Wittgenstein. Auch der Tourismus steckt in der Corona-Krise – doch es geht weiter. Dabei spielen Gastronomie und Hygiene-Regeln eine ganz wesentliche Rolle.

Auch Wittgensteins Tourismus steckt in der Corona-Krise – doch es geht weiter. Das machen im Interview unserer Redaktion Signe Friedreich, Geschäftsführerin der TKS Bad Laasphe GmbH, und Andreas Bernshausen, Geschäftsführer der BLB-Tourismus GmbH, deutlich.

Haben Sie damit gerechnet, dass es mit den deutlichen Lockerungen nun doch so schnell geht?

Signe Friedreich, Geschäftsführerin Tourismus, Kur und Stadtentwicklung (TKS) Bad Laasphe: „Unsere Region wird ihre Vorteile voll ausspielen können.“
Signe Friedreich, Geschäftsführerin Tourismus, Kur und Stadtentwicklung (TKS) Bad Laasphe: „Unsere Region wird ihre Vorteile voll ausspielen können.“ © Eberhard Demtröder

Signe Friedreich: Nein – aber die Politik hat diese Lockerungen beschlossen und wir reagieren darauf. Mit den Entscheidungen auf bundes- und landespolitischer Ebene ist es nun schrittweise möglich, auch in Wittgenstein in eine aktive Tourismus-Wirtschaft zurückzukehren. Dabei spielen aber grundlegende Rahmenbedingungen wie beispielsweise die umfassenden Hygiene-Vorschriften eine zentrale Rolle.

Was bedeutet das nun für die Arbeit der Wittgensteiner Touristiker? Können Sie dazu das ein oder andere Beispiel geben?

Andreas Bernshausen: Die zentralen Aufgaben einer Tourist-Information haben sich ja nie geändert und werden auch während der Corona-Krise weiterhin erfüllt. Wir beraten unsere Gäste, beantworten schriftliche Anfragen zu Sehenswürdigkeiten sowie Übernachtungsangeboten und versenden Prospektmaterial. Darüber hinaus stehen wir im regelmäßigen Kontakt mit unseren Anbietern aus der Region. Wir haben uns in einer interkommunalen Videokonferenz mit den Kolleginnen der Nachbarkommunen sowie einigen Bettenanbietern und Gastronomen ausgetauscht. Impulsgeber bei dem Onlineforum war Lars Martin vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Westfalen.

Gibt es innovative Projekte und Angebote zum Neustart? Was dürfen die Touristen da in Wittgenstein erwarten?

Andreas Bernshausen: Wir befinden uns mitten im Arbeitsprozess und haben natürlich Ideen und innovative Kampagnen entwickelt. Unser größter Pluspunkt ist nach wie vor unsere Natur. Wanderer, Sportler, Familien, Spaziergänger, Mountainbiker – sie alle können sich hier frei bewegen und einzigartige Momente erleben. Wir bieten attraktive Wege, die die Wanderer fit halten und die Sinne anregen, indem sie Geschichten und Geschichte erzählen. Zudem haben wir liebenswerte Ortschaften mit interessanten Museen, das Naturpark-Infozentrum, hochwertigen Einzelhandel und attraktive Gastronomie. Dieses touristische Gesamtpaket gilt es nun überlegt, klug und sinnvoll zu vermarkten.

Andreas Bernshausen, Geschäftsführer BLB-Tourismus GmbH Bad Berleburg: „Eine Rückkehr in einen Normalbetrieb ist nur schrittweise möglich. Wir brauchen jetzt einen langen Atem, großes Durchhaltevermögen und kreative Lösungsansätze.“
Andreas Bernshausen, Geschäftsführer BLB-Tourismus GmbH Bad Berleburg: „Eine Rückkehr in einen Normalbetrieb ist nur schrittweise möglich. Wir brauchen jetzt einen langen Atem, großes Durchhaltevermögen und kreative Lösungsansätze.“ © Privat

Signe Friedreich: Wir arbeiten gemeinsam in Wittgenstein und mit dem Tourismusverband Siegerland-Wittgenstein an der Vermarktung unserer bestehenden Angebote. Unsere Region wird ihre Vorteile voll ausspielen können.

In Bad Laasphe entwickeln wir aktuell zusammen mit dem Einzelhandel und der Gastronomie ein interessantes Konzept. Nähere Informationen zu diesem Projekt können wir aber erst in der nächsten Woche geben.

Mit welchen Auswirkungen auf die Buchungen rechnen Sie nun vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung?

Signe Friedreich: Das Buchungsverhalten der Gäste wird sich ändern, ebenso werden sich auch die Ansprüche und Anforderungen wandeln. Darauf müssen wir vorbereitet sein und innovativ reagieren. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Gäste teilweise verunsichert und eher zurückhaltend, andere hingegen planen erwartungsvoll ihren Urlaub. Unsere Aufgabe und ebenso der Auftrag der Gastronomie und Hotellerie ist es, jeden einzelnen Gast mit seinen Wünschen aufzufangen und entsprechend zu beraten. Damit bringen wir ein Gefühl von Sicherheit in den Buchungsprozess.

Ist schon absehbar, ob die komplette Gastronomie und Hotellerie sowie die Betreiber von Freizeit-Einrichtungen in der Region Wittgenstein den „Lockdown“ heil überstanden haben?

Andreas Bernshausen: Das ist heute natürlich noch nicht abzusehen. Die Lage ist einfach zu ernst für unsichere Prognosen. Es gibt nach wie vor viele Faktoren, die den Verlauf in den nächsten Monaten beeinflussen werden. Eine Rückkehr in einen Normalbetrieb ist nur schrittweise möglich. Wir brauchen jetzt einen langen Atem, großes Durchhaltevermögen und kreative Lösungsansätze. Daran arbeiten wir mit Hochdruck und vereinten Kräften.

Die Gastronomie unterstützen, bevor es zu spät ist

Michael Schnell, 1. Vorsitzender Verein Handel, Handwerk und Touristik Erndtebrück, vor dem Heimatmuseum im Kernort, eine der Sehenswürdigkeiten der Edergemeinde.
Michael Schnell, 1. Vorsitzender Verein Handel, Handwerk und Touristik Erndtebrück, vor dem Heimatmuseum im Kernort, eine der Sehenswürdigkeiten der Edergemeinde. © Eberhard Demtröder

Die Corona-Krise als Chance begreifen – so sieht das auch Michael Schnell, 1. Vorsitzender des Vereins Handel, Handwerk und Touristik in Erndtebrück. Wenn man Wittgenstein und Erndtebrück als touristische Ziele jetzt hervorhebe und bewerbe, „dann sehen die Leute, was wir hier für eine tolle Natur haben“. Und es sei „ja auch schön, wenn Gaststätten und Biergärten jetzt wieder aufmachen“, so Schnell. Gerade jetzt sei es aber wichtig, die Gastronomen aktiv zu unterstützen, betont er. Und nicht erst dann, wenn es für einige womöglich zu spät sei. Andererseits rechnet der Vorsitzende nun nicht gleich mit konkreten Buchungen. „Da haben die Leute einfach noch Angst.“

Heimische Natur schützen

Zugleich gelte es natürlich, die heimische Natur zu schützen, sagt Schnell. Gar nicht so einfach bei zunehmender Trockenheit in den Wäldern, bei der „auch der Borkenkäfer nicht Halt“ mache. Immerhin: „Wir sind ja kühler als andere Regionen“, sagt Schnell über Wittgenstein – oft drei Grad zum Beispiel gegenüber dem benachbarten Siegerland. Und: In Wittgenstein sei schlicht die Luft besser – ideal fürs „Waldbaden“ zum Beispiel. „Wellness, und das kostenfrei.“ Aber welche besonderen Angebote könnte Erndtebrück den Touristen trotz Corona machen?

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Hier möchte Vereinsvorsitzender Schnell gerne das Gespräch mit den Politikern im Rat suchen. Ideen dafür hätten die Gastronomen schon selbst, sagt er. Und sie müsse man als Fachleute natürlich mit ins Boot nehmen. Das Überleben der heimischen Gastronomie, die „es mit am härtesten getroffen“ habe oder auch der Freizeit-Einrichtungen liege natürlich auch in der Hand der Kunden und Gäste, wenn hier jetzt wieder geöffnet sei.

Videokonferenz: Zusammen den Weg aus der Krise finden

Die Nachrichtenlage rund um die Corona-Pandemie entwickelt sich täglich neu – und damit ändert sich immer wieder die rechtliche und politische Situation. Auch in Wittgenstein öffnen schrittweise die Restaurants, dürfen deutsche Urlauber Ferienwohnungen in der Region ansteuern, können die Hotels touristische Urlauber wieder begrüßen. Die Touristiker sowie die Anbieter aus Gastronomie und Hotellerie stehen inmitten der Krise vor großen Herausforderungen.

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In einer interkommunalen Videokonferenz haben sich die Wittgensteiner Touristiker sowie einige Bettenanbieter und Gastronomen aus Bad Berleburg über die aktuelle Situation ausgetauscht. „Es gibt Fragen über Fragen für den Neustart. In dieser problematischen und ungewissen Zeit ist es wichtig, dass wir gemeinsam an Konzepten arbeiten“, sagt Andreas Bernshausen, Geschäftsführer der BLB-Tourismus GmbH. Unterstützung bekommt Bernshausen dabei von den Kolleginnen aus Bad Laasphe und Erndtebrück: „Zusammen finden wir den Weg aus der Krise“, motiviert Signe Friedreich, Geschäftsführerin der TKS Bad Laasphe: „Wir haben somit wieder ein Stück mehr Klarheit, die wir unseren Bettenanbietern weitergeben können.“

Experte mahnt zur Vorsicht

Als Impulsgeber war Lars Martin, Rechtsanwalt und stellvertretender Hauptgeschäftsführer Dehoga Westfalen, dem Onlineforum zugeschaltet. Trotz aller Freude über die aktuellen Lockerungen mahnte der Experte auch zur Vorsicht: „Es ist kein Grund für Jubelstürme“, so Lars Martin. Seit zwei Monaten befinde man sich im Lockdown, die Kurzarbeiterzahl im Gastgewerbe in NRW liege bei 98 Prozent. Mit der nun beschlossenen, schrittweisen Öffnung gebe es auch viele restriktive Verordnungen, die von jedem Einzelnen beachtet werden müssen. Seiner Ansicht nach sollte eine Wiedereröffnung in Gastronomie und Hotellerie gut geplant und mit sämtlichen Hygiene- und Abstandsauflagen durchdacht sein.

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Im Live-Chat stellte sich der Dehoga-Vertreter den Fragen heimischer Anbieter. Trotz der drastischen Veränderungen und der ernsten Lage herrschte zum Abschluss der Videokonferenz hoffnungsvolle Aufbruchstimmung.