Wittgenstein. Bürgermeister Terlinden möchte lange Wege für Bürger vermeiden. Doch die Ortsvorsteher reagieren auch kritisch auf die Idee, sie einzubinden.

Die Bad Laaspher Stadtverwaltung denkt im Rahmen ihrer „Vorsorgemaßnahmen für eine Energiemangel-Lage“ darüber nach, dass bei einem längeren und flächendeckenden Stromausfall „Ortsvorsteher als Anlaufstellen dienen“, sagt Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden unserer Redaktion. Die Reaktionen in den Ortschaften dazu fallen unterschiedlich aus.

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So zu verfahren mache jedenfalls Sinn, so Terlinden, „um lange Wege für die Bürger zu vermeiden und die Kommunikation auf dem Stadtgebiet für Notfälle sicherzustellen“. Die Verwaltung wolle die Ortsvorsteher „mit entsprechender Technik so ausstatten, um dann eine Verbindung mit der nächsten Feuerwache herstellen zu können, damit dann Feuerwehr- oder Rettungswagen alarmiert werden“, erläutert der Bürgermeister.

Das sagt der Feuerwehr-Chef

„Für Bad Laasphe habe ich ins Spiel gebracht, dass wir die Ortsvorsteher einbinden, weil wir nicht in jeder Ortschaft ein Feuerwehrgerätehaus haben“, sagt Dirk Höbener, Leiter der Bad Laaspher Feuerwehr. Die Gerätehäuser würden ja öfter mal als Anlaufstellen genutzt, damit die Bevölkerung Notrufe absetzen könne, wenn etwa der Notruf 112 ausgefallen sei. Und bei einer Energiemangel-Lage müssten alle Ortschaften mit so einer Möglichkeit versorgt werden. Da müsse man bei der Einrichtung von Notfall-Meldestellen kreativ sein, so Höbener, dürfe eben nicht nur die Gerätehäuser im Blick haben.

Dirk Höbener, Leiter der Feuerwehr in Bad Laasphe: „Für Bad Laasphe habe ich ins Spiel gebracht, dass wir die Ortsvorsteher einbinden, weil wir nicht in jeder Ortschaft ein Feuerwehrgerätehaus haben.“
Dirk Höbener, Leiter der Feuerwehr in Bad Laasphe: „Für Bad Laasphe habe ich ins Spiel gebracht, dass wir die Ortsvorsteher einbinden, weil wir nicht in jeder Ortschaft ein Feuerwehrgerätehaus haben.“ © Privat

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Ihr Alarmierungssystem über die sogenannte Divera-App auf dem Smartphone habe die Feuerwehr den Ortsvorstehern bereits vorgestellt. „Jetzt müssten wir ihnen aber noch Regeln an die Hand geben, wie sie sich in solchen Lagen verhalten sollten“, so Höbener.

Gerätehäuser „notstromversorgt“

Bei einer Mangel-Lage werde die Bad Laaspher Feuerwehr eine wichtige Rolle spielen, so deren Chef. Von einem sogenannten Meldekopf im Feuerwehrgerätehaus Kernstadt an der Wehrstraße aus wolle man dann die Kommunikation zu den anderen Gerätehäusern und den Ortsvorstehern aufrechterhalten.

Das könne gelingen, so Höbener, weil die Gerätehäuser „notstromversorgt“ seien. Allerdings müsse man das „noch ein bisschen ausbauen“, müsse Technik für Funk und/oder Satelliten-Telefon beschaffen.

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Aber auch die Bürgerin und der Bürger selbst müssten sie auf solche Mangel-Lagen vorbereiten, findet der Feuerwehr-Chef – „das ist extrem wichtig“. Sinnvoll sei es zum Beispiel, größere Lebensmittel-Vorräte anzulegen und Öfen bereit zu halten, die mit Holz befeuert werden können. Man sollte aber auch auf die Nachbarn achten, um ihnen im Bedarfsfall helfen zu können. Mehr Hinweise gebe im Internet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

So reagieren die Ortsvorsteher

„Also, das ist jetzt neu für mich“, zeigt sich Banfes Ortsvorsteher Michael Ermert überrascht von den Überlegungen im Rathaus und bei der Feuerwehr. Und: „Ich weiß nicht, ob man das leisten kann“, sagt er. Was die Ortsvorsteher denn im Fall einer Mangel-Lage konkret tun sollten, fragt sich Ermert. Man müsse ja auch bedenken, dass nicht alle Ortsvorsteher Rentner seien, sondern auch noch berufstätig. Und die Berufstätigen fragten sich „je nach Berufsfeld und Umfang der Verantwortung“ natürlich in so einer Lage: „Was ist an meinem Arbeitsplatz los?“ Ermerts erste Priorität wäre dann jedenfalls die Bad Laaspher Raiffeisen-Genossenschaft, deren Geschäftsführer er ist.

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Andrea Knebel, Ortsvorsteherin in Rückershausen, findet die Idee „ganz toll“. Schließlich wüssten die Ortsvorsteher „am ehesten, wo es wirklich im Dorf brennt“, wo jemand erkrankt oder pflegebedürftig sei und mehr Hilfe brauche als andere. Allerdings rät auch sie wie Feuerwehr-Chef Höbener ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu, sich auf so eine Mangel-Lage vorzubereiten – mindestens für eine Woche. Und jüngere Bewohner, die mit Elektronik, mit dem Smartphone groß geworden seien, sollten sich im Klaren darüber sein: „Viele Dinge laufen dann nicht.“

Günter Wagner, Ortsvorsteher Bermershausen, nimmt die verfügbaren Räumlichkeiten für Anlaufstellen in den Blick. „Und dann müssen wir aus der Situation das Beste machen.“
Günter Wagner, Ortsvorsteher Bermershausen, nimmt die verfügbaren Räumlichkeiten für Anlaufstellen in den Blick. „Und dann müssen wir aus der Situation das Beste machen.“ © CDU Bad Laasphe

In den ganz kleinen Ortschaften gebe es nun einmal oft keine städtischen Gebäude als Anlaufstelle, sagt Günter Wagner, Ortsvorsteher von Bermershausen mit seinen rund 200 Einwohnern. Er kann sich für die Bermershäuser und auch für das benachbarte Saßmannshausen die Volkshalle in Feudingen als Anlaufstelle vorstellen. Dazu stünden die Ortsvorsteher der drei Dörfer bereits untereinander in Kontakt, müssten aber auch den Bürgermeister einbinden, findet Wagner. „Und dann müssen wir aus der Situation das Beste machen.“

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Für Rüppershausen könne die Festhalle „Alte Brache“ Anlaufstelle sein, denkt Wagner weiter, für Rückershausen die alte Schule. Und für Banfe, Laaspherhütte, Herbertshausen, Fischelbach und Bernshausen im Oberen Banfetal vielleicht die Banfer Festhalle. Es müsse gelten: „Alles ausschöpfen, was verfügbar ist.“ Für eine Unterbringung würden die Flächen verfügbarer Hallen allerdings wohl nicht ausreichen – schon gar nicht in Holzhausen und auch nicht im kleinen Saßmannshäuser Spritzenhaus, das immer wieder als Wahllokal genutzt werde. „Solche Stromausfälle sind ja durchaus denkbar“, nimmt Wagner die drohende Gefahr ernst – und erinnert an den Anschlag auf Glasfaser-Strecken der Deutschen Bahn gerade erst im vergangenen Oktober. Die Sabotage hatte fatale Folgen für den Bahnverkehr in weiten Teilen Deutschlands.

Blick in die Nachbarkommunen

Inwiefern die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher bei einer Energiemangel-Lage wie einem Stromausfall integriert werden, „wird situativ und bedarfsgerecht entschieden“, so die Abteilung Brand- und Bevölkerungsschutz im Rathaus Bad Berleburg. Koordinierend agiere „in einem solchen Fall der Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt, der mit seinen ständigen und temporären Mitgliedern kurzfristig zusammenkommen und seine Arbeit aufnehmen kann“.

Stichwort Anlaufstelle: Im Stadtgebiet gebe es „insgesamt 18 Feuerwehrgerätehäuser in 23 Ortschaften, die im Bedarfsfall besetzt werden können. Teils dienen diese Gebäude dann für zwei Ortsteile, beispielsweise für Aue-Wingeshausen und Schüllar-Wemlighausen“. Auch die Stadt Bad Berleburg verweist seine Bürgerinnen und Bürger auf den Notfallratgeber des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, kostenlos im Internet zum Download bereit.

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Und in Erndtebrück? „Bei einer Energiemangel-Lage und einem damit einhergehendem Ausfall von Kommunikationsmöglichkeiten würden in allen Ortschaften, die über ein Feuerwehrgerätehaus verfügen, diese Gerätehäuser durch Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr besetzt“, heißt es aus dem Rathaus. „Dort wäre die Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen Ortschaft in Notfällen. Die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher sind unabhängig davon allerdings wichtige Bindeglieder zur Gemeindeverwaltung und wären dies auch in möglichen Krisensituationen.“

Das Feuerwehrgerätehaus in Erndtebrück – es würde „bei einem Ausfall von Kommunikationsmöglichkeiten durch Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr besetzt“.
Das Feuerwehrgerätehaus in Erndtebrück – es würde „bei einem Ausfall von Kommunikationsmöglichkeiten durch Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr besetzt“. © Lisa Klaus