Erndtebrück. Mit Michael Hartwich (39) aus Birkefehl soll es einen Neuanfang geben. Die Redaktion hat aber auch mit grünen Urgesteinen gesprochen.

CDU, SPD, FDP und UWG – allein diese vier Parteien machen nun schon seit gut zwei Jahrzehnten die Politik in Erndtebrück. Und die Grünen? Nach der NRW-Kommunalwahl 1994 saßen sie noch mit zwei Vertretern im Erndtebrücker Rat, ab 1999 nur noch mit einem. 2004 scheiterte die Partei mit 3,4 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde – und seit 2009 traten sie erst gar nicht mehr an. Doch es gibt Hoffnung.

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So planen die beiden grünen Ortsverbände Bad Berleburg und Bad Laasphe, wie berichtet, sich einerseits als „Grüne Wittgenstein“ breiter aufzustellen, sich aber andererseits auch um Erndtebrück zu kümmern – der einzigen Kommune im Kreis Siegen-Wittgenstein, in der es derzeit keinen grünen Ortsverband gibt. Die wenigen Mitglieder dort gehören zum Ortsverband Bad Berleburg.

Veränderungen in der Umwelt lassen Hartwich aktiv werden

Auch Michael Hartwich (Foto, 39) aus Birkefehl ist seit ein paar Tagen Mitglied des Berleburger Ortsverbandes. Der „zugelöfene Sejerlänner“ aus Rinsdorf lebt seit mittlerweile zehn Jahren mit Frau und zwei Kindern (8 und 4) in einem kleinen ehemaligen Bauernhof. Ausschlaggebend für seine Entscheidung, „sich auch politisch zu engagieren, waren die immer deutlicher werdenden Veränderungen in unserer Umwelt“, erklärt der Familienvater. „Ich wohne in Birkefehl direkt am Birkelbach. Seit Mai ist der Bach ausgetrocknet, und auch andere Gewässer trocknen immer früher aus. Die abgestorbenen Fichten-Monokulturen sind allgegenwärtig. Ich denke, dass wir heute durch kluge Entscheidungen die Weichen für die nächsten Generationen stellen müssen. Und hier sehe ich bei den Grünen den größten Weitblick.“

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Michael Hartwich, neues Mitglied der Grünen, zur Frage, ob Erndtebrück einen eigenen grünen Ortsverban braucht: „Ja, denn nur so haben wir mittelfristig die Möglichkeit, im Gemeinderat grüne Positionen einzubringen und in den Ausschüssen mitzuarbeiten.“ 
Michael Hartwich, neues Mitglied der Grünen, zur Frage, ob Erndtebrück einen eigenen grünen Ortsverban braucht: „Ja, denn nur so haben wir mittelfristig die Möglichkeit, im Gemeinderat grüne Positionen einzubringen und in den Ausschüssen mitzuarbeiten.“  © Privat

Sein Engagement in der Partei „wird die Zukunft zeigen“, sagt Hartwich. „Zunächst einmal würde ich mich freuen, wenn sich noch einige Mitstreitende finden, damit wir gemeinsame Ideen entwickeln können. Aktuell gehöre ich dem Ortsverband Bad Berleburg an – hier möchte ich gerne helfen, grüne Positionen bei den Themen Nachhaltigkeit, Energiewende und Umweltschutz sichtbarer zu machen.“

Bis in die 90er Jahre noch im Gemeinderat präsent

Für Erndtebrück sieht der 39-Jährige die „Entwicklung einer möglichst klimaneutralen und gleichzeitig krisensichereren Energieversorgung vor Ort“ als besonders wichtig an. Diese müsse auch bezahlbar sein. Entwickelt werden müssten ferner Ideen, wie sich die Landwirtschaft auf Dürren, Futtermangel und Ernteausfälle einstellen könne.

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Auftreten für Erndtebrück und Altkreis

Laut Bernd Schneider, Sprecher der Bad Berleburger Grünen, haben sich die beiden grünen Ortsverbände Bad Berleburg und Bad Laasphe bereits zweimal getroffen, um auszuloten, wie man sich ab 2023 gemeinsam neu aufstellen könnte. Ein drittes Treffen sei für Dezember geplant.

Ein Ziel dabei sei es, demnächst „für Gesamt-Wittgenstein aufzutreten“ so Schneider – und etwa auch Info-Veranstaltungen für die Öffentlichkeit anzubieten, zu aktuellen Themen wie Windkraft oder Wisente.

Grüne Wähler gebe es ja in Erndtebrück, stellt der Bad Laaspher Fraktionschef der Grünen, Peter Honig, fest. Momentan sei man noch ganz am Anfang der Bemühungen, dort einen Ortsverband auf die Beine zu stellen.

Ein eigener Erndtebrücker Ortsverband sei nötig, um im Gemeinderat mittelfristig „grüne Positionen einzubringen“, so Hartwich. Hier brauche es allerdings das politische Engagement mehrerer interessierter Menschen. Eine flächendeckende medizinische Versorgung oder Mobilität seien dagegen interkommunale Themen für die „Grünen Wittgenstein“.

Susanne Bald: Gesellschaftliches Klima für die Grünen fehlt

Susanne Bald, heute Fraktionsvorsitzende der Grünen in Bad Berleburg, hat Ende der 90er Jahre eine Zeit lang die Grünen im Erndtebrücker Rat vertreten. „Da habe ich meine ersten Gehversuche gemacht“, erinnert sie sich. Doch irgendwann sei es dort für die Grünen personell knapp geworden. Und: Leider sei „in Wittgenstein das gesellschaftliche Klima noch so, dass weniger Leute zu den Grünen tendieren“.

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Doch Susanne Bald kann sich gut vorstellen, dass bestimmte aktuelle Themen wie der Radverkehr oder Bus und Bahn „auch in Erndtebrück Menschen für die Grünen mobilisieren“ könnte, ebenso der Klimaschutz. Allerdings sei die politische Gremienarbeit „ein hartes Brot“, weiß sie aus Erfahrung.

Almut Treude-Krönert bietet ihre Mitarbeit an

Zeitweise saß Bald, die damals noch in Benfe wohnte, gemeinsam mit Almut Treude-Krönert aus Zinse im Erndtebrücker Rat. Sie gehörte neben dem mittlerweile verstorbenen Naturschützer Albrecht Belz Anfang der 80er Jahre zu den Mitbegründern der Grün-offenen Liste. „Und wir waren damals viele“, so Treude-Krönert im Gespräch mit unserer Redaktion. Schließlich sei die Palette der politischen Themen damals vielfältig gewesen: Lärm-Belastung durch tieffliegende Militärjets der NATO, die endlose Debatte über den Weiterbau der Autobahn A4, auch durch Wittgenstein, der Anschluss Benfes an die Kläranlage oder ein Bahn-Anschluss für das Industriegebiet bei Schameder seien nur einige davon. Viele der Erndtebrücker Grünen von damals seien aber inzwischen weggezogen oder verstorben.

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Wenn es jetzt wieder einen eigenen grünen Ortsverband für die Grünen geben würde, „wäre das schön“, sagt Treude-Krönert. Mehr noch: „Ich würde auch gerne wieder mitarbeiten, wenn ich gebraucht werde.“