Puderbach. Freiflächen-Photovoltaik bewegt die Menschen. Das zeigen der Ortstermin und die Sitzung im Rathaus. Nur mit dem Ergebnis hat niemand gerechnet.
Es war ein besonderer Tag für Puderbach und für die Bad Laaspher Politik – mit einem überraschenden Ende. Fazit: Das Thema Freiflächen-Photovoltaik hat nicht nur das Potenzial, ganze Ortschaften zu spalten, es führt auch zu ganz ungewöhnlichen Kehrtwendungen in der Politik.
Rund 50 Menschen aus Puderbach waren am Mittwochabend auf die „Muckenwiese“ gekommen. Hier wollte sich der Bauausschuss vor Ort ein Bild von dem Ort und auch von den Befindlichkeiten der Menschen machen. Und der Bauausschussvorsitzende Günter Wagner (CDU) musste einige Mal die Besucher des Ortstermins dazu mahnen, sich gegenseitig ausreden zu lassen und sachlich zu argumentieren.
Manuela Manske: „Eigentlich so nicht geplant“
Bereits im Vorfeld der Sitzung des Ausschusses für Umwelt-, Bau- und Denkmale und dem Ortstermin in Puderbach hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen drei Fragen an die Verwaltung formuliert, die sich auf das Thema der gesamträumlichen Planung von Photovoltaik bzw. Freiflächen-Photovoltaik beziehen. Es wirkte so, als hätten sie die Richtung der Diskussion bereits geahnt. Die Fragen beantwortete Manuela Manske in der Sitzung. Und die Abteilungsleiterin der Bauverwaltung aktualisierte dann die Antwort zur ersten Frage im Laufe der Sitzung wegen des Abstimmungsergebnisses.
1. Wie wird die Stadt Bad Laasphe zukünftig die Bewertung vornehmen, ob ein Standort geeignet ist?
Die Bewertung der Eignung eines Grundstücks für Freiflächen-Photovoltaikanlagen ergibt sich im Einzelfall durch die Prüfung des Stadtplanungsbüros in städtebaulicher Hinsicht und eines Ökologen in naturfachlicher Hinsicht. Weitere Hinweise geben die Träger öffentlicher Belange im Rahmen der jeweiligen Beteiligung.
Eine qualifizierte Untersuchung des gesamtes Stadtgebietes zur Ermittlung von geeigneten Standorten war so eigentlich nicht geplant.
2. Wie ist sichergestellt, dass die Belange des Naturschutzes berücksichtigt werden?
Es wird durch die Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde und damit des Beirates der Unteren Naturschutzbehörde sichergestellt, dass die Belange des Naturschutzes berücksichtigt werden.
3. Wird dies im Rahmen einer fachlichen Prüfung, z.B. durch einen offiziell anerkannten Naturschutzverband stattfinden?
Die offiziell anerkannten Naturschutzverbände sind Mitglied des Beirates der Unteren Naturschutzbehörde, siehe hierzu auch §70 LNatSchG NRW. Insofern wird hier auf die Antwort zu Frage zwei verwiesen.
Investor stellt Pläne vor
Arne Kohlberger stellte in einem zwölfseitigen Papier erneut seine Pläne für Freiflächenphotovoltaik auf dem bisher landwirtschaftlich genutzten 2,3 Hektar großen Areal vor. Gut 700 Haushalte könnte eine solche Anlage mit Strom versorgen und auch bei der Einspeisung gebe es keine Probleme. Allerdings wurde Kohlberger bewusst wenig konkreter: „Wir habe noch keine Anlagenplanung. Das ist alles noch nicht klar“, verweist der ortsansässige Investor auf das noch fehlende Planungsrecht. Erst wenn der Aufstellungsbeschluss gefasst werde, könnte er durch Experten konkreter planen lassen. Und Kohlberger warb auch um Gelassenheit. Ein eingeleitetes Planungs- und Genehmigungsverfahren biete zwei Mal die Gelegenheit zur Beteiligung der Bevölkerung und am Ende stehe nicht zwangsläufig auch eine Genehmigung.
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Joachim Schäfer, der für die Kritiker sprach, möchte das Projekt aber schon im frühen Stadium stoppen. „Lassen Sie es nicht zu einem Aufstellungsbeschluss für das PV-Vorhaben hier in Puderbach kommen. Anders als Herr Kohlberger und seine Unterstützer mantrahaft wiederholen, ist der Aufstellungsbeschluss nicht nur eine erste von vielen weiteren Hürden, an denen das Projekt immer noch verändert oder gestoppt werden könnte. Das stimmt nicht: Der Aufstellungsbeschluss ist praktisch schon der vorweggenommene Beschluss über das Projekt“, formulierte er die Bitte, die er für zahlreiche Puderbacher vortrug, die auch Unterschriften gegen das Projekt geleistet hätten. Die Gegner befürchten eine Versiegelung der Wiese, sinkende Biodiversität oder auch Blendwirkungen und Geräuschemissionen.
Kritiker kommen zu Wort
Es gibt aber auch Kritiker, die nicht gegen das Projekt oder erneuerbare Energien das Wort erheben, sondern gegen eine spärliche Information im Vorfeld, auch wenn Arne Kohlberger erläutert hatte, dass er Klinken geputzt und mit allen Anliegern gesprochen habe. Katja Kleinwächter monierte, dass es keine Bürgerversammlung gegeben habe und fragte: „Können wir nicht alle zusammen etwas machen?“
Ortsvorsteher Klaus Schäfer hatte die Notwendigkeit einer Bürgerversammlung in einem so frühen Stadium der Bauleitplanung nicht erkannt, gab er zu. Aber er monierte auch, dass die vielzitierte Spaltung des Dorfes erst durch die emotionale Berichterstattung der Presse entstanden sei.
Welch weite Kreise das Thema Freiflächenphotovoltaik gezogen hat, machte auch der Besuch von Alexander Rothenpieler beim Ortstermin deutlich. Der Mann vom Sohl bei Fischelbach engagiert sich gegen Windkraft und erinnerte daran, dass demnächst über 100 Anlagen in Wittgenstein entstehen könnten: „Wollen wir uns da wirklich auch noch die Wiesen mit Photovoltaik zupflastern?“, fragte er kritisch.
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In naher Zukunft wird genau dies nicht erfolgen. Dafür sorgte eine überraschende Wendung im Ratssaal. Werner Oder von der FDP hatte einen erweiternden Antrag gestellt, dass man statt des Aufstellungsbeschlusses für einen Flächennutzungsplan in Puderbach eine Raumplanung für die gesamte Stadt durchführen solle, um geeignete Standorte für Freiflächen-Photovoltaik zu finden und Wildwuchs zu vermeiden. Von dem Antrag wurden alle anderen Ausschussmitglieder inklusive der FDP überrascht. Klaus Preis (FDP) beantragte deshalb auch eine geheime Abstimmung. In Geheimer Wahl stand es nachher acht zu fünf für den Vorschlag von Oder.
Das sieht nach einem Teilerfolg der Gegner aus: Damit ist der Antrag für einen Aufstellungsbeschluss aber noch nicht ganz vom Tisch. „Der Rat ist das Beschlussgremium“, machte Bürgermeister Terlinden die rechtliche Situation klar. Zwar ist der Bauausschuss das Fachgremium zur Beratung und kann dem Rat Empfehlungen aussprechen, aber in diesem Fall ist die Vorlage nicht von der Tagesordnung im Rat verschwunden, weil im Grunde ein weitergehender Antrag beschlossen wurde. Das bedeutet, dass die Diskussion im Rat am kommenden Donnerstag erneut aufkeimen könnte und auch dort eine andere Entscheidung fallen könnte. So gesehen ist dies eben nicht nur ein besonderer Abend für Puderbach, sondern auch für Bad Laasphe.