Wittgenstein. Futter-Hersteller schlagen Alarm: Gas-Mangel bremst die Produktion. Und heimische Händler melden steigende Preise – aber nicht nur das.

Hersteller von Tiernahrung schlagen derzeit Alarm: Sollte Erdgas demnächst sehr knapp werden, sei die Produktion gefährdet. „Die Lage ist dramatisch“, sagt Georg Müller, Chef des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH). Zwei bis drei Monate könne die Lage mit den bisher hergestellten Vorräten noch überbrückt werden, „danach sieht es schlecht aus“, schätzt Müller die Situation ein. Aber auch für die Nutztier-Nahrung in der Landwirtschaft könnte es Engpässe geben. Und: Die Futter-Preise steigen, auch in Wittgenstein.

Agravis Münster kann auf Öl umstellen

„Es kann sein, dass die Auswahl beim Futter etwas geringer wird“, sagt Karl-Theo Hamm, Geschäftsführer bei der Raiffeisen Wittgenstein-Hallenberg eG, Niederlassung Raumland, mit Blick auf das Angebot für Kleintiere wie Hund und Katze. Von gravierenden Lieferproblemen höre er momentan aber nichts. Er persönlich könne sich auch „noch nicht vorstellen, dass man gerade der Lebensmittel-Industrie den Gashahn zudreht“.

Lesen Sie auch: Wittgenstein: Krieg führt zu Engpässen bei Landwirten

Wenn es aber so komme, sei zumindest das Kraftfutter-Werk von Agravis in Münster gut aufgestellt, denn: „Die haben ihre Anlagen für Öl noch stehen, können also von heute auf morgen von Gas auf Öl umstellen“, so Hamm. Von dort beziehe auch die Raiffeisen in Raumland Ware, vor allem für die Nutztiere in der Landwirtschaft.

Kraftfutter als Mehl statt Pellets

Und wenn die Futterpellets aus dem Werk als Ergänzung zum Grundfutter fürs Nutzvieh tatsächlich nicht mehr hergestellt würden, könne notfalls auch Nahrung in Mehlform verfüttert werden. Nachteile: Rinder beispielsweise würden diese Form des Futters nicht so sehr mögen, weiß Karl-Theo Hamm, und auch die Lagerung im Silo sei problematisch, weil weniger rutschfähig als Pellets und anfällig für Schadinsekten.

Lesen Sie auch: Bad Laasphe: Cairn Terrier beißt Jungen (3) ins Gesicht

Markt-Inhaber: „Viel Wirbel um nichts“

Auch der Edeka-Frischemarkt Quitadamo in Feudingen hat für die Vierbeiner seiner Kunden ein großes Sortiment an Tiernahrung im Angebot. „Und im Moment kriegen wie noch Lieferungen“, sagt Inhaber Markus Quitadamo auf Nachfrage unserer Redaktion.

Er habe derzeit auch keine Informationen, dass sich das ändern könnte. „Es wird auch viel Wirbel um nichts gemacht“, ärgert er sich über den Alarm, den die Tierfutter-Hersteller da gerade schlagen. „Der Markt habe schon einiges bewerkstelligt, was man nicht gedacht hätte“, erinnert sich Quitadamo – beim Mehl zum Beispiel, das irgendwann einmal auch wieder zurück ins Supermarkt-Regal gefunden habe.

Unterdessen fahren laut Raiffeisen-Geschäftsführer Hamm die Tierfutter-Preise Achterbahn. In der ersten Phase des Ukraine-Krieges seien sie erst um 20 Prozent gestiegen, hätten dann aber wieder nachgegeben. Derzeit „liegen die Preise etwa zehn Prozent höher als im Januar, bei allen Produkten der Tiernahrung“. Und was ist da noch zu erwarten? Hamm: „Es kommt auch so ein bisschen darauf an, ob endlich das Getreide aus der Ukraine auf den Weltmarkt kommt. An eine große Preissenkung glaube ich im Moment jedenfalls nicht.“ Vielmehr geht Hamm davon aus, dass Preise bei anhaltender Trockenheit und geringeren Ernten weltweit weiter steigen.

Barfen als Alternative

Und was mache ich als Hunde- oder Katzen-Halter, wenn wirklich Ebbe ist im Tierfutter-Regal? „Wenn es nur ums Trockenfutter geht, kann auch gebarft werden“, findet Lena Frank, Tierarzthelferin in der Bad Berleburger Tierarztpraxis Insa Biedermann. Beim Barfen werden Rationen aus frischem oder tiefgekühltem Fleisch, Innereien, Knochen und Fisch an die Tiere verfüttert. Obst und Gemüse als Futter seien aber ebenso möglich.

Lesen Sie auch: Dachsloch: Die ersten Vizslador-Welpen waren „ein Unfall“

Vorsicht sei allerdings bei Weintrauben geboten, warnt Frank – denn die könnten bei Hunden Nierenversagen auslösen. Das Barfen sei im Übrigen weder teurer noch wesentlich aufwändiger als der Umgang mit dem Tierfutter aus dem Supermarkt. „Man zahlt für gutes Trockenfutter ebenso viel wie fürs Fleisch“, hat die Tierarzthelferin, die selbst Hundehalterin ist, festgestellt.