Wittgenstein/Erndtebrück. In Wittgenstein häufen sich Fälle. Oft sind Arbeiten am Glasfasernetz die Ursache. Das muss nicht sein, sagt Westnetz und hat Tipps für Baufirmen.

Für die Feuerwehr ist es ein ABC-Alarm mit vielen Schreckensszenarien. Wenn bei Bauarbeiten Gasleitungen zerstört werden, drohen Explosionen – und Personenschäden. In den letzten Monaten gab es drei solcher Fälle in Erndtebrück und Bad Laasphe und zum Glück verliefen sie alle glimpflich. Viel wichtiger aber für den zuständigen Energieversorger und Netzbetreiber Westnetz: Solche Fälle müssten gar nicht entstehen, weil es Leitungspläne gibt.

Ein drittel aller Fälle ist Fremdverschulden

Patrick Plate von Westnetz erklärt die Hintergründe: „Rund ein Drittel aller Stromausfälle im Netzgebiet des Verteilnetzbetreibers Westnetz sind auf Dritte zurückzuführen. Deshalb sollte im Vorfeld von Erdarbeiten eine Auskunft über die Lage von Versorgungsleitungen eingeholt werden.“

Sein Unternehmen bietet dafür eine kostenlose Online-Bauauskunft zu Strom-, Gas- und Telekommunikationsleitungen im eigenen Netzgebiet. Dafür müsse man sich nur im Internet als Bauausführender registrieren und könne die Planauskünfte dann im Internet unter https://bauauskunft.westnetz.de/ kostenlos herunterladen. Über die Adress-Suche sei erkennbar, ob Anlagen oder Leitungen von den Baumaßnahmen betroffen seien.

Nur mit äußerster Vorsicht arbeiten

Wichtig dabei: Strom- und Gasleitungen verlaufen entlang von Straßen, durch Vorgärten und können Grundstücke queren. Sie können auch da vorhanden sein, wo man sie nicht vermutet. „Auch wenn die Lage eines Stromkabels oder einer Gasleitung bekannt ist, sollten Arbeiten in deren Nähe immer mit äußerster Vorsicht durchgeführt werden“, sagt Andrea Müller, zuständige Teamleiterin der Netzdokumentation bei Westnetz im Regionalzentrum Sieg.

Es besteht unmittelbare Lebensgefahr

Das Thema Arbeitssicherheit habe für den Energieversorger einen hohen Stellenwert. Deswegen erhalte man zu Planauskünften auch die Broschüre „Schutzanweisung Versorgungsanlagen“. Sie enthält wichtige Hinweise zum Schutz der Anlagen vor Schäden und zur Verhütung von Unfällen. Durch Einholung der Planauskunft kommen Bauende übrigens ihrer „Erkundigungspflicht bei Bauarbeiten im Bereich von Versorgungsanlagen nach“. Wenn trotz aller Vorsicht eine Versorgungsleitung beschädigt wird, besteht meist eine unmittelbare Lebensgefahr für den Verursachenden, so Plate. „Bei einem Unfall gilt es, schnellstmöglich einen Notruf abzusetzen. Die Rettungsstellen sind mit dem Verteilnetzbetreiber verbunden, sodass eine entsprechende Reaktion sofort erfolgen kann.“ Neben den Unfallgefahren drohen den Verursachenden hohe Kosten für Reparaturarbeiten.

Schäden sofort melden

Sofort gemeldete Beschädigungen könnten oftmals mit relativ geringem Aufwand repariert werden. Das Beheben von Folgeschäden, die erst einige Zeit später auftreten, sei meist mit hohem Kostenaufwand für die verursachende Person verbunden, so Plate abschließend.

Lange Liste von Schadensfällen in Wittgenstein

2023: Am 3. April wird im Erndtebrücker Lärchenweg eine Gasleitung durch einen Bagger beschädigt.

2023: Am 6. März wird eine Gasleitung im Puderbacher Weg in Bad Laasphe beschädigt. 50 Haushalte sind betroffen und von der Gasversorgung für Stunden abgeschnitten. Wohnhäuser werden evakuiert.

2022: Am 3. Juli trifft ein Bagger eine Gasleitung am Lehrberg in Bad Laasphe. Auch hier muss die Umgebung evakuiert werden. Grund für die Bauarbeiten ist die Glasfaser-Verkabelung.

2022: Am 23. Juni wird ein Zaunpfahl in eine Gasleitung auf einem Privatgrundstück in Wemlighausen gerammt. Auch hier werden Wohnhäuser evakuiert und die Unglücksstelle weiträumig abgesperrt.

2021: Am 28. Juni 2021 wird bei Bauarbeiten eine Gasleitung in der Erndtebrücker Mozartstraße getroffen.

2021: Am 7. Juni wird bei Bauarbeiten auf einem Grundstück in Girkhausen eine Stichleitung für Gas getroffen – und löst einen Feuerwehr-Einsatz aus.

2021: Am 16. April werden mehrere Häuser im Ortskern von Wemlighausen wegen eines vermuteten Gaslecks evakuiert.

2020: Am 30. Juni wird bei Bauarbeiten für das Glasfasernetz eine Gasleitung am Nordknoten in Bad Berleburg beschädigt. Die weiträumige Absperrung hat ein Verkehrschaos zur Folge.

2020: Am 24. Juni wird bei Bauarbeiten ein Stromkabel in der Bad Berleburger Sählingstraße getroffen. Elf Ortsnetzstationen und vier große Kundenanschlüsse in Bad Berleburg haben 45 Minuten lang keinen Strom.

2020: Wenige Tage zuvor hatte das gleiche Bauunternehmen mit seinem Bohrer eine etwa drei Meter tief liegende, in einem Stahlrohr gesicherte 10.000-Volt-Leitung getroffen und für eine Stromausfall in der Stadt gesorgt.

2017: Am 16. November entgeht Bad Berleburg nur knapp einer Katastrophe, als eine Bodenfräse bei Arbeiten zur Verlegung von Glasfaserkabeln eine Gasfernleitung trifft. Bis der Druck aus der abgeschieberten Leitung heraus ist, muss für Stunden auch eine Hauptstromleitung vom Netz genommen werden. Tausende Haushalte sind ohne Strom.