Bad Berleburg. Basteln, backen, probieren, notieren – so läuft es in der Forschung bei Regupol BSW. Chemielaborant Kai Gerhardt gewährt uns Einblick.
„Basteln, backen, probieren, notieren“ – und das mit Chemikalien und Kunststoffen aller Art als Zutaten. So beschreibt der gelernte Chemielaborant Kai Gerhardt (34) seinen beruflichen Alltag im Bereich „Forschung und Entwicklung“ bei der Bad Berleburger Regupol BSW GmbH. Hier entstehen sowohl neue als auch immer wieder veränderte bestehende Produkte des weltweit aktiven Herstellers nicht nur von Sportböden.
Daneben gehören nämlich auch Fallschutzböden, Antirutschmatten zur Ladungssicherung, Produkte zur Trittschalldämmung und Schwingungsisolierung sowie Schutz- und Trennlagen für Bauanwendungen zur breiten Produkt-Palette des Unternehmens.
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Für die Zutaten eines neuen Produkts hat Gerhardt Kontakt zu verschiedenen Herstellern. Etwa zu einem Schuh-Produzenten, dessen Sohlen-Reste aus Kunststoff Regupol als Granulat nutzt, um daraus Baumaterial zur Trittschalldämmung herzustellen. Denn: „Wir sind ja ein Unternehmen, das einen Bodenbelag nachhaltig herstellen möchte“, erklärt Kai Gerhardt – und zwar zu fast 100 Prozent aus recyceltem Material.
Bei der Produkt-Entwicklung ebenfalls im Einsatz: das Digital-Mikroskop. „Es hilft dabei, einer Kunden-Reklamation auf den Grund zu gehen, die mit bloßem Auge nicht direkt erklärbar ist“, so Gerhardt. Beispiel: „Ein Kunde reklamierte eine Rotverfärbung auf einem Bautenschutz-Produkt, die sich einige Zeit nach der Verlegung bildete. Wir waren kurz davor, neue Ware zu liefern, als sich herausstellte, dass beim Bauvorhaben ungewöhnlich viel Wasser auf dem Bauwerk stand. Und die Mikroskopie zeigte dann letztendlich, dass es sich um den Befall einer Rotalge handelte. Die Reklamation war damit vom Tisch.“
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Beim Forschen und Entwickeln brauche es oft „Fantasie und positives Querdenken“ im besten Sinne, sagt Gerhardt. „Wir versuchen dann etwas, von dem man nicht glaubt, dass es funktioniert“ – um dann wider Erwarten damit Erfolg zu haben.
Gut geführtes Familienunternehmen
Warum arbeitet Kai Gerhardt bei Regupol? Früher sei es seine Verbindung zu den Produkten gewesen, die im Sportbereich eingesetzt werden, erzählt der 34-Jährige, der gerne auf dem Hesselbacher Gletscher Ski fährt und Fußball beim SV Oberes Banfetal spielt – aber eben auch die Nähe zu seinem Heimatort Hesselbach, wo er mit seiner Frau und seinem Sohn (2) lebt.
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Perspektiven
Wie sehen Ihre berufliche und Ihre persönliche Perspektive aus, Herr Gerhardt? „Mein Wunschgedanke wäre es, ein Familienvater zu sein, der extrem viel Zeit mit seiner Familie verbringen kann, bei ,Rock am Ring’ den ,Foo Fighters’ am Schlagzeug aushilft und in den Wintermonaten als Test-Skifahrer für alle namhaften Marken zur Verfügung steht.“
Was die Arbeit bei Regupol betreffe, „gefällt es mir mit den jetzigen spannenden Projekten so, wie es ist“. Was der 34-Jährige allerdings etwas vermisst: das Homeoffice. Doch das lasse der handwerkliche Umgang mit den Zutaten für neue Produkte leider nicht zu.
Heute seien eher „meine direkten Kollegen und die Arbeit an sich“ die Gründe, warum ihm der Beruf nach wie vor Spaß mache, sagt Gerhardt. Aber auch das gut geführte Familienunternehmen, dessen gutes Image und modernes Marketing in allen Medien, dessen Ausstattung und stetige Investitionen nicht zuletzt in die Entwicklung der enormen Produkt-Vielfalt für ganz spezielle Einsatzzwecke sorgten für ein gutes Betriebsklima.
Erfolgreich entwickelt: Antirutschmatte für Glas
Bei Regupol geforscht werde nicht selten im Auftrag der Kunden, berichtet Gerhardt. So habe sich neulich ein Unternehmen besonders rutschfeste Dach- und Gehweg-Platten gewünscht, über die Wartungspersonal auf Dächern installierte Photovoltaik-Anlagen sicher erreichen kann. Da habe dann bei der Entwicklung des Produkts auch der Faktor Zeit eine Rolle gespielt, erinnert sich Gerhardt – eine besondere Herausforderung.
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Kai Gerhardt gehört zu einem siebenköpfigen Team mit zwei Chemielaboranten, zwei studierten Chemikern, einem Industriekaufmann und zwei Monteuren, die bei der Erstellung und Montage von Prüfmustern helfen. Gemeinsam erfolgreich entwickelt hat das Team zum Beispiel eine spezielle Antirutschmatte für den Transport von scharfkantigem Glas.
Handwerkliches Geschick
Zwischendurch setzt sich Gerhardt im Lager auch mal selbst auf den Gabelstapler. Damit transportiert er die Rohstoffe, die das Forschungsteam braucht, um etwa den Prototypen eines Produkts zu erarbeiten. Und letzteres „erfordert handwerkliches Geschick“ – vor allem mit PC, Taschenrechner, Hammer, Akku-Schrauber, Sägen und Stanzen als Werkzeuge.
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In seiner Schulzeit habe er eigentlich noch gar keinen Wunschberuf gehabt, erzählt Gerhardt – und deshalb erst einmal Abitur gemacht. Dann wollte der junge Hobby-Musiker – Gesang, Gitarre, Schlagzeug, Klavier, gerne auch in seiner Band „Kai Gerhardt & The Backroundboys“ gemeinsam mit Freunden – Instrumentenbauer werden. Doch die Ausbildung in Frankfurt war ihm „zu weit weg“. Im Zivildienst lernte er den Pflegeberuf kennen – doch da gebe es insgesamt „schlechte Rahmenbedingungen“.
Bitte an Berufseinsteiger
Schließlich bewarb sich Gerhardt für eine kaufmännische Lehre bei mehreren heimischen Unternehmen – und landete bei seinem heutigen Arbeitgeber, der damals noch unter „BSW“ firmierte. Beim Durchlaufen verschiedener Abteilungen im Hause begeisterte sich Gerhardt dann für die Forschung. Dirk Pöppel, einer der Geschäftsführer, habe ihm dann eine zweite Ausbildung als Chemielaborant ermöglicht, in Kooperation mit der Uni Marburg. Seit 2010 gehört Kai Gerhardt nun schon zum Unternehmen, seit 2013 zum Forschungsteam.
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Was der 34-Jährige allen jungen Berufseinsteigern ans Herz legt: „Erstmal kleine Brötchen backen und eine gewisse Demut an den Tag legen.“ Oft sei ein im Ganzen ausgesprochenes „Guten Morgen“ oder „Guten Tag“ ein guter Anfang. Leider bleibe das „hier und da sowohl im Berufsleben als auch im Verein schon mal auf der Strecke“.