Wittgenstein. Wasser-, Solar- oder Windkraft? In Bad Laasphe stellen sich Vertreter der erneuerbaren Energie den Fragen unserer Leser und berichten Spannendes.

Heizen, kochen, arbeiten – ohne Energie funktioniert es im Alltag nicht. Doch woher kommt künftig unser Strom und welche Rolle spielen dabei die erneuerbaren Energien? Und – welchen Vorteil haben sie für die Bürgerinnen und Bürger in Wittgenstein? Im Bad Laaspher Haus des Gastes stellten sich nun Alexander Blecher von der Energiegenossenschaft Wittgenstein (Solar), Achim Wickel von der Womelsdorfer Mühle (Wasserkraft) und der Geschäftsführer der WestfalenWind GmbH Dr. Jan Lackmann den Fragen der Redaktion und der Zuhörer. Karl Albrecht Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg von der Wittgenstein New Energy (Windkraft) nahm an der Diskussionsrunde nicht teil.

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Fakt ist: Bis 2030 sollen 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Laut Energie-Atlas NRW liegt ihr Anteil in Siegen-Wittgenstein gerade einmal bei 11,9 Prozent – den größten Anteil daran haben Windenergie und Photovoltaik. Dabei bietet auch Wasserkraft ein großes Potenzial, weiß Achim Wickel, der die Interessen seines Sohnes Johannes Wickel und Bernd Föllmer, Inhaber der Hydrostrom Wittgenstein GmbH und Betreiber der Womelsdorfer Mühle, vertritt. Kontinuierlich werden dort 20 Kilowattstunden die Stunde produziert. Damit wäre die Mühle in der Lage, den ganzen Ort mit Strom zu versorgen.

Hoher verwaltungstechnischer Aufwand

Die Universität Siegen hatte eigens hierfür eine spezielle Technik entwickelt. Das Problem: Zwar gebe es bei der 300 Jahre alten Mühle ein altes Wasserrecht, das aber sei politisch aufgeweicht worden. „Seit zehn Jahren bekommen wir hohe verwaltungstechnische Auflagen auferlegt.“ Und das sei teuer. „Heute würde ich jedem raten: Lasst die Finger von solchen Mühlen. Wer zu viel Geld hat, sollte in Wasserkraft investieren“, so Wickel. Dennoch brennt er für die Wasserkraft. „Wir sollten jede Chance für erneuerbare Energie nutzen.“

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Das findet auch Alexander Blecher. Rund 110 Mitglieder hat die Energiegenossenschaft in Wittgenstein bereits. Doch: Um Deutschland mit Solarenergie versorgen zu können, müsste es vier Mal so viele Anlagen geben wie bislang. Und wie schaut es mit Freiflächen und größeren Hallen aus? „In NRW ist es derzeit nicht erlaubt, Freiflächen mit PV-Anlagen zu bebauen – dies ist lediglich entlang von Autobahnen, Schienenverkehr oder auch an Deponien möglich“, so Blecher, der es bedauert, dass auch heute noch größere Hallen gebaut werden, die nicht die vorgeschriebene Dachlast für Solaranlagen besitzen. Generell sei es bis vor kurzem sehr schwierig mit der wirtschaftlichen Installation solcher Anlagen gewesen.

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Und auch für Privatpersonen sei der verwaltungstechnische Aufwand noch extrem hoch. „Wir müssen hier Anreize schaffen, dass noch mehr Menschen sich für eine PV-Anlage entscheiden.“ Was das Thema Windkraft betrifft, sei die Genossenschaft zwar bereit für Gespräche, konzentriere sich weiterhin aber eher auf die Solarenergie. „Aktuell gibt es in Sachen Windenergie zu viele Klagen.“ Das liege nicht zuletzt an schlechten Erfahrungen, wie die Diskussion zeigte.

Transparenz schaffen

Mit verschiedenen Akzeptanzmaßnahmen möchte die WestfalenWind GmbH den Menschen die Windenergie schmackhafter machen. Angefangen habe das Paderborner Unternehmen mit sogenannten Bürgerparks. So sind zum Beispiel hunderte Bürger aus dem Kreis Paderborn direkt an den Parks als Kommanditisten beteiligt. „So bleibt das Geld in der Region.“

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Als erfolgreiches Beispiel für eine Betreibergesellschaft sei der Windpark Lichtenau im Kreis Paderborn genannt. Die Bürger dort haben mit den günstigsten Stromtarif in Deutschland – gestützt durch die Windkraftanlagen rund um den Ort. „Der Bürger muss auch etwas davon haben, dass sich bei ihm ein Windkraftrad dreht“, so Dr. Lackmann. Transparenz ist dem Projektier sehr wichtig – so auch beim Paragrafen 6 in der EEG-Novelle 2021. Kommunen im Umkreis von 2,5 Kilometern um neue Windenergieanlagen erhalten 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde. „Das Geld stammt aber vom Steuerzahler, nicht vom Betreiber.“ Dr. Lackmann findet den Paragrafen eher schwierig. „Dadurch könnten freiwillige Akzeptanzmaßnahmen, mit denen man im Ort einiges bewegen könnte, eingestampft werden.“

Vergleichbare Akzeptanzmaßnahmen auch in Wittgenstein

Dr. Sandra Hartmann: „Sind ähnliche Akzeptanzmaßnahmen auch in Wittgenstein geplant? Das würde die Akzeptanz bei den Menschen sicher erhöhen.“ – „Man darf davon ausgehen, dass es auch in Wittgenstein ähnliche Akzeptanzmaßnahmen geben wird“, so Dr. Lackmann. Und Ingeborg Klotz möchte wissen: „Könnten die Betreiber von Wind- und Solarenergie nicht zusammenarbeiten?“ Laut den Betreibern verfolge man eh das gleiche Ziel.

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Und wie schaut es in Sachen Speicherung aus? „Noch generieren wir nicht genug Strom, um diesen zu speichern. Das ist vielleicht in fünf, sechs Jahren der Fall. Dann geht es aber erstmal darum, die Flexibilität der Energieversorgung zu erhöhen“, so Blecher. So können Stromspeicher für einen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch sorgen. Etwa können sie in Zeiten mit viel Wind Strom aufnehmen, den sie in Zeiten von Flaute in das Netz einspeisen können.

Am Mittwoch, 4. Mai, folgt in Erndtebrück eine Gesprächsrunde mit Kritikern und Windkraftgegnern. Wenn Sie dabei sein wollen oder Fragen haben, schreiben Sie uns an berleburg-westfalenpost@funkemedien.de.