Marsberg-Meerhof/HSK. CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz bezieht im Windpark Marsberg-Meerhof Stellung zum Ausbau und den Chancen erneuerbarer Energien.
Auf 135 Metern Höhe geben Politiker eigentlich nicht oft Interviews. Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU Deutschlands, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und HSK-Bundestagsabgeordneter, hat den Windpark Marsberg-Meerhof im Hochsauerlandkreis besucht und dort zu erneuerbaren Energien Stellung bezogen. „Wir freuen uns, dass sich Friedrich Merz für diesen Besuch gleich zwei Stunden Zeit genommen hat, um sich von der Technik und Leistungsfähigkeit ausgereifter Windenergieanlagen zu überzeugen“, betont Christian Mildenberger, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW).
Mit dem Slogan „Merz radelt“ auf dem Bike im Sauerland unterwegs“
Um 10.30 Uhr soll Friedrich Merz kommen. Jetzt gerade ist er noch mit einigen CDU-Kollegen bei Ritzenhoff in Marsberg. Dort stellt der Gasengpass eine echte Bedrohung für die Produktion der Gläser dar (wir berichteten). Trotzdem reihen sich parkende Autos vor dem Windrad. Es ist schwül, der Wind pfeift, die Journalisten vom Fernsehen und vom Radio warten schon oben auf dem Windrad. Zwanzig Minuten braucht es, zwei Personen hoch zu fahren. Geschirr anlegen, in die Gondel, acht Minuten Fahrt nach oben. Mehrere Meter auf einer Leiter nach oben klettern. Dr. Ralf Köpke, Pressesprecher des LEE NRW, wartet unten auf Friedrich Merz. Der LEE NRW bietet Politikern regelmäßig die Chance, auf Windräder zu fahren und das Thema Erneuerbare Energien aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.
Erst kommen die Wagen. Zwei schwarze, einer davon zum Personenschutz mit Polizeischild am Rückspiegel. Dann kommt Friedrich Merz, auf dem Fahrrad. Auf seinem T-Shirt das Logo: „Merz radelt“. Einige CDU-Politiker tragen dasselbe Emblem. Ralf Köpke gibt Merz die Hand, sie sprechen nur kurz bevor es in das Windrad geht.
LEE NRW: „Dass das nicht genehmigt wird, verstehe ich nicht“
Christian Mildenberger lässt es sich nicht nehmen, sich zu dem Termin dazu schalten zu lassen – via Ipad, denn persönlich kann er nicht vor Ort sein. „Willkommen im Windpark“, begrüßt er Merz. Friedrich Merz nickt. „Danke, danke.“ Die beiden sprechen direkt die kontroversen Themen rund um den Windkraftausbau an. So betont Christian Mildenberger, dass es nicht sein könne, dass das Aufbauen oder das Repowering alter Anlagen blockiert werde durch Akteure wie den Naturschutzbund. Unmittelbar an den Windpark Marsberg-Meerhof grenzt der geplante Windpark Himmelreich. Bei diesem genehmigten Vorhaben sollten bereits Ende 2016 elf Windenergieanlagen mit einer jährlichen Stromproduktion von 110.000.000 Kilowattstunden in Betrieb sein. Vom Windpark Himmelreich gibt es bis heute zwei halbfertige Türme, sechs Fundamente sowie eine betriebsbereite Anlage, die durch einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Arnsberg nach einer Klage des NABU NRW Anfang 2017 nicht ans Netz gehen konnte. In diesen neuen Windpark hat der Landwirt Michael Flocke, der auch den Windpark Marsberg-Meerhof betreibt, bislang rund 13 Millionen Euro investiert. „Dass das nicht genehmigt wird, verstehe ich nicht“, so Mildenberger zu Merz. Im Hochsauerlandkreis herrschten ideale Bedingungen für die Windkraft und das Repowering der Anlagen sei ein tolles Projekt.
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Windpark Himmelreich ist durch Mornellregenpfeifer lahm gelegt
Lahm gelegt ist der Windpark Himmelreich durch den Mornellregenpfeifer, wie der LEE NRW schon vorab noch einmal in einer Pressemitteilung darstellt. Der Mornellregenpfeifer ist ein Steppenvogel, bei seinem Herbstzug nach Beobachtungen unter anderem auf Flächen und Wiesen entlang der Bundesautobahn A 44 rastet. „In unserem geplanten Windpark vermuten die Behörden möglicherweise mehr als zehn rastende Tiere, die sich dort wenige Stunden oder Tage aufhalten könnten“, beschreibt Betreiber Michael Flocke die Situation in der Mitteilung. Daher habe das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) das Gebiet zum sogenannten „Schwerpunktvorkommen“ deklariert. Definitiv nachgewiesen sei diese Zahl angeblich bis heute nicht, Flocke spricht deshalb von einem „Phantomvogel“: „Der Ausbau der Windenergie steht nach der jüngsten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im überragenden öffentlichen Interesse. Das muss auch für den Windpark Himmelreich gelten.“
Friedrich Merz betont, dass Chancen in der Windkraft nicht ausgenutzt werden
Friedrich Merz betont indes ebenfalls im Gespräch mit Mildenberger, dass es wichtig sei, diese Projekte voranzubringen, insbesondere auch mit der Beteiligung und Akzeptanz der Bevölkerung. Durch eine Bürgerbeteiligung könne man günstigen Strom bieten und so für Akzeptanz sorgen. Besonders interessiert Friedrich Merz auch die Entsorgung alter Anlagen. Mildenberger betont, diese lasse man in anderen Ländern wie in Polen wiederaufstellen. Schlussendlich möchte der CDU-Bundesvorsitzende aber wissen, welche Wünsche der LEE NRW an die regionale Politik im HSK habe. Mildenberger pocht auf die Akzeptanz der Bürger, die nur durch politische Unterstützung erreicht werde: „Wenn die Politik ja sagt, dann sagen auch die Bürger ja. Dann verstehen sie, dass dies ein sinnvoller Standort ist und wir diesen brauchen.“
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Windparkbetreiber Michael Flocke hakt nach dem Telefonat direkt ein. „Ich würde gerne auch sprechen.“ Er erläutert noch einmal kurz, aber sichtlich angefasst, wie die Verfahrenslaufzeiten bei den Genehmigungen und Urteilen das Repowering der Anlagen in Meerhof verzögern, gar verhindern. „Irrwitzig“, sagt Friedrich Merz. Er verspricht, das Thema mitzunehmen. Für ihn geht es jetzt nach oben. Er bekommt ein Sicherheitsgeschirr angelegt, Helm auf. Johannes Lackmann von Westfalenwind fährt mit ihm nach oben.
Von oben kann Friedrich Merz einen Teil der über 200 Anlagen sehen, die in diesem Windpark in Betrieb sind. Der Jahresertrag einer Windkraftanlage liegt bei 7,5 Millionen Kilowattstunden – und es könnten mehr sein, wenn das Repowering schneller angepackt werden würde, wie Flocke betont.
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„Das war ganz schön beeindruckend“ sagt Merz
Friedrich Merz bleibt rund eine Stunde auf dem Windrad. Nur langsam gondelt die Fahrkabine wieder aus der dunklen Röhre hinab. „Das war ganz schön beeindruckend“ sagt Merz, als er aus der Gondel aussteigt. Obwohl er schon in 135 Metern Interviews gegeben hat, bezieht er auch am Fuß des Windrades noch einmal Stellung. Er betont, dass die Chancen der Windenergie noch nicht ausreichend genutzt würden, man aber die Bevölkerung in diesem Prozess mitnehmen müsse. Dennoch sei es wichtig, die Prozesse zu beschleunigen, gerade an Standorten wie in Meerhof. „Wir müssen die Verfahren beschleunigen und uns fragen, wie gemeinnützig diejenigen sind, die sowas verhindern“, sagt er. Windkraft gehöre an die Standorte, wo sich die Bedingungen dafür konzentrieren. Sein Blick auf Erneuerbare Energien habe sich seit dem Beginn der Ukraine-Krise und dem Angriff Russlands nicht verändert. „Eine höhere Autonomie sollten wir anstreben, wir werden aber immer auf Importe angewiesen sein.“ Im Hinblick auf den drohenden eklatanten Mangel an Gas ist er nicht dafür, funktionierende Kernkraftwerke abzustellen. „Wir sollten nicht auf Optionen zur Energieerzeugung verzichten, wenn die Lage so bedrohlich ist wie unser Wirtschaftsminister Habeck es jeden Tag beschwört.“