Wittgenstein. Fieber, Schmerzen und Co: In Zeiten von Corona meiden einige Menschen den rechtzeitigen Gang zum Arzt – auch in Wittgenstein.
Der Körper schmerzt, das Thermometer zeigt erhöhte Temperatur, Müdigkeit macht sich breit – aber dafür gleich zum Arzt gehen? Früher vielleicht – heute meiden viele den Gang in die Praxis aus Angst, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. Dabei kann dies zu schweren Folgen führen – in einem Erndtebrücker Fall beinahe sogar zum Tod. Daher appellieren Ärzte: Auch in Corona-Zeiten sollte man rechtzeitig zum Arzt gehen! Das gilt für Erwachsene ebenso, wie für Kinder und Jugendliche.
Wichtige Vorsorgeuntersuchungen
Leif Wolter, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Bad Berleburg kennt das Problem. „Natürlich macht sich auch bei uns eine verringerte Inanspruchnahme bemerkbar. Gerade in den ersten Wochen im März und Anfang April. Was in der ersten Phase der Pandemie ja auch völlig nachvollziehbar ist. Denn wir mussten uns alle erst einmal auf die neue Situation einstellen.“
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Aber auch heute seien noch viele Eltern verunsichert. Dürfen wir unser Kind aktuell überhaupt impfen lassen? Ist ein Arztbesuch derzeit überhaupt ratsam? „Da gibt es aktuell noch sehr viel Gesprächsbedarf. Dabei sind gerade bei Kindern Vorsorgeuntersuchungen extrem wichtig – vor allem bei Kleinkindern und Säuglingen. Wenn man hier zu lange damit wartet, kann dies zu schwerwiegenden Folgen führen. Denn: Wenn man bei einer Vorsorgeuntersuchung ein Entwicklungsdefizit feststellt, ist es wichtig, zeitnah zu handeln.“
Gerade bei chronisch kranken Kindern ist es wichtig, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. „Für sie gibt es bei uns eine separate Sprechstunde. Zudem haben Eltern, deren Kinder nur leichte Krankheitssymptome aufweisen die Möglichkeit der telefonischen Sprechstunde oder per Video.“ Auch sollte weiterhin geimpft werden. „Es gibt keinen medizinischen Grund, nicht zu Impfen. Auch in Coronazeiten gibt es Masern und andere Krankheiten.“
Weniger Herzinfarkt-Patienten
Auch Dr. Oliver Haas, Allgemeinmediziner in Erndtebrück, appelliert an die Bürger, Krankheitssymptome ernst zu nehmen und rechtzeitig zum Arzt zu gehen. „Am Anfang hatten wir schon einen Einbruch im Praxis-Alltag. Patienten hatten Angst vor einer Ansteckung und kamen daher nicht. Was man zu Beginn ja auch gut verstehen konnte. Seit kurzem haben wir eine Extrapraxis für Patienten mit Atemwegserkrankungen eröffnet. Seitdem läuft bei uns fast schon wieder so etwas wie Normalbetrieb.“
Dennoch: Auch er bemerkt, dass es Menschen gibt, die weder zum Arzt noch ins Krankenhaus gehen. Und das kann fatale Folgen haben. „Ich habe einen Patienten gesehen, der aus dem Krankenhaus kam, nachdem er fast an einer schweren Krankheit gestorben wäre. Aber er ging aus Angst vor einer Ansteckung nicht zum Arzt. Und das darf nicht der Fall sein.“
Gefährliche Krankheiten nicht negieren
Auch bemerkt er, dass weniger Herzinfarktpatienten in die Praxen kommen. „Ich glaube nicht, dass es durch Corona plötzlich keine Herzinfarkte mehr gibt. Es wird viel mit der Angst der Menschen gearbeitet, damit sie sich an die Regeln halten. Aber wenn dies zulasten der Gesundheit geht, ist das nicht mehr tragbar. Die Menschen müssen zum Arzt kommen. Es darf nicht sein, dass gefährliche Krankheiten negiert werden. Die Menschen haben mehr Angst vor Corona als vor einem Schlaganfall.“
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Und noch etwas: „Vor wenigen Wochen hatte ich meinen Notdienst im Krankenhaus. In der Regel kommen so 20 bis 30 Menschen und ein bis zwei schwere Krankheiten sind in der Regel auch dabei. Dieses Mal kam nur ein Patient.“
Auch die Vamed-Klinik in Bad Berleburg bestätigt, dass man dort einen Rückgang bei Patienten mit akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Frakturen wie Oberschenkelhalsbrüchen im Vergleich zum Vorjahr bemerkt. „Ob dies in einem direkten Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie steht, können wir nicht mit Sicherheit sagen, da die Entwicklung bestimmter Krankheitsbilder durchaus jährlichen Schwankungen unterliegen kann“, heißt es.
Aufklärung als Mittel gegen die Angst
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Ein Blick in die Statistiken zeige jedoch, dass jährlich die meisten Deutschen an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sterben – entweder in direkter Folge eines Akutereignisses wie beispielsweise einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall oder an den Folgen einer sich daraus ergebenden chronischen Erkrankungen, wie beispielsweise einer Herzschwäche. „Aus diesem Grund sollten es Patienten immer ernstnehmen, wenn sie akute Krankheitssymptome an sich bemerken. Sie sollten diese aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus keinesfalls ignorieren oder auf den Arzt- oder Klinikbesuch verzichten“, so Vamed.
Das wirkungsvollste Mittel gegen Angst sei erfahrungsgemäß eine bestmögliche Aufklärung – sowohl über Risikofaktoren als auch über Infektionswege und Schutzmaßnahmen. Diese werden in der Klinik und auch von den Patienten selbst zur Infektionsverhütung ergriffen. „Wir haben in unserer Klinik frühzeitig sehr engmaschige infektionsverhütende Maßnahmen wie Abstandsregelungen oder die Schaffung von Isolationsbereichen getroffen. Unsere Mitarbeiter tragen während ihrer Arbeit einen Mund-Nasen-Schutz und auch die Patienten werden darum gebeten dies zu tun.“
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Sowohl Vamed als auch die Ärzte betonen: Herzinfarkte, Schlaganfälle oder andere Erkrankungen können weit schwerwiegendere Verläufe als Covid-19 haben. „Und wie vor Covid-19 sollten sie sich auch vor diesen Erkrankungen bestmöglich schützen, indem sie Symptome ernstnehmen und bei chronischen Erkrankungen ihren Facharzt aufsuchen“, so Vamed.