Bad Berleburg. Elena und Sophia sind Polizistinnen in Wittgenstein. Sie berichten, was ihre Arbeit von der in der Großstadt unterscheidet und ihren Traumberuf.
Polizist ist für viele Kinder ein Traumberuf. Wir haben mit zwei jungen Beamtinnen aus Wittgenstein darüber gesprochen, was sie an ihrem Beruf lieben. Elena (29) und Sophia (23) erklären auch wie sich der Dienst auf dem Land, von dem in der Großstadt unterscheidet und wie sie nach schweren Einsätzen abschalten und ob der Streifen- und Schichtdienst mit Familie vereinbar ist. Um die Privatsphäre der Frauen zu schützen, nennen wir nur ihre Vornamen.
Warum sind Sie Polizeibeamtinnen geworden?
Sophia: Bei mir hat das schon in der Schule angefangen. Ich habe dann auch ein Praktikum hier auf der Wache in Bad Berleburg gemacht. Das hat mir sehr gut gefallen und dann ist der Wunsch in mir auch gereift. Im Endeffekt ist es die Abwechslung, die mich überzeugt hat. Ein Vorteil ist auch, dass man einen sicheren Job hat. Verbeamtet zu sein ist auch ein Vorteil.
Des Geldes wegen wird das niemand machen…
Sophia: Nein! Es ist nicht das Geld. Es ist die Sicherheit und die Abwechslung., Kein Tag ist wie der andere.
Elena: Bei mir war das ähnlich. Ich habe mich nach der 10. Klasse in Niedersachsen für den Mittleren Dienst beworben. Das hat leider nicht geklappt – oder Gott sei Dank. So konnte ich mich drei Jahre später nach meinem Abitur in den gehobenen Dienst in NRW bewerben.
Warum wollten Sie Polizistin werden?
Elena: Bei mir war es auch ein bisschen die Sinnhaftigkeit, in einem Team zu arbeiten und Probleme anzugehen.
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Was Polizeibeamtin zum Traumberuf macht
Ist das eher ein Beruf oder eine Berufung?
Elena: Die neuen Herausforderungen, die einem jeden Tag begegnen machen das schon zu einer Berufung, weil man zum Beispiel auch zusätzliche Dienste wie an Ostern machen muss und nicht bei Familie sein kann. Das kann man nur, wenn man den Job auch liebt und gerne macht.
Sophia: Ich glaube, man kann das nicht halbherzig machen. Es gibt ja auch viele unschöne Dinge, und die muss man auch machen wollen. Zum Beispiel arbeitet niemand gerne mit Leichen. Deswegen muss man mit ganzem Herzen dabei sein. Ich könnte nicht acht Stunden nur einfach meine Zeit absitzen, das wäre nichts für mich.
Was sagen Familie und Freunde dazu, dass Sie Polizisten sind?
Sophia: Bei mir war die Reaktion positiv. Gerade Freunde, die mich vom Wesen her gut einschätzen können, wussten, das passt. Bei der Familie überwiegt der Stolz. Mein Vater war am Anfang besorgt, das hat sich gelegt, nachdem ich die Ausbildung beendet hatte.
Elena: Die Sorge spielt immer eine Rolle. Meine Mutter schickt mit jeden Tag Nachrichten von Einsätzen aus Bad Berleburg. Und ich sage dann: Ja, ich weiß‘, dass, ich bin dabei. Aber die finden es schon spannend, mitzuerleben, was im beruflichen Alltag hier passiert und fragen auch nach. Da erzähle ich dann regelmäßig auch so ein paar Geschichten. Über gefährliche Situationen lässt man manchmal auch bewusst aus. Manche Freunde fragen mich aber auch ganz bewusst nach rechtlichen Sachen – vor allem Verkehrssachen.#
Work-Life-Balance bei der Polizei
Berufsanfänger diskutieren heute viel über Work-Life-Balance. Wie schaffen Sie sich einen Ausgleich zum Alltag?
Sophia: Ich mache Sport. Entweder hier oben in der Wache im Kraftraum oder gehe Schwimmen, das ist immer gut, um den Kopf frei zu kriegen. Ansonsten versuche ich so oft es geht meine Familie und Freunde zu sehen. Das ist aber organisatorisch aufwändig. Man verbringt acht Stunden mit den Kollegen, und dann muss man auch mal was anderes sehen, um runterzukommen.
Elena: Freunde und Familie sind wichtig. Vor allem Freunde und Familienmitglieder, die nicht bei der Polizei sind, die einem mit ihren normalen Alltagsproblemen wieder erden. Ich finde auch Sport und Bewegung wichtig. Ich habe einen Hund, mit dem ich viel rausgehe. Die Natur ist ein perfekter Ausgleich. Mein Job ist eine Berufung, aber wenn ich mich umgezogen habe und meine Uniform im Spind hängt, bin ich auch aus dem Dienst raus.
Als Polizisten im Schichtdienst verbringen Sie oft mehr Zeit mit Kollegen als mit Familie oder Freunden. Wie gehen Sie damit um?
Sophia: Es braucht mehr Vorausplanung. Wir planen drei Wochen im Voraus, aber es passiert halt, dass Freunde spontan etwas machen wollen, dass man dann nicht kann. Aber der ganze Rest lässt sich oft gut unter einen Hut bringen. Was hier auf der Wache sehr positiv ist, dass man sehr viel Rücksicht aufeinander nimmt, wenn es um Feiertage wie Weihnachten oder Ostern geht. Da haben natürlich Kollegen mit Familie eher frei oder den Ostersonntag frühdienstfrei als ich. Ich brauche es nicht unbedingt. Da kann man Rücksicht nehmen und dann funktioniert das gut.
Elena: Es ist halt ein anderes Leben, man ist dafür aber auch an anderen Tagen frei. Man muss das eben wollen und gewöhnt sich dran. Mein erster Heiligabend, bei dem ich nicht bei meiner Familie sein konnte, war wirklich schlimm, aber man gewöhnt sich daran.
Arbeiten, wenn andere frei haben
Gibt es beliebte Feiertage, an denen Sie gerne Dienst schieben?
Sophia: Silvester feiere ich gerne selbst. Aber ich freue mich auch, wenn ich dann Dienst habe, weil an so einem Tag viele spannende Einsätze sind und ich kann vielen Leuten helfen und etwas Sinnvolles bewirken. Und wenn alles gut wäre, hätten wir nichts zu tun und unsere Arbeit wäre langweilig.
Elena: Klar, gibt es Tage, an denen die Familie zusammenkommt und man möchte dabei sein.
Im Fernsehen sind Polizisten immer Single oder geschieden mit einem Haufen Problemen. Wie können Polizeibeamte Familie und Beruf unter einen Hut bringen?
Sophia: Ich glaube, dass es schwieriger ist als in anderen Berufen, aber es ist möglich.
Elena: Es braucht auch viel Kommunikation und Planung, aber es ist möglich. Die Polizei hat, gerade wenn es um Frauen und spätere Familie geht, viel getan in den letzten Jahren. Wenn man Mutter ist, ein Kind hat, kann man auch Teilzeit machen. Es gibt ganz verschiedene Modelle, man ist sehr flexibel. Ich muss meine Stelle nicht aufgeben und habe dadurch keine Nachteile. Das ist das Schöne. Das gilt auch für Männer und Väter. Wenn es mit dem Schichtdienst nicht funktioniert, kann man auch andere Tätigkeiten in der Polizei übernehmen. Es gibt ganz viele tolle Optionen.
Und wo wir schon beim Schichtdienst sind… Wo gibt es die besten belegten Brötchen oder Snacks?
Sophia: Da sind manche Kollegen besser informiert als andere. Aber es gibt einige die Präferenzen haben. Polizei und Rettungsdienst sind da gut informiert
Elena: Dadurch, dass die Polizei viele jünger geworden ist, ist das Bild des Kaffee trinkenden Donut essenden Polizeibeamten komplett veraltet. Viele Junge Kollegen achten auf Sport und ihre Gesundheit und bringen ihr Essen mit.
Der Unterschied zur Arbeit in der Großstadt
In Wittgenstein leben wir kriminalitätsmäßig auf der Insel der Seligen, heißt es. Welche Unterschiede stellen Sie zwischen der Arbeit auf dem Land und in der großen Stadt fest?
Elena: Ich war drei Jahre in Münster in der Ausbildung. Der größte Unterschied ist das Thema Eigensicherung und die Zahl der Streifenwagen auf der Straße. Wir müssen früher abschätzen, was ist das für ein Einsatz? Brauchen wir Unterstützung, einen zweiten oder dritten Streifenwagen. Dann müssen wird den direkt anfordern, weil die Wege so weit sind. Man muss ein Bauchgefühl dafür entwickeln. Die Quantität der Einsätze ist im Vergleich kleiner, aber wir haben auch viel weniger Streifenwagen als in der Großstadt. Wir haben aber in Teilen mehr Zeit für die Einsatzabwicklung. Dies führt zu einem weiteren großer Unterschied im Vergleich zur Großstadt, nämlich die Kommunikation: Durch den manches Mal geringeren Zeitdruck kann man mehr Geduld aufbringen um dem Bürger wirklich ausführlich zu erklären welche Maßnahme man jetzt trifft. Letztlich versuchen wir damit auch keinen Ärger zu provozieren
Muss man eine Engelsgeduld mitbringen?
Sophia: Manchmal sind wir geduldiger, als es unbedingt nötig wäre; das fällt mir persönlich nicht immer leicht. Ich weiß aber auch, wenn es jetzt hier zum Widerstand kommt, habe ich keine Kollegen hier. Und dann erklärt man dann eben noch einmal, ehe man zum Beispiel eine Ingewahrsamnahme durchführt. Aber letztlich wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen, denn schließlich müssen wir bestimmte Maßnahmen durchführen.
Das kann eine gute Schule für Kommunikation sein…
Elena: Ich finde, es täte jedem Polizeibeamten gut, einmal auf dem Land gearbeitet zu haben, um zu sehen, wo Schwierigkeiten liegen und wie man mit Einsätzen auch anders umgehen kann.
Wie sieht Ihre berufliche Perspektive aus?
Elena: Dadurch, dass sich die Polizei sich jetzt zunehmend verjüngt, viele ältere Kollegen in Pension gehen, werden Gruppenleiterstellen oder andere strukturell wichtige Stellen durch jüngere Kollegen besetzt. Ich selbst bin auch in einer Führungsposition und mit 29 Jahren relativ jung und als Wachdienstvertreterin die einzige Frau auf dieser Wache in einer Führungsposition. Ich hoffe, dass ich mich weiter entwickeln kann und sammele bis dahin noch Erfahrung. Und ich hoffe auch, dass noch viele Frauen nach mir kommen und Führungsstellen besetzen.
Das Klischee vom Männerberuf Polizist
Die Polizei in Bad Berleburg ist inzwischen sehr viel weiblicher geworden…
Sophia: Das Männerklischee ist glaube ich vorbei. Es sind deutlich mehr Frauen, die sich für diesen Beruf interessieren.
Elena: Die Frauen tun der Polizei gut.
Sophia: (zu Elena) Du bist da echt ein Vorbild. Ich glaube, dass schon viele Frauen jetzt darauf hinarbeiten. Ich glaube man kann hier schon viel lernen, Erfahrung sammeln und in Funktionen hineinwachsen und sich ambitionierte Ziele stecken.
Können Sie sich vorstellen in Wittgenstein zu bleiben?
Sophia: Ich habe meine Familie und meinen kompletten Freundeskreis hier, aber nur auf Wittgenstein würde ich mich nicht beschränken. Wir haben hier nur den Wachdienst und ein Kommissariat, und die gesamte andere Vielfalt der Polizei ist nun mal in Siegen.
Elena: Eine regelmäßige Veränderung tut gut, auch mal woanders gearbeitet zu haben – gerade auch als Polizist. Aber ich glaube Wittgenstein ist für viele, auch für die, die nur drei, vier Jahre hier sind, eine zweite Heimat, weil hier familiäre Strukturen und viele liebe Kollegen sind.