Birkelbach. Als Ehrengast des Gebetsfrühstücks findet der IHK-Hauptgeschäftsführer deutliche Wort für gesellschaftliche Fehlentwicklungen.

Das Christliche Jugenddorfwerk Siegen-Wittgenstein/Olpe hat Grund zum Feiern. 30 Jahre besteht die Einrichtung in Birkelbach in diesem Jahr. Doch in all die fröhlichen Gedanken beim traditionellen Gebetsfrühstück mischen sich am Mittwochmorgen auch nachdenkliche Töne. Die kommen einerseits vom Leiter der Einrichtung, Wolfgang Langenohl, und andererseits vom Ehrengast des Morgens: Klaus Gräbener.

Auch interessant

Der Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen-Wittgenstein/Olpe wollte über Gesellschaftlichen Zusammenhalt und Netzwerke sprechen, denn auch das Christliche Jugenddorfwerk kann seine Arbeit für Kinder und Jugendliche aus schwierigen familiären Verhältnissen nur deshalb so erfolgreich machen, „weil wir Netzwerker sind“, hatte Einrichtungsleiter Wolfgang Langenohl formuliert.

Netzwerken

Der IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener ist Ehrengast des Gebetsfrühstücks und lobt die Arbeit des CJD.
Der IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener ist Ehrengast des Gebetsfrühstücks und lobt die Arbeit des CJD. © WP | Lars-Peter Dickel

Diese Netzwerke aus Politik, Gewerkschaften, Arbeitgebern und Wirtschaftsverbänden hat Siegen-Wittgenstein und Olpe stark gemacht. Gräbener belegt dies mit Fakten. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse innerhalb von 15 Jahren um 36.000 auf 180.000 gestiegen. Die Lehrstellenquote hat sich seit den 1990er Jahren verdoppelt und der Lebensstandard hat sich enorm entwickelt - Und dies habe mit der Bereitschaft zu tun Kompromisse zu machen und möglichst viel zusammenzuarbeiten. „Es ist uns immer wieder gelungen die wirklich wichtigen Themen streitfrei zu stellen und mit einer Stimme zu sprechen“, formulierte Gräbener das wichtigste Mittel: Die Geschlossenheit. Aber Gräbener warnt auch ganz eindringlich vor einer großen Gefahr für die Gesellschaft: „Das Hauptproblem liegt in den Köpfen. Noch nie war die Lage so gut und die Stimmung gleichzeitig so schlecht. Wir waren einmal das Land der Dichter und Denker. Jetzt sind wir das Land der Nörgler“, spitzt er zu.

Soziale Medien verantwortlich

Auch interessant

Den Schuldigen hat der IHK-Hauptgeschäftsführer ausgemacht: Die Sozialen Medien. „Hier kann ich meinen Hass und meine Hetze absetzen, ohne meine Maske abzuwerfen“, sagt Gräbener und betont die Unfähigkeit zur Diskussion und Meinungsbildung, weil immer kürzerer Antworten auf immer komplexere Probleme verlangt werden. „Wir brauchen eine Allianz für die Vernunft“, formulierte er eine Hoffnung und betonte dabei auch die enorme Bedeutung von Journalismus, dessen wichtige Aufgabe es sei, Debatten um komplexe Themen möglich zu machen und zu begleiten.

Auch interessant

Gräbener warnte aber nicht nur vor der schlechten Stimmung, die zu Entsolidarisierung führe, sondern auch davor, dass sich in der Bildungspolitik eines tun müsse. „Wir machen als Gesellschaft einen Fehler, wenn wir dort, wo die Prägung am intensivsten ist, am schlechtesten bezahlen“, warb der IHK-Hauptgeschäftsführer für Investitionen in Kinderbetreuung und Bildung – gerade weil aus seiner Sicht leider auch viel Erziehungsaufgaben inzwischen von Familien weg in Schulen und Betreuungsangebote verlagert werden, müsse dort mehr getan werden.

Fachkräftemangel

Wolfgang Langenohl bedankt sich bei seinen Mitarbeitern und Unterstützern des CJD mit Schokolade.
Wolfgang Langenohl bedankt sich bei seinen Mitarbeitern und Unterstützern des CJD mit Schokolade. © WP | Lars-Peter Dickel

Langenohl griff dies gerne auf und betonte, dass das CJD ein tarifgebundener, attraktiver Arbeitgeber sei. Trotzdem sei man harter Konkurrenz im Werben um Fachkräfte ausgesetzt, weil die Arbeit in Kindergärten beispielsweise planbarerer Arbeitszeiten habe als die mit Jugendlichen aus einem problematischen Umfeld. Langenohl wünscht sich Unterstützung von der Politik, beispielsweise wenn es darum geht, auch Heilerziehungspfleger einstellen zu dürfen. Nur in NRW seien diese nicht für die stationäre Jugendpflege zugelassen.

Bei all den nachdenklichen Tönen wurde aber auch gratuliert und gefeiert. So lobte Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau das CJD als einen wichtigen Akteur vor Ort, der wertvolle soziale Projekte anbiete. „Ich werbe dafür, dass die Finanzierung des Systems ausreichend sein muss“, sagte Gronau auch in Richtung der anderen Gäste aus der Politik. Und die stellvertretenden Landrätin Waltraud Schäfer hob hervor: „Bildung für alle zugänglich zu machen, ist und bleibt die zentrale Aufgabe dieser Einrichtung. Funktionieren kann das nur, wenn alle zusammenarbeiten.“ Damit schloss sich der Kreis wieder beim Begriff Netzwerk.