Wittgenstein. Die Grundschule in Feudingen meldet 25 Prozent erkrankte Schüler und Lehrer. Schulleiter erwägen Alternativen zum normalen Unterricht.

Die Infektionswelle rollt: Mit einem hohen Krankenstand kämpfen derzeit Schulen, vor allem aber die Kindertagesstätten in Wittgenstein. Kinder und Jugendliche wie auch Erzieherinnen und Lehrer melden sich oft ab, weil sie heftige Erkältungen und Fieber plagen.

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„Von etwa 85 Kindern sind nicht einmal die Hälfte da“, berichtet zum Beispiel Ute Gatzemeier, Leiterin der evangelischen Kita „Senfkorn“ am Sengelsberg in Bad Berleburg. „In einer Gruppe mit ansonsten 21 Kindern hatten wir am Freitag nur fünf Kinder hier.“ Und diese wenigen Kinder seien auf die anderen drei Gruppen aufgeteilt worden. „Das kann aber schon morgen wieder ganz anders sein“, beruhigt sie.

Eltern zeigen meist Verständnis

Und bei den Erzieherinnen? „Über die Corona-Zeit haben wir uns ja wacker geschlagen“, sagt Gatzemeier – aber jetzt? „Es fehlen heute sieben Erzieherinnen von insgesamt 14.“ Und manche hätten sich bereits für die ganze Woche krankgemeldet.

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Die Eltern seien darüber informiert worden, so die Kita-Leiterin, „dass wir zumindest in dieser Woche die normalen Öffnungszeiten nicht halten können“. So würden die Kinder schon zwei Stunden früher als gewohnt nach Hause geschickt. Unterdessen hätten die Eltern viel Verständnis für die Lage, ist Gatzemeier erleichtert. Die Eltern begäben sich zum Teil sogar ins Homeoffice, um sich um ihr Kind kümmern zu können. Den Vätern und Müttern empfiehlt Gatzemeier, jeden Tag in die App der Kita hineinzuschauen, um auf dem aktuellsten Stand zu sein.

Noch kein Gedanke an komplette Schließung

Ute Gatzemeier, Leiterin der evangelischen Kita „Senfkorn“ am Sengelsberg in Bad Berleburg: „Von etwa 85 Kindern sind nicht einmal die Hälfte da. In einer Gruppe mit ansonsten 21 Kindern hatten wir am Freitag nur fünf Kinder hier.“
Ute Gatzemeier, Leiterin der evangelischen Kita „Senfkorn“ am Sengelsberg in Bad Berleburg: „Von etwa 85 Kindern sind nicht einmal die Hälfte da. In einer Gruppe mit ansonsten 21 Kindern hatten wir am Freitag nur fünf Kinder hier.“ © Eberhard Demtröder

Bei den Kindern seien es offenbar vorwiegend grippale Infekte und Erkältungen, schätzt die Kita-Leiterin – mit extrem hohem Fieber. Aber auch Bindehaut-Entzündungen hat sie bemerkt. Und die Erzieherinnen klagten über Erkältungen, Fieber, Gliederschmerzen. Sicher: „Das hatten wir sonst auch immer in dieser Jahreszeit“, erinnert sich Gatzemeier – aber diesmal träten die Infektionen verstärkt auf – und hauten die Betroffenen nicht selten für ein oder zwei Wochen um. Ans komplette Schließen der Kita denkt Ute Gatzemeier derzeit nicht: „Das würden wir erst tun, wenn nur noch eine Erzieherin hier ist.“

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„Wir können das nur bestätigen“, sagt Sabine Afflerbach von der AWO-Großtagespflege „Abenteuerland“ an der Siegener Straße in Erndtebrück mit Blick auf die Liste der Erkrankten. „Von unseren neun Kindern kommt gerade ungefähr die Hälfte.“ Und ihr Team bestehend aus Tagespflegepersonen arbeite im Moment „nur zu zweit statt wie sonst zu dritt“. Ganz oft gebe es auch nur eine Notbetreuung für maximal fünf Kinder, fügt Afflerbachs Kollegin Anette Scholz hinzu. Die Eltern seien auch schon über Wochen „ganz geduldig am Umorganisieren“, ließen ihre Kinder etwa von der Oma betreuen.

Zum Teil 40 Prozent Ausfallquote

Gesundheitsamt: Vermehrt RS und Influenza

Aktuell gibt es in ganz Deutschland eine Grippe- beziehungsweise Erkältungswelle. Laut Dr. Christoph Grabe, Leiter des Gesundheitsamtes für den Kreis Siegen-Wittgenstein, ist dies jedoch zu dieser Jahreszeit völlig normal und sei kein Grund zur Sorge.

Nach zwei Jahren Pandemie habe es aufgrund der reduzierten Kontakte und der vielen Schutzmaßnahmen nur wenige Berührungspunkte mit Viren gegeben. Durch den Wegfall der Maßnahmen und der Zunahme der persönlichen Kontakte steige die Anzahl der Grippe-Kranken an. „Das führt aktuell dazu, dass sich Kinder vermehrt mit RS-Viren und Erwachsene mit Influenza-Viren infizieren und erkranken“, so Dr. Grabe zur aktuellen Gefahrenlage.

Wer sich vor einer Erkrankung besser schützen möchte, sollte auf altbewährte Taktiken zurückgreifen – denn den besten Schutz vor einer Infektion bieten weiterhin die hinlänglich bekannten Maßnahmen wie Abstand halten, Hände waschen und regelmäßiges Lüften in geschlossenen Räumen.

Hohes Fieber, Atemwegsinfekte – das hat Sabine Afflerbach bei den Kindern der Einrichtung festgestellt. Zum Glück gebe es keinen bestätigten RS-Virus-Fall, aber Kinder, die über 14 Tage ausfallen. Da müsse die Tagespflege „flexibel reagieren“. Droht die Schließung? „Ausschließen kann man das nicht“, sagt Afflerbach.

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In diesem Jahr schließe die Erndtebrücker Großtagespflege aber ohnehin schon eine Woche vor dem Start in die Weihnachtsferien, weil noch Urlaub aus Corona-Zeiten abzufeiern sei, so Afflerbach.

Notgruppen oder verkürzte Öffnungszeiten

Für einige seiner Wittgensteiner Kitas meldet der AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe als Träger schon seit Wochen sehr viele Erkrankte, spricht von einem „enormen Personal-Notstand“. Einige Einrichtungen hätten gar „eine Ausfallquote von etwa 40 Prozent“.

Je nach Anzahl der Ausfälle „werden Notgruppen oder verkürzte Öffnungszeiten angeboten, um die Aufsichtspflicht der Kinder zu gewährleisten“, teilt Annalena Weber von der AWO-Stabsstelle Marketing, Presse und Öffentlichkeitsarbeit auf Anfrage unserer Redaktion mit.

Grundschule Feudingen

„Etwa 25 Prozent der Schüler und auch der Lehrkräfte sind erkrankt“, berichtet Thorsten Denker, Leiter der Grundschule in Feudingen – und das sei „schon heftig“. Allerdings habe die aktuelle Lage „noch keine Folgen für den Unterricht, den kriegen wir geregelt“. Es würden aber etwa zwei Parallelklassen zusammengelegt, wenn die Zahl der Schüler dort arg dezimiert sei.

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Bei dieser Welle geht Denker von „verschiedensten Erkältungskrankheiten“ aus. Den Eltern empfiehlt der Schulleiter wie auch schon in der Corona-Pandemie: Wenn das Kind Symptome habe, bleibe es besser zuhause – und es sei zu erkunden, was es genau für eine Krankheit habe. Denker: „Schicken Sie Ihr Kind nicht krank zur Schule.“

Städtisches Gymnasium Bad Laasphe

Corie Hahn, Leiterin des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe: „Die Grippewelle ist da – und sie betrifft alle Jahrgänge. Aber nicht in solch einem Ausmaß, dass wir ganze Klassen schließen.“
Corie Hahn, Leiterin des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe: „Die Grippewelle ist da – und sie betrifft alle Jahrgänge. Aber nicht in solch einem Ausmaß, dass wir ganze Klassen schließen.“ © Eberhard Demtröder

„Die Grippewelle ist da“, sagt Corie Hahn, Leiterin des Städtischen Gymnasiums in Bad Laasphe. Und sie betreffe alle Jahrgänge. Jedoch nicht in solch einem Ausmaß, „dass wir ganze Klassen schließen“. Es gebe „noch keine gravierenden Unterrichtsausfälle“.

Von rund 485 Schülerinnen und Schülern hätten sich allein am Montag 25 bis 30 telefonisch krankgemeldet. Was vorher Corona gewesen sei, „ist jetzt Grippe“, so Hahn. Derzeit hätten gerade einmal zwei Schüler angerufen, dass sie positiv auf das Corona-Virus getestet worden seien. Im Kollegium seien momentan vier oder fünf von insgesamt 45 Lehrkräften wegen Krankheit ‘raus – mache also einen Krankenstand von etwa zehn Prozent.

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Problematisch wegen der Krankenstände bei Schülern und Lehrern: Es müssten jetzt mehr Klausuren in der Oberstufe oder Klassenarbeiten in Unter- und Mittelstufe nachgeschrieben werden, so die Schulleiterin. Sie geht davon aus, dass der Nachschreibetermin in der Aula kurz vor den Zeugnissen gut besucht sein werde.

Kinderkrankengeld

Übrigens: Laut Bundesfamilienministerium können gesetzlich krankenversicherte Eltern in 2022 und 2023 je gesetzlich krankenversichertem Kind für 30 Arbeitstage Kinderkrankengeld beantragen. Bei Alleinerziehenden sind es 60 Arbeitstage. Bei mehreren Kindern besteht der Anspruch je Elternteil für maximal 65 Arbeitstage, für Alleinerziehende maximal 130 Arbeitstage.

Das Kinderkrankengeld beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettogehalts.