während für Essen in Cafés und Restaurants wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden, gelten für das Essen zum Mitnehmen und die Essenslieferung weiterhin 7 Prozent.

Restaurants hoffen auf die Unterstützung der Kunden

Ein weiterer, der derzeit ganz genau auf die gestiegene Mehrwertsteuer schaut, ist Andreas Benkendorf. Gemeinsam mit seiner Frau Silvia Köster-Benkendorf betreibt er das Hotel und Restaurant „Alte Schule“ in Bad Berleburg. „Wir haben unsere Preise noch nicht erhöht, werden das aber sicherlich noch durchkalkulieren müssen.“ Erstmal wolle man sich jedoch die Zeit nehmen, um zu schauen, was alles auf einen zukommt, welche Preissteigerungen noch folgen. „Wir werden jetzt noch einmal schauen: Wo können wir hin? Was können wir tun? Andersrum haben wir uns auch Gedanken gemacht, wie wir künftig mit den Preiserhöhungen umgehen und was man den Kunden noch zumuten kann.“ Seit vielen Jahren sei es bereits so, dass eine „normale Kalkulation“ kaum möglich sei. „Heutzutage schauen wir eher, was wir den Kunden noch zumuten können und was wir nachher als Gastronomen nehmen können, damit wir die Kosten irgendwo im Zaum halten.“

Heutzutage schauen wir eher, was wir den Kunden noch zumuten können und was wir nachher als Gastronomen nehmen können, damit wir die Kosten irgendwo im Zaum halten.
Andreas Benkendorf

Unter anderem setzt der Gastronom auf regionale Produkte wie Wild von der Rentkammer oder Förstern. „Dadurch haben wir dann einen Lieferanten, der Preise hat, die wir vernünftig weitergeben können.“ Denn eines ist dem Gastronom wichtig: „Essen gehen darf nicht zum Luxusgut werden.“ Er hofft, dass auch weiterhin die Menschen in die Restaurants kommen. „Wir brauchen die Unterstützung der Kunden, damit die Gastronomie auch in Zukunft noch besteht.“