Berghausen. Betroffen von der Verlagerung der Serienproduktion sind die Werke in Polen, Ungarn und auch der Stammsitz in Berghausen.

Der Automobilzulieferer SCS Deutschland GmbH & Co. KG steht erneut vor einem großen Umbruch. Das machte Geschäftsführer Friedemann Faerber jetzt im Gespräch mit der Redaktion deutlich. Hintergrund sind verschiedene, sich überlagernde wirtschaftliche Entwicklungen und die Corona-Krise. Am Donnerstag wurden die Mitarbeiter am Stammsitz in Berghausen von der Geschäftsführung um Friedemann Faerber über die Pläne informiert, die das Unternehmen nach Faerbers Aussage langfristig konkurrenzfähiger und wirtschaftlich stabiler machen sollen. „Zielsetzung ist es, dass wir noch robuster werden, um solche Schläge komplett wegzustecken und ohne fremde Hilfe auszukommen“, sagt der Geschäftsführer, der SCS am 19. Januar 2018 mitten in einer tiefen Unternehmenskrise übernommen hatte.

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Die zwischenzeitlich gute Entwicklung mit der SCS 2021 wieder schwarze Zahlen schreiben wollte, ist von der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Wirtschaftskrise eingeholt worden. Trotzdem betont Faerber: „SCS hat einen guten Markenkern und wir können einer der weltweiten Marktführer werden.“ Dazu aber müssten die Unternehmensstrukturen verändert, Fixkostengesenkt und Produktionsstandorte geschlossen werden.

Produktionsverlagerung

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Perspektivisch soll die Produktion aus Europa wegverlagert werden – dorthin, wo sie wettbewerbsfähiger sei. Betroffen von dieser Entwicklung sind neben den aktuellen Produktionsstandorten in Ungarn und Polen auch das Stammwerk in Bad Berleburg. „In China werden wir mittelfristig beide Standorte zu einem Werk zusammenlegen. In Bad Berleburg soll dafür aber das Herz des Unternehmens sitzen.“ Die Produktentwicklung und die Verwaltung bleiben, ausgebaut werden soll die Logistik. Von den weltweit 1100 Mitarbeitern sind aktuell rund 110 in Berghausen beschäftigt. Künftig werden es nur 80 bis 85 sein. „Ich kann nicht zaubern, aber mein Stil ist es, sachlich zu sein, mit allen zu sprechen und zuzuhören“, sagt Faerber und kündigt für Bad Berleburg Gespräche mit Mitarbeitern an, deren Arbeitsplatz bedroht ist.

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Die Wahl für den neuen Produktionsstandort fiel auf die Freihandelszone rund um die Hafenstadt Tanger in Marokko. Bereits im Herbst 2021 könne die Produktion in Nordafrika starten. „Das haben wir uns nicht leicht gemacht. Vorausgegangen ist eine ausführliche Analyse“, so Faerber. Das Königreich Marokko habe eine Arbeitslosigkeit von 16 Prozent und ein Durchschnittsalter von 30 Jahren in der Bevölkerung. Anders als die Nachbarstaaten habe man mit Bildungs- und Wirtschaftsförderungsprogrammen sowie Freihandelsabkommen mit Europa frühzeitig auf die Bewegungen des Arabischen Frühlings reagiert und sei politisch stabil. Das mache Marokko zu einem sehr interessanten Standort, so Faerber. Im Gegensatz dazu sei die Entwicklung in Osteuropa schwieriger. Dort verzeichne man eine Kostensteigerung von 8 bis 15 Prozent, was eine Produktion dort unter Wettbewerbsdruck aus Indien und China nicht mehr wirtschaftlich erscheinen lasse. Die Entscheidung für Marokko sei von SCS-Kunden bereits sehr positiv aufgenommen worden. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres habe SCS fünf große Neuprojekte gewinnen können.

Wirtschaftlicher Hintergrund

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Hintergrund der Wirtschaftlichen Gesamtentwicklung ist ein schleichender Prozess, der durch die Corona-Krise noch einmal verschärft worden ist. „Wir haben im Jahr 2020 einen Umsatzrückgang von 17 Prozent über das gesamte Jahr zu verzeichnen“, so Faerber. Verantwortlich dafür seien die unmittelbaren Auswirkungen der ersten Welle der Covid-19-Pandemie. Aktuell komme zusätzlich einerseits die Transformation in der Automobilindustrie und andererseits die steigenden Material- und Personalkosten hinzu. Die Autohersteller investierten in neue Technologien und drückten deshalb die Kosten bei ihren Zulieferern. Andererseits stiegen die Preise für Draht, Drahtseile und Kunststoffgranulat, das SCS für die Herstellung von Bowdenzügen und anderen Produkten benötigt.

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Aufgefangen worden ist diese Situation durch ebenfalls drei Entwicklungen: Von April bis Oktober hatten SCS in Berghausen Kurzarbeit angemeldet. „Ich bin unseren Mitarbeitern dankbar. Sie haben geholfen, die Gruppe durch diese Krise zu bringen.“ Weitere wichtige Stützen seien die Gesellschafter gewesen, die erneut finanzielle Mittel bereitgestellt hätten und eine NRW-Landesbürgschaft. Die Landesbürgschaft stehe auch nicht im Widerspruch zur Verlagerung von Arbeitsplätzen aus der Produktion in Berghausen nach China oder Marokko, weil gegenüber dem Land die langfristige Wachstumsperspektive für die SCS Gruppe und den Stammsitz deutlich gemacht worden sei.