Aue-Wingeshausen. Die beiden neuen Ortsvorsteherinnen Katja Schmidt in Aue und Birgitta Dreier in Wingeshausen stellen sich unseren Fragen im Doppelinterview.
Zwei Orte, ein Zusammenhalt: In Aue-Wingeshausen sind gemeinsame Aktivitäten der Bewohnerinnen und Bewohner Programm. Bleibt das auch so mit den beiden neuen Ortsvorsteherinnen Katja Schmidt für Aue und Birgitta Dreier für Wingeshausen? Im Doppel-Interview stellen sie sich den Fragen unserer Redaktion.
Sie beide haben als CDU-Kandidatinnen bei der Kommunalwahl vom Herbst 2020 die beiden Wahlbezirke im Doppelort direkt geholt und dann – vorgeschlagen von Ihrer Partei – ihre Vorgänger Christian Schneider und Karl-Heinrich Sonneborn von der SPD als Ortsvorsteher abgelöst. Wie erklären Sie sich den politischen Sinneswandel der Wähler im Doppelort?
Steckbrief: Katja Schmidt
Die Steuerfachangestellte ist in Aue verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 16, 19 und 24 Jahren.
Ihre Hobbys sind Garten, Wandern und Backen.
Ihr besonderes Engagement? „Immer da, wo Hilfe gebraucht wird.“
Katja Schmidt Da müssten Sie eigentlich die Bürger fragen. Ich denke, die haben gesehen: Da ist Frauenpower! Also mal was ganz anderes. Schließlich hat es in beiden Dörfern noch nie Frauen als Ortsvorsteherinnen gegeben. Dabei konnten wir wegen Corona noch nicht einmal offensiv Wahlkampf machen – außer mit unseren Flyern und ich mit einem Kurzfilm in den sozialen Kanälen.
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Birgitta Dreier Die Leute haben uns als Personen, als Menschen gewählt. Man kennt sich in den Dörfern…
Schmidt …und ich bin ja auch hier aufgewachsen.
Was machen Sie anders als Ihre SPD-Vorgänger?
Dreier Ich glaube, nicht wirklich viel. Frauen haben eine andere Sicht auf die Dinge und setzen andere Prioritäten. Das heißt nicht, dass es bisher falsch gelaufen ist – jetzt einfach nur anders.
Schmidt Frauen hören vielleicht mal eher hinter die Fassade.
Dreier Coronabedingt ist die jährliche Senioren-Fahrt ausgefallen und wir haben mit den Weihnachtspräsenten den älteren Mitbürgern eine Freude gemacht.
Schmidt Diese Aktion von uns war ganz spontan. Wir haben überlegt: Wie können wir die Senioren besser ins Boot holen?
Empfinden Sie Ihre Aufgabe als Ortsvorsteherinnen also als gar nicht so politisch?
Schmidt Eher ganz praktisch. Wegen Corona hat man ja immer noch wenig Kontakt. Und es gibt ja noch keine Versammlungen oder Feiern. Aber die Leute können gerne anrufen, wenn etwas ist.
Dreier Wir haben eher das Zwischenmenschliche im Blick, das Machen, das Tun.
Haben Sie beide jeweils Ihren eigenen Ort im Blick? Oder wirken Sie im Doppelort eher zusammen, wie etwa bei der neuen Teststation am Bürgerhaus oder bei der Ostereier-Aktion für die Seniorinnen und Senioren ab 75?
Schmidt Grundsätzlich ist es uns schon daran gelegen, die Orte zusammenzubringen. Die Schüler gehen ja auch gemeinsam in eine Schule, die Senioren sind oft zusammen.
Steckbrief: Birgitta Dreier
Birgitta Dreier (60) erblickt in Paderborn das Licht der Welt und wächst auch dort auf.
Die Pharmazeutisch-Technische Assistentin ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne im Alter von 28, 30 und 31 Jahren.
Ihre Hobbys sind sehr vielfältig: Walken, Nähen, Klavier spielen, Singen im Chor, Theater spielen – und natürlich der Garten.
Dreier Ja, wir versuchen alle Ideen gemeinsam für beide Ortschaften umzusetzen – wie zum Beispiel unsere „Aktion sauberes Dorf“. Das haben wir in diesem Corona-Jahr etwas anders gelöst. Wir haben ganz einfach einen Zettel mit der Ankündigung der Aktion und angehängten Schnipseln für die einzelnen Straßen im Dorfladen Wingeshausen und beim „Nahkauf“ in Aue aufgehängt. Und das hat gut geklappt: Wer mitmachen wollte, hat sich einfach so einen Schnipsel genommen und konnte mit dem Aufräumen auf seiner Straße sofort loslegen. So etwas Wiederholenswertes macht man eben dorfübergreifend.
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Welche kurz- und mittelfristigen Ziele haben Sie sich gesteckt, um Aue und Wingeshausen voran zu bringen?
Schmidt Ach, das ergibt sich oft ganz spontan. Wir hätten da auch schon ein paar Pläne für Groß und Klein, Jung und Alt, wollen aber jetzt keine Versprechungen machen, die wir dann nicht halten können.
Dreier Kurzfristig ist erst einmal die Umsetzung von Ideen der Stadt Bad Berleburg – zum Beispiel die mobile Bücherkiste und kleine Dorfverschönerungen – vorrangig. Langfristig habe ich geplant, mich mit den Vereinen zusammenzusetzen, um mit ihnen gemeinsame Ideen zu verwirklichen.
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Warum haben Sie beide sich für das Ortsvorsteher-Amt bereiterklärt?
Schmidt In der Bad Berleburger Politik sind wir beide in Fachausschüssen und als Ratsmitglieder in der Stadtverordnetenversammlung vertreten – und damit auch sowieso das Sprachrohr unserer beiden Orte. Da muss man jetzt also nicht noch jemanden dazwischenschalten.
Dreier Ich kann mich den Aussagen von Katja Schmidt nur anschließen.
Frau Dreier, Sie organisieren den Gartenflohmarkt in Wingeshausen mit. Wie grün ist Ihr Daumen? Wie findet man zu so einem Hobby?
Dreier Wir hatten uns damals die Blumentauschbörse an der alten Schule in Birkefehl angeschaut. Und dann haben wir uns gesagt: Das brauchen wir in Wingeshausen auch. Und so kam der Gartenflohmarkt in die Scheune am Sonnenhof. Wir haben da immer zehn bis 15 Stände, die alles rund um den Garten anbieten. Die Resonanz war immer sehr gut. Natürlich ist der eigene Garten ebenfalls ein Hobby von mir.
Warum, Frau Dreier, mischen Sie offenbar auch gerne in der Theater- und Mundartgruppe des Heimatvereins Aue-Wingeshausen mit, zuletzt in der Rolle der überkandidelten, vornehmen Hygiene-Fanatikerin Lydia im Stück „Natur pur“? Und sitzen in der Wingeshäuser Kirche an der Orgel? Wirken in der Patchwork-Gruppe mit?
Dreier Zur Theatergruppe hat mich damals eine Freundin mitgenommen. Unsere Theatergruppe ist so klein, dass jede Rolle nur einmal besetzt ist – da darf keiner krank werden. Das Auer Bürgerhaus mit seiner Bühne ist wie gemacht für unsere Aufführungen. Da kommen übrigens nicht nur Zuschauer aus dem Doppelort, sondern auch aus Dotzlar und Fleckenberg, die auch eigene Theatergruppen haben. Die besuchen wird dann im Gegenzug. An der Orgel sitze ich schon seit 2020 nicht mehr, da ich durch meine Tätigkeit in der Politik und als Ortsvorsteherin ausgelastet bin. Unsere Patchwork-Gruppe läuft nach den Sommerferien wieder – an jedem ersten Dienstag im Monat im Wingeshäuser Gemeindehaus.
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Standortpaten, wie auch Sie einer sind, sollen Neubürgern und ihren Familien dabei helfen, in Bad Berleburg anzukommen, sich gut einzuleben und wohlzufühlen. Wie läuft es da bei Ihnen, Frau Dreier?
Dreier Im Moment bin ich da nicht so aktiv. Ich würde mich da aber auf jeden Fall engagieren, wenn es zum Beispiel um eine Patenschaft im Zusammenhang mit Aue-Wingeshausen geht.
Pilgern zum Beispiel nach Attendorn mit dem SGV Aue-Wingeshausen – was fasziniert Sie an solchen Touren, Frau Schmidt?
Schmidt Eine Freundin, die so etwas organisiert, hatte mich dazu eingeladen, die Strecke vorab mit ihr zu laufen, um zu sehen, ob sie für Pilgerer überhaupt durchgängig begehbar und auch sehenswert ist, ob es am Weg eine vernünftige Unterkunft gibt. Und auf den 40 Kilometern über den Jakobsweg von Schmallenberg nach Attendorn war es damals eine traumhafte Pilgerreise. Das war richtig faszinierend. Für 2022 haben wir geplant, den Weg von Schmallenberg nach Winterberg zu pilgern, also in die andere Richtung.
„Nein, Presbyter müssten nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen, zweimal im Monat sind völlig in Ordnung.“ So haben Sie es 2012 einmal als Presbyterin der evangelischen Kirchengemeinde Wingeshausen gesagt, Frau Schmidt – und wollten damals mit einem Vorurteil aufräumen...
Schmidt Ja, das war früher schon so ein Vorurteil. Und heute kann ich sagen, dass mir das Amt der Presbyterin eigentlich immer Spaß gemacht hat. Ich bin es aber schon seit einiger Zeit nicht mehr. Ich engagiere mich jetzt im Stadtrat und als Ortsvorsteherin. Und ich bin der Typ, der sagt: Wenn ich eine Sache mache, dann mache ich sie richtig. Außerdem bin ich ja auch noch berufstätig.
Braucht Aue eine neue Kirche, Frau Schmidt? Wie wirkt das auf Sie, wenn die frühere Auer Kirche nun für andere Zwecke genutzt wird – zuerst für ein Museum und jetzt für eine Werbeagentur?
Schmidt Nein. Und ich habe den Beschluss der Kirchengemeinde Wingeshausen, die Kirche zu verkaufen und zu entwidmen, damals als Presbyterin mit unterschrieben. Unterhalten Sie mal so eine Kirche – das muss finanziert werden. Und wir habe ja in Wingeshausen eine Kirche für beide Orte. Mein Sohn hat übrigens die letzte Konfirmation in der Auer Kirche von zehn Jahren miterlebt.
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Frau Schmidt, wie sieht es denn aktuell auf den Wohnstraßen vor Ihrer Haustür „Am Kapplerstein“ aus, die nun schon seit Jahrzehnten mit Schlaglöchern gespickt sind? Was muss da getan werden?
Schmidt Auf jeden Fall muss sie gemacht werden, die Straße, und zwar von Grund auf. Irgendwann einmal. Aber wenn sie dann gemacht sein wird, dann ist unser Wohngebiet auch wieder ansehnlich. Bis dahin können weiterhin Kinder mit ihrem Roller stolpern, Eltern mit dem Kinderwagen und Senioren mit dem Rollator. Leider ist die Sache mit den KAG-Gebühren für die Anlieger ja immer noch nicht geregelt, da gibt es ja verschiedene Rechenmodelle. Wir werden zahlen müssen – fragt sich nur, wieviel. Im Grunde möchte den Ausbau keiner von den Anliegern bezahlen, aber getan werden muss etwas. Und ich als Ortsvorsteherin werde das Thema immer wieder aufrollen – in der Fraktion, in meinem Ausschuss, in der Stadtverordneten-Versammlung.