Bad Berleburg. Zukunft des Wisentprojekts wird infrage gestellt. Ratsmitglied aus Bad Berleburg hält Bürgermeister Fuhrmann für befangen.

Kann eine juristische Formalität die Zukunft des Wisentprojektes kippen? Der Bad Berleburger Stadtverordnete Thorsten Fischer zweifelt an der Rechtsgültigkeit der Abstimmung im Stadtrat. Dort hatte am 30. Oktober eine Mehrheit aus CDU, UWG, Grünen und FDP für einen Verwaltungsvorschlag gestimmt. Demnach soll sich die Stadt Bad Berleburg mit 75.000 Euro im Haushaltsjahr 2024 an der Neuausrichtung des Artenschutzprojektes und der Suche nach einer neuen geeigneten Trägerstruktur beteiligen. Die Gegenstimmen kamen von SPD und dem parteilosen Thorsten Fischer. Die AfD hatte sich enthalten.

Stadt sah Befangenheit in der Ratssitzung nicht

Fischer kritisiert weniger den Beschluss an sich, als vor allem die Beteiligung des Bürgermeisters Bernd Fuhrmann. Fischer hält den Bürgermeister für befangen, weil er zugleich auch Vorsitzender des Trägervereins des Wistenprojektes ist. Die Stadtverwaltung hatte dies vor der Sitzung prüfen lassen und der 1. Beigeordnete Volker Sonneborn erklärte, dass Fuhrmann nicht befangen sei, weil der Trägerverein aufgrund des selbst beantragten Insolvenzverfahrens, das am 1. Dezember dieses Jahres eröffnet werden solle, ohnehin aus der Trägerstruktur ausscheiden werde. Bernd Fuhrmann erklärte außerdem, dass er sich bei der Abstimmung über die Vorlage enthalten wolle.

Hier geht es auch darum, einem Amtsverständnis entgegenzuwirken, bei welchem Einzelne meinen, sich über bestehende demokratische Grundsätze und Regeln hinwegsetzen zu können.
Thorsten Fischer, Stadtverordneter in Bad Berleburg

Fischer setzt mit seiner Kritik aber an einem Formfehler an. Als Stadtverordneter hatte er in einer Wortmeldung gesagt, dass er diese Einschätzung nicht teilt. Formell, so Fischer weiter, hätte man dann zunächst darüber abstimmen müssen, wie die Stadtverordneten über eine mögliche Befangenheit denken: „Darauf habe ich bereits zum Beginn des Tagesordnungspunktes in der Sitzung hingewiesen, dies hat die Sitzungsleitung ignoriert, so blieb mir letztendlich nichts anderes übrig, wie die Abläufe und den Sachverhalt der kommunalen Aufsichtsbehörde zur Prüfung zu geben. Hier geht es auch darum, einem Amtsverständnis entgegenzuwirken, bei welchem Einzelne meinen, sich über bestehende demokratische Grundsätze und Regeln hinwegsetzen zu können. Ich erinnere mich, dass Herr Bürgermeister Bernd Fuhrmann einmal von einem notwendigem Pragmatismus sprach, mag ja sein, aber wenn man sich von geltendem Recht und Ordnung verabschiedet, dann handelt man willkürlich und eröffnet Tore und Türen, unkontrolliert handeln zu können. Und das geht nicht! Die Entscheidung hinsichtlich meiner eingegebenen Beschwerde obliegt jetzt der kommunalen Aufsicht, sprich dem Landrat. Ich bin mir aber sicher, dass dieser mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit und Sorgsamkeit die Entscheidung trifft.“

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Fischers Begründung für die Beschwerde

Fischer begründet seine am 7. November bei der Kommunalaufsicht in Siegen eingereichte als Beschwerde so: „Meine Bedenken resultierten insbesondere daraus, dass es wahrscheinlicher ist, dass dem Wisentträgerverein e.V. durch die Übernahme der Tiere durch die neue Trägerstruktur ein nicht unbeträchtlicher wirtschaftlicher Vorteil dadurch entsteht, dass ihm mögliche Haftungsrisiken abgenommen werden.“ Fischer erklärt: Wenn es einen neuen Projektträger gibt, der die Tiere übernimmt, drohen dem Verein keine kostspieligen Klagen oder Strafen mehr. Das wäre ein Vorteil für Fuhrmann. „Letztlich erscheint es auch möglich, dass durch die Übernahme dieser Haftungsrisiken die Insolvenzgründe wegfallen können. Aufgrund dessen ist eine Befangenheit des Bürgermeisters Bernd Fuhrmann eigentlich kaum von der Hand zu weisen“, erläutert Fischer.

Kreis sieht sich selbst als „befangen“

Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist als Kommunalaufsicht der erste Ansprechpartner für eine solche Beschwerde. „Unsere Kommunalaufsicht hat das geprüft und wir haben uns für befangen erklärt und die Sache an die Bezirksregierung in Arnsberg weitergeleitet“, erklärt der Pressesprecher des Kreises Siegen-Wittgenstein, Thorsten Manges. Weiter mochte Manges nicht ins Detail gehen, weil die Kreisverwaltung aktuell durch die Cyberattacke nicht auf alle Vorlagen des Kreistags zu greifen kann.

Der Kreistag Siegen-Wittgenstein hat Ende September bereits einen Beschluss zu den Vorschlägen des Runden Tisches gefasst und sich für eine finanzielle Beteiligung an einer Zukunft des Projektes ausgesprochen. Dieser Beschluss aber steht und fällt mit der Entscheidung über eine Beteiligung aus Bad Berleburg.

Bezirksregierung wird Fall prüfen

Die Bezirksregierung Arnsberg bestätigte auf Nachfrage der Redaktion den Eingang der Beschwerde. „Wir können zu dem Vorgang noch nichts sagen, müssen das erst seriös prüfen“, sagt der Pressesprecher Christoph Söbbeler und betont, dass er über juristische Auswirkungen auf einen Ratsbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt nicht spekulieren wolle.

So sieht die Stadt Bad Berleburg den Fall

Bad Berleburgs 1. Beigeordneter Volker Sonneborn will die Beschwerde so nicht stehen lassen: „Aus meiner Sicht hat sich Bernd Fuhrmann optimal verhalten. Er hat vor der Ratssitzung auf eine mögliche Befangenheit hingewiesen und diese prüfen lassen. Nach den gesetzlichen Vorgaben war keine Befangenheit zu erkennen“, sagt Sonneborn. Im Übrigen habe der Bürgermeister angekündigt, sich nicht an der Diskussion zu beteiligen und sie bei der Abstimmung zu enthalten.