Wittgenstein. Die Ampelkoalition könnte die Legalisierung von Cannabis in Angriff nehmen. Wir haben Wittgensteiner und die Polizei dazu befragt.

Die Ampelkoalition im Bund wird immer wahrscheinlicher – und mit Grünen und der FDP wären dann auch zwei Parteien in der Regierung, die die Legalisierung von Cannabis in ihrem Wahlprogramm 2021 stehen haben. Die SPD will zumindest einen „adäquaten politischen Umgang“ damit finden. Wir wollten wissen, wie die Wittgensteiner Bürger zu einer möglichen Legalisierung stehen und haben bei der Polizei nachgefragt, ob eine Entscheidung für eine kontrollierte Abgabe auch den Beamten in ihrem Arbeitsalltag zugutekommen würde.

Das sagt die Polizei

„Wir wissen natürlich noch nicht, in welchem Bereich sich die Legalisierung bewegen wird. Deswegen kann man nur spekulieren“, macht der Sprecher der Polizei in Siegen-Wittgenstein, Stefan Pusch, auf Anfrage deutlich. Wenn es zum Beispiel um bestimmte Grenzmengen gehen wird, die erlaubt sein werden, ist dennoch eine Kontrolle durch Polizeibeamte nötig.

„Wenn man im öffentlichen Bereich jemanden sieht, der konsumiert, würde der natürlich auch kontrolliert werden, ob er mehr als erlaubt dabei hat“, so Pusch. Aber: Hat die kontrollierte Person nicht mehr dabei als erlaubt, sei auch keine Anzeige mehr nötig. „Das würde den Arbeitsaufwand der Beamten sicherlich verringern“, so Pusch. Dann bleibt mehr Zeit für andere Aufgaben.

Im Jahr 2020 gab es im gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein knapp 900 „Konsumverstöße“, 60 Prozent davon betrafen den Konsum von Cannabis. „Hier kann man jedoch nicht genau sagen, ob dabei jemand ein paar Gramm für den Eigenbedarf besessen oder in großen Mengen verkauft hat“, so Pusch. Man könne aus dieser Statistik also nicht herauslesen, wie viele dieser Fälle mit einer Legalisierung keine Verstöße mehr wären.

Das sagen die Wittgensteiner

Und wie stehen die Wittgensteiner Bürger zu diesem Thema? Bei unserer Umfrage haben sie sich hauptsächlich positiv zu einer möglichen Legalisierung geäußert: „Ich bin dafür. Es sollte darauf eine Steuer geben und Ende. Es gibt einige Länder, in denen es legal ist und dort gibt es eine Cannabissteuer“, macht zum Beispiel Marius Willert seinen Standpunkt deutlich.

„Eine Legalisierung von Cannabis unter wissenschaftlicher Begleitung und staatlicher Kontrolle ist längst überfällig und demnach absolut notwendig. Zudem können daraus resultierende Steuereinnahmen zweckgebunden in Aufklärung und Prävention gesteckt werden. Damit einhergehen muss allerdings eine Änderung der THC-Grenze im Straßenverkehr. Natürlich darf auch weiterhin niemand unter Drogeneinfluss Auto fahren. Tage später sollte man sich aber dann doch wieder beruhigt hinters Lenkrad setzen dürfen“, macht Samuel Wittenburg hingegen klar.

Noch ist nicht klar, wie eine Legalisierung aussehen könnte. Möglicherweise könnte es um die Kontrollierte Abgabe bestimmter Grenzmengen gehen.
Noch ist nicht klar, wie eine Legalisierung aussehen könnte. Möglicherweise könnte es um die Kontrollierte Abgabe bestimmter Grenzmengen gehen. © dpa | -

Auch Benedikt Braun sieht Vorteile in der Legalisierung für den Staat: „Ich bin dafür. Ich kenne keinen, dem es geschadet hat. Und eine Goldgrube für den Staat ist es auch noch.“ Ähnlich argumentiert Denise Tilgner, die zudem auf die medizinische Wirksamkeit der Pflanze hinweist: „Ich bin absolut dafür! Ich kenne niemanden, dem es geschadet hat. Es wird auch als Medikament genutzt und hat somit einige Faktoren an sich, die bei gewissen körperlichen als auch psychischen Beschwerden helfen können. Des Weiteren würde es weitere Arbeitsplätze schaffen und somit auch Geldquellen einbringen.“

Auch Tobias Wied, der für die Partei Die Partei in der Bundestagswahl kandidierte, sprach sich im Wahlkampf bereits dafür aus, mit dem Slogan: „Wied for Weed“. Auf die Frage eines Wählers, ob er sich für ein Modell-Projekt für die kontrollierte Abgabe von Cannabis in Bad Laasphe stark machen würde, antwortete er noch im August: „Gemeinsam mit meiner Partei würde ich mich gerne direkt für eine bundesweite Testphase stark machen – Dauer 25 bis 50 Jahre.“

Info

>>>In acht Gerichtsverhandlungen in Bad Berleburg spielte im Jahr 2021 bisher der Besitz von Cannabis bei der Verurteilung von Angeklagten eine Rolle. In all diesen Fällen war dies nicht der einzige Anklagepunkt.

Im Jahr 2020 landeten zudem auch Fälle vor dem Amtsgericht, in denen Cannabis zur Selbstmedikationverwendet wurde – u.a. bei einer Schizophrenie und Angststörung, bei psychischen Problemen oder Neurodermitis.<<<