Wittgenstein. Ein Bad Laaspher Geschäft macht ernst und schließt einen ganzen Werktag lang. Dagegen halten sich die Händler in Bad Berleburg zurück.

Der Einzelhandel steht NRW-weit zum Teil vor massiven Problemen. Händler in der Bochumer Innenstadt etwa beschäftigen sich daher derzeit mit dem Montag als Schließungstag. Ein Einrichtungshaus setzt ein erstes Zeichen und hat den sogenannten „Green Monday“ bereits eingeführt. Und wie sieht es bei Wittgensteins Händlern aus?

Bad Laasphe: Montagsschließung praktikabel

„Selbstverständlich haben wir angesichts der Energieknappheit unsere Öffnungszeiten angepasst“, sagt Heidrun Wolff, Inhaberin von „Juwelier Ideenschmiede Stähler“ an der Königstraße in Bad Laasphe. Das sei Ende Oktober vergangenen Jahres geschehen, „als das Thema Energiesparen anstand“. Und da „erschien es uns als eine der praktikabelsten Lösungen, montags zu schließen. Wie die Frisöre – das sind die Leute gewohnt, das kann man sich am leichtesten merken“.

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Heidrun Wolff, Goldschmiedin in Bad Laasphe: „Wenn wir samstags schließen würden, wäre das für die berufstätigen Kunden wesentlich schwieriger.“
Heidrun Wolff, Goldschmiedin in Bad Laasphe: „Wenn wir samstags schließen würden, wäre das für die berufstätigen Kunden wesentlich schwieriger.“ © Lisa Rita Klaus

Außerdem sei der Montag „der kunden- und auch mitarbeiterfreundlichste Tag“, findet Wolff. So ergebe sich gerade für die Beschäftigten endlich die übliche Wochenend-Länge, wenn sie – wie auch anderswo im Handel – samstags arbeiten müssten. Und der Montag lasse sich von den Mitarbeitenden gut nutzen, etwas fürs Einkaufen.

Kundschaft zeigt Verständnis

Unterdessen zeige die Kundschaft Verständnis für den geschlossenen Montag bei Stähler. Wolff: „Wenn wir samstags schließen würden, wäre das für die berufstätigen Kunden wesentlich schwieriger.“

Die Montagslösung möchte Heidrun Wolff vorerst beibehalten. Sollte sich die Energiekrise allerdings ausweiten bis hin zur gefürchteten Gasmangel-Lage, dann müsse man vielleicht „noch einmal darüber nachdenken, wie man die Öffnungszeiten weiter anpasst“.

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Aber auch sonst spare Stähler Energie, so Wolff, habe zum Beispiel die Laden-Beleuchtung auf LED umgestellt. Außerdem würden die Schaufenster nach 18 Uhr nur noch verkürzt beleuchtet.

Kostenersparnis wirklich so hoch?

„Ist das wirklich so eine gewinnbringende Idee, ist die Kostenersparnis wirklich so hoch wie gedacht?“ Das fragt sich Kilian Giese, seit kurzem neuer 1. Vorsitzender Werbegemeinschaft Pro Bad Laasphe, mit Blick auf verkürzte Öffnungszeiten. Oft sei das nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“ und eben kein deutlicher Einspareffekt für die Geschäftsleute. Und die Kundschaft? Wandere womöglich kurzerhand zu den Online-Shops im Internet ab.

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Giese selbst ist Betreiber des Fitness-Studios „RadioActiv“ an der Bahnhofstraße in Bad Laasphe. „Wir haben auf von morgens 9 bis abends 22 Uhr unter der Woche und am Wochenende von 10 bis 17 Uhr“, sagt er – etwas anderes würde gar nicht in Frage kommen. „Unsere Kunden wären auch schwer böse, wenn wir an den Öffnungszeiten schrauben – oder gar einen Tag zumachen.“ Montag, Mittwoch und Freitag seien schließlich die Haupttrainingstage im Studio.

Erndtebrück: Blumenhaus hat nachmittags zu

„Wir haben schon drei Nachmittage zu in der Woche“, sagt Ute Völkel, Inhaberin des Blumenhauses Völkel, Am Köpfchen im Erndtebrück, zu verkürzten Öffnungszeiten. Doch diese Nachmittage hätten mit der aktuellen Energiekrise nichts zu tun, betont sie. Vielmehr habe das Blumenhaus Völkel mit 70 Stück sehr viele Pflegegräber zu betreuen. „Und da müssen wir sehen, dass wir das auch bearbeitet kriegen“, erklärt Völkel. Seit drei Jahren ist das Geschäft daher dienstags bis donnerstags nur vormittags geöffnet – und das habe sich jetzt „so eingebürgert“. Die Stammkundschaft sei darauf eingestellt. Grundsätzlich seien im Blumenhaus auf Anfrage jedoch auch Beratungen außerhalb der Öffnungszeiten möglich, etwa bei Beerdigungen.

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Energie spare das Blumenhaus aber auch, berichtet Ute Völkel: Mit einem derzeit verkleinerten Gewächshaus lasse sich ein Teil der Heizkosten vermeiden.

Oft bleibt nichts anderes übrig

Michael Schnell, 1. Vorsitzender Verein Handel, Handwerk und Touristik Erndtebrück, warnt: „Zugleich bricht immer mehr In­frastruktur weg, wenn etwa Dorfläden schließen. Das wiederum bedeutet für die Kommunen weniger Einnahmen aus Gewerbesteuer.“
Michael Schnell, 1. Vorsitzender Verein Handel, Handwerk und Touristik Erndtebrück, warnt: „Zugleich bricht immer mehr In­frastruktur weg, wenn etwa Dorfläden schließen. Das wiederum bedeutet für die Kommunen weniger Einnahmen aus Gewerbesteuer.“ © Eberhard Demtröder

Aus Sicht von Michael Schnell, 1. Vorsitzender Verein Handel, Handwerk und Touristik Erndtebrück und selbst Handwerker, machen verkürzte Öffnungszeiten durchaus Sinn. Wenn ein Geschäftsmann an einem Tag ein Minus mache, weil die Kosten höher seien als die Einnahmen, bleibt einem nichts anders übrig, sagt er. Oder „Aldi Co.“, so Schnell: Viele Discounter und Supermärkte machten jetzt abends nicht mehr so lange auf.

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„Zugleich bricht immer mehr In­frastruktur weg, wenn etwa Dorfläden schließen“, warnt Schnell. „Das wiederum bedeutet für die Kommunen weniger Einnahmen aus Gewerbesteuer.“ Und für die Kunden längere Fahren zum Einkaufen.

Bad Berleburg: Tendenzen nicht festzustellen

„In Berleburg sind solche Tendenzen nicht festzustellen“, sagt Karsten Wolter, 1. Vorsitzender des Vereins Bad Berleburg Markt und Tourismus. Es sei ihm „nicht bekannt“, ob sich Erfahrungen von Händlern anderswo mit der Energiekrise bei den Geschäftsleuten hier in Bad Berleburg niederschlagen. Und wenn, dann würde das „sicherlich sehr zurückhaltend gehandhabt“, sagt Wolter – schließlich gelte es, die Einkaufsgewohnheiten der Kunden zu berücksichtigen. „Bei uns im Verein ist das kein Thema“, so Wolter weiter – denn die Öffnungszeiten seien etwas, was sich ein Geschäft ganz individuell überlegen müsse.

Kommentar: Nicht in Stein gemeißelt

Redakteur Eberhard Demtröder,
Redakteur Eberhard Demtröder, © Ralf Rottmann

Der Montag – er scheint im Einzelhandel oft nicht der umsatzstärkste zu sein. Warum also das eigene Geschäft an so einem Tag überhaupt öffnen? Bei den Frisören, aber vielfach auch in der Gastronomie ist so ein Ruhetag bereits üblich.

Wenn die Kundschaft mitspielt und sich obendrein wirklich noch Energie sparen lässt, kann das auch für die Mitarbeitenden für mehr Entspannung im Job sorgen. Und: So eine Änderung der Öffnungszeiten sind ja nicht in Stein gemeißelt. Steigt die Nachfrage wieder, können die Händler jederzeit flexibel reagieren.Eberhard Demtröder