Bad Berleburg/Erndtebrück. Insgesamt 59 Anlagen möchte der Windkraft-Anbieter in Bad Berleburg und Erndtebrück errichten und investiert dabei auch in Akzeptanzmaßnahmen.

Das Windkraftprojekt von Westfalenwind auf den Flächen der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer in Erndtebrück und Bad Berleburg nimmt konkrete Formen an.

„Wir haben die vollständigen Antragsunterlagen für 42 Anlagen beim Kreis Siegen-Wittgenstein eingereicht“, erläutert der bei Westfalenwind GmbH für die Planung zuständige Geschäftsführer Dr. Jan Lackmann.

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Und Marcel Wilsing ergänzt: „Im dritten Quartal 2022 werden wir die restlichen Anlagen beantragen. Das ist eine große Menge an recht anspruchsvollen Gutachten und man darf die Gutachter auch nicht überlasten“, erläutert Wilsing das geteilte Vorgehen. Im „zweiten Rutsch“ wolle man weitere 17 Bauanträge für Anlagen stellen.

Es bleibt also bei den in einem Scoping-Termin am 1. April benannten 59 Einzelanträgen. Wie viele Anlagen am Ende tatsächlich auch gebaut werden dürfen, dass entscheidet die Bauaufsichtsbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein.

Diskussion zur Energiewende im Haus des Gastes in Bad Laasphe. Dr. Jan Lackmann, Alexander Blecher, Achim Wickel und Lars-Peter Dickel.
Diskussion zur Energiewende im Haus des Gastes in Bad Laasphe. Dr. Jan Lackmann, Alexander Blecher, Achim Wickel und Lars-Peter Dickel. © WP | Ramona Richter

Alle Anlagen-Standorte befinden sich auf Borkenkäfer- oder Kalamitätsflächen der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer – dem Forstbetrieb von Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg im nördlichen Teil der Stadt Bad Berleburg und im nördlichen Teil der Gemeinde Erndtebrück.

„Wir haben dabei verschiedene Grundsätze beachtet“, erläutert Wilsing. Neben „minimalinvasiven“ Eingriffen in die Natur gehe es dabei um technische Umsetzbarkeit – also Standfestigkeit des Bodens und der Kranflächen, Zuwegungen Leitungstrassen die Einhaltung eines Mindestabstandes von 1000 Metern zu Siedlungsflächen. Ebenfalls außen vor sind FFH-Gebiet oder andere Schutzzonen.

Die geplanten Anlagen

Die geplanten Anlagen sind vom Typ Siemens-Gamesa SG 6.6 170. Diese Windräder haben einen Rotordurchmesser von 170 Metern und eine Nabenhöhe von 165 Metern. Daraus ergibt sich eine Gesamthöhe der Anlagen von 250 Metern. Jede Anlagen kann bis zu 6,6 Megawatt Strom liefern, erläutert die Pressesprecherin des Unternehmens Sonya Harrison. Eine einzelne Anlage könnte damit bis zu 18 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen oder den Strombedarf von 5000 Haushalten decken.

Dass im Falle von 59 Anlagen eben 295.000 Haushalte aus Bad Berleburg versorgt werden könnten und damit in Bad Berleburg und Erndtebrück viel mehr Strom produziert werde, als Privathaushalte – aber auch Industrie – aktuell verbrauchen, sieht Geschäftsführer Dr. Jan Lackmann aber als eher theoretischen Wert, der verdeutlichen soll, wie leistungsstark ein Windpark sei. Fakt sei aber auch, das ergänzte Marcel Wilsing, dass der Strombedarf jedes Haushaltes steige – Elektromobilität und das verstärkte Heizen mit Strom kämen dazu.

Mit Blick auf die Energiewende betont Dr. Jan Lackmann: „Wir brauchen diesen Strom so schnell es geht.“ Und dass in Wittgenstein, bzw. Süd- und Ostwestfalen künftig mehr Anlagen stehen als andernorts, liegt an den geeigneten Lagen und freien Flächen. Dr. Lackmann erklärt das Kritikern gerne mit einem Gleichnis: „In Wolfsburg werden auch nicht nur Autos für Wolfsburg gebaut und im Ruhrgebiet wurde die Kohle nicht nur für das Ruhrgebiet gefördert.“

Akzeptanzmaßnahmen

Im Gespräch mit dieser Zeitung machte Dr. Jan Lackmann aber nochmals deutlich, dass man dieses Windkraftprojekt gemeinsam mit Prinz Gustav und der Stadt Bad Berleburg umsetzen wolle. „So ein Projekt geht nur mit der Akzeptanz der Bevölkerung“, sagt Lackmann und wiederholt, dass Westfalenwind mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen auf die Stadt zukomme. Gestaffelte Stromtarife und abgestufte Pachtmodell einerseits, direkte Beteiligung von Kommunen an Betreibergesellschaften andererseits.

Von dem Modell des Paragrafen 6 EEG hält Dr. Lackmann dagegen wenig. Damit können 0,2 Cent pro Kilowattstunde Strom pro Anlage an die Kommune weitergegeben werden. Das Geld kann sich der Betreiber aber vom Staat zurückerstatten lassen. Für Dr. Lackmann ist das eher eine „Werbemaßnahme“, weil es nur nach Freiwilligkeit aussehe, da die Betreiber dadurch keinen Cent Gewinn einbüßten.

Weiteres Verfahren

Unabhängig von allen Vereinbarungen oder Akzeptanzmodellen, die Betreiber oder Kommunen miteinander vereinbaren können: Noch ist keine der 42 bzw. 59 Anlagen genehmigt. Das Genehmigungsverfahren laufe an. Dann folge das Offenlegungsverfahren, bei dem alle Träger öffentlicher Belange – also auch die Kommunen – gehört werden. Und am Schluss werden alle Einwände in einem Erörterungstermin 2023 auf den Tisch kommen. Mit einem Baubeginn rechnet Marcel Wilsing im Falle einer Genehmigung frühestens Ende 2023.