Hilchenbach/Bad Laasphe. Waldretter-Serie: Ann-Sophie Bilsing ist mit 25-Jahren jüngste Revierleiterin in Siegen-Wittgenstein.
Mit einem Lächeln im Gesicht kommt Ann-Sophie Bilsing im Auto angefahren – mit dabei: ihre Hündin Ida. Gemeinsam geht es in ihr Revier bei Hilchenbach im Forstbetriebsbezirk (FBB) Wilhelmsburg im Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein. 2200 Hektar ist es groß. Ann-Sophie Bilsing ist mit gerade einmal 25 Jahren eine der jüngsten Revierleiterinnen in Deutschland. Und sie liebt ihren Job. Wir haben mit ihr über ihre Anfänge, das Studium und die aktuellen Lage in ihrem Revier gesprochen.
Der Werdegang
Schon früh war für die heute 25-Jährige aus der Nähe von Dillenburg klar: „Ich will Försterin werden!“ Ihre Kindheit hat sie größtenteils in den Wäldern verbracht. „Meine Mutter hatte ihre Jagdschein gemacht, als ich zwei Jahre alt war. Ich bin quasi damit aufgewachsen“, sagt Bilsing, die ihre Mutter später des Öfteren begleiten durfte. „Ich fand die Gesellschaftsjagden und auch die Klamotten ziemlich cool.“ Mit zehn Jahren wollte sie dann selbst den Jagdschein machen. „Ich habe jedes Jahr erneut beim Hegering angerufen und gesagt: ‘Jetzt aber kann ich doch, oder?’“, erinnert sie sich noch gut an die Zeit zurück. Mit 15 Jahren dann ist es soweit: Sie startet für den Jagdschein. „Bis zur Prüfung war ich dann auch 16 Jahre alt.“
In den Ferien absolvierte Bilsing dann verschiedene Praktika beim Förster und Regionalforstamt. „Mich hat es einfach fasziniert, dass man im Job so viel draußen sein kann.“ Nach ihrem Abitur studierte sie Forstingenieurswesen in Weihenstephan. „Zu Beginn war es schon hart für mich, da viele meiner Freunde nahe der Heimat blieben aber am Ende muss ich sagen, war es die richtige Entscheidung.“ Den Anwärter dann hat Bilsing in Siegen-Wittgenstein gemacht – unter anderem in Bad Laasphe. „Das war schon eine krasse Zeit dort, als es mit dem Borkenkäfer los ging.“ Ihr jetziges Revier lernte die junge Försterin aber schon während des Studiums kennen. Dass sie es nur wenig später einmal selbst leitet, hätte sie damals nicht gedacht. „Das war eigentlich durch Zufall. Meine Vorgängerin fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, das Revier zu übernehmen. Ich habe mich sofort darauf beworben.“ Für Ann-Sophie Bilsing die richtige Entscheidung. „Ich würde es wieder tun. An sich richtet man sich als Förster aber eh danach, wo sein Wald ist.“
Seit Februar 2020 hat sie nun die Revierleitung über die 2200 Hektar Privatwälder, die mehreren Genossenschaften gehören. Arbeiten, spazieren, abschalten – der Wald ist für die 25-Jährige mehr als nur ein Arbeitsplatz.
Die Arbeit
Kein Tag ist wie der andere und genau das ist es, was den Beruf der Försterin für Bilsing so spannend macht, auch, wenn derzeit viele Arbeiten, die für ‘gewöhnlich’ derzeit anstehen würden, erst einmal hintenan stehen. „Aktuell bestimmt die Kalamitätslage die Arbeit“, sagt sie. Ein Zustand, mit dem sie während ihrer Studienzeit nicht gerechnet hätte. „Es ist schon manchmal sehr stressig, denn nun kommt obendrauf noch das Monitoring“, so die Försterin, deren Arbeitstag bereits zwischen 6.30 und 7 Uhr startet.
Dann geht es für Bilsing erst einmal ins Büro. „Dann ist noch nicht so viel los und das Telefon klingelt nicht ständig“, sagt sie. Waren es früher vielleicht ein Drittel, so nimmt heutzutage die Büroarbeit gut die Hälfte der Arbeitszeit ein. Holzabwicklung, Planungen, Berechnungen und vieles mehr – auch das gehört zum Beruf eines Försters dazu – ebenso der Kontakt zu den Genossenschaften, Kunden, Kollegen und Co. Gerade in Zeiten der Kalamitätslage ist dieser Kontakt wichtiger denn je – wenn auch nicht immer einfach. „Aktuell sind wir Förster auch als Therapeuten unterwegs – nicht immer ist dies leicht. Es ist eine schlimme Situation für die Waldbesitzer. Manchmal ist man da als Förster auch der Prellbock. Unser Job ist es, eine ehrliche Beratung zu geben, auch wenn es nicht immer schöne Nachrichten sind.“
Dennoch aber blickt die 25-Jährige zuversichtlich in die Zukunft. „Die Wiederbewaldung ist ein spannendes Thema. Es ist interessant zu sehen, welche Baumarten wo wachsen könnten. Welche vertragen sich? Die Buche zum Beispiel ist sehr dominant und lässt anderen Arten kaum eine Chance“, sagt Bilsing. Anhand von Gras, Moos und eigenständig gewachsenen Bäumen könne man eine Prognose erstellen Zudem gebe es digitale Tools, mit denen man Baumarten für jegliches Klima ausmachen kann. „Das ist wirklich spannend. Als Förster ist man auch eine Art Künstler. Nur dass unsere Kunstwerke ein wenig länger brauchen.“
Das Fachpersonal
Und noch etwas vermisst Bilsing: „Vor Corona gab es eine gemeinsame Waldbegehung – Waldbesitzer, Jäger, alle waren dabei. Das war immer total schön und so lassen sich gewisse Dinge hier im Wald auch besser demonstrieren.“
Doch wie ist es eigentlich, eine der jüngsten Revierleiterinnen in Deutschland zu sein? „Zu Beginn war es nicht immer einfach als junge und weibliche Försterin – man wurde von einigen nicht für voll genommen.“ Teilweise haben Waldbesitzer eher ihre Kollegen gefragt, auch, wenn sie ähnlicher Ansicht waren, wie Bilsing. „Ich hatte das Gefühl, dass man als junge Försterin mehr geben muss und sich weniger Fehler leisten darf, als ein männlicher Kollege. Wenn etwas nicht gelingt, fällt es gefühlt stärker ins Gewicht.“ Bilsing selbst habe sich daraufhin selbst etwas zurückgenommen – heute sei die Situation entspannter. Dabei war die 25-Jährige eine der vier Besten im Anwärterjahrgang. „Es ist schade und frustriert – man gibt sich viel Mühe, weil man seinen Job ja liebt.“
Und noch etwas findet Ann-Sophie Bilsing schade: „Oftmals wird der Naturschutzbund zur Rat gerufen, bevor man mit uns Förstern spricht – natürlich sind sie wichtig, aber wir sind doch das Fachpersonal hier in den heimischen Wäldern. Auch wir kümmern uns um den Naturschutz und die Tiere in unseren Revieren. Das gehört zu unserem Beruf.“
Der Filmdreh
Für den Dokumentationsfilm “Das Grüne Herz Westfalens“ stand die junge Försterin 2020 vor der Kamera. „Das war schon eine spannende und coole Zeit. Als ich gefragt wurde, ob ich mit das vorstellen könnte habe ich sie erst nicht für voll genommen.“ Die Drehaufnahmen selbst waren zwar stressig, da sie direkt in die Kalamitätslage fielen. Dennoch war es eine Erfahrung, die die 25-Jährige nicht missen möchte. „Es war schon komisch, sich plötzlich selbst im TV zu sehen. Jedes Mal, wenn ich was gesagt habe, habe ich den Ton leiser gemacht. Am Ende aber war ich schon stolz. Da floss auch ein Freudentränchen.“