Bad Berleburg. Herdenmanagerin Kaja Heising beantwortet, warum die getöteten jungen Bullen nicht an Gehege vermittelt werden konnten.

Die Tötung zweier junger Wisentbullen aus der frei lebenden Herde hat ein großes Echo in den sozialen Medien erzeugt. Viele Menschen fragen sich, warum die Tiere dieser vom Aussterben bedrohten Wildrinderart getötet werden mussten und ob es nicht die Möglichkeit gegeben hätte, die beiden Jungtiere in einen Zoo zu geben. Wir haben diese Fragen an die Herdenmanagerin des Auswilderungsprojektes, Kaja Heising, weitergegeben.

Nur ein Bulle pro Herde

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Heising erläuterte die komplexe Herdenstruktur: „Diese Form der Sozialstruktur bringt mit sich, dass es immer mehr männliche Tiere gibt, als sich mit einer Herde fortpflanzen können. Auch in Zoos ändern Wisente diese Sozialstruktur nicht. Darum können auch Zoos oder andere Gehege nicht mehrere geschlechtsreife Bullen mit einer Herde zusammen halten. Bullen kämpfen um die Dominanz und somit das Recht, sich mit den Kühen zu verpaaren. Ein solcher Kampf bringt Verletzungen mit sich, die nicht selten zum Tod eines Bullen führen. Auch in einem Gehege. Aus diesem Grund gibt es kaum freie Plätze für männliche Tiere einer Art mit dieser Sozialstruktur in Gehegen. Seit Jahren hatten wir uns Europaweit angestrengt, die Tiere unterzubringen.“

Genetische Vielfalt

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Entsprechend hatte auch der Trägerverein des Wisentprojektes die beiden Jungbullen nicht in das Besucherareal der „Wisentwildnis am Rothaarsteig“ übernommen. Ein weiteres Argument war die Inzucht: Da die Jungtiere allesamt vom inzwischen verstorbenen Egnar abstammen, hätten sie für Inzucht mit ihren Müttern oder Schwestertieren gesorgt. „Aus genetischer Hinsicht waren die entnommenen Tiere nicht besonders gut für die weitere Zucht geeignet“, so Heising weiter.

Gegen den Gehege- oder Zoogendanken sprechen laut Kaja Heising weitere Gründe: „Ein Tier, welches in Freiheit geboren und auf mehreren tausend Hektar gewandert ist, soll den Rest seines Lebens eingesperrt bleiben, ohne noch nicht einmal zum Erhalt seiner Art beizutragen. Aus ethischer Sicht kann man das keinem Lebewesen antun“, begründete die Herdenmanagerin.

Bullen-Reservate

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„Eine mögliche Alternative wären Landschaftsareale, in denen ausschließlich Bullen, also ohne Kuhherden, gehalten werden. Dort könnten sie aufbewahrt werden, z.B. für die Landschaftspflege auf großer Fläche weiter leben, bis sie auch dort entnommen werden, sollten sie für die Zucht nicht weiter verbracht werden können. Solche Areale gibt es bislang kaum in Europa. Eine Erweiterung solcher Einrichtungen wäre sinnvoll, um einzelne Bullen erhalten zu können. Für die entnommenen Tiere bestand -aus oben genannten Gründen- kein freier Platz.“

Weitere Entnahmen

Wie viele Tiere künftig noch aus der frei lebenden Herde entnommen werden müssen, ist nicht klar: „Die Anzahl der zu entnehmenden Tiere hängt von der Geschlechterverteilung der künftigen Nachkommen ab, sowie von den Möglichkeiten, Bullen in Zukunft umzusiedeln.“