Siegen/Bad Laasphe. Ein 64-Jähriger Mann soll seine Nichten aus Bad Laasphe in 56 Fällen missbraucht haben. Seit Mai wird verhandelt. Und jetzt folgen die Plädoyers.
Es hat deutlich länger gedauert, als geplant, das Verfahren gegen einen 64-jährigen Angeklagten, dem vorgeworfen wird, seine beiden minderjährigen Nichten aus Bad Laasphe über Jahre missbraucht zu haben. Zunächst wurde bereits im Mai verhandelt, dann auf den Juli vertagt, seither immer wieder unterbrochen. Seit Donnerstag liegt zumindest der offizielle Strafmaßantrag der Staatsanwaltschaft vor. Katharina Burchert sieht die nach einer Bereinigung verbleibenden elf Vorwürfe „im Wesentlichen“ bestätigt, hat fünf Jahre und sechs Monate gegen den Mann gefordert.
Verteidiger stellt weitere Beweisanträge
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Wie erwartet, kommen am Vormittag zunächst noch einmal Beweisanträge von Verteidiger Dirk Löber. Der versucht zum wiederholten Male, die Kammer zu Glaubwürdigkeitsgutachten gegen die mutmaßlich geschädigten Nichten zu bewegen. Beiden Zeuginnen konstatiert er - wie bereits mehrfach zuvor - erhebliche Abweichungen in ihren Aussagen. Zudem habe die zweite Aussage der Lebensgefährtin seines Mandanten dessen Einlassung bekräftigt, mit den Vorwürfen nichts zu tun zu haben. Umgekehrt seien auch die Vorwürfe gegen den verstorbenen Vater bestätigt, dass dieser gegen die eigenen Töchter übergriffig geworden sei. Die Kammer nimmt sich eine halbe Stunde Zeit und lehnt die Anträge ab, mit Verweis auf die Begründung der früheren Ablehnungsbeschlüsse. An der Grundlage habe sich nichts geändert.
Verteidiger plädiert am 31. Oktober
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Durchsetzen kann sich der Verteidiger aber mit der Bitte, sein Plädoyer auf den nächsten Verhandlungstag (31. Oktober) zu verschieben. Er stehe selbst mit einem Sachverständigen in Verbindung und warte auf dessen Rückmeldung, kündigt Löber an und muss sich von der Vorsitzenden anhören, dies auch schon am 23. September vorgebracht zu haben. Der Anwalt bestätigt, erklärt diverse Probleme bei der Kommunikation mit dem Sachverständigen, bittet darum, dem Angeklagten diesen Kontakt aus Gründen des „fair trial“ vor seinem Plädoyer noch zu ermöglichen. Richterin Elfriede Dreisbach stimmt zu, lässt aber zumindest die Staatsanwältin schon einmal plädieren. Zuvor werden die zunächst 53 angeklagten Taten bis auf elf eingestellt.
Taten haben sich gesteigert
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Nach einer weiteren Pause von 30 Minuten geht Katharina Burchert sehr genau auf alle Aussagen des langen Prozesses ein, sieht nach der Beweisaufnahme die Darstellungen des Angeklagten eindeutig durch die Aussagen der beiden Nichten widerlegt. Beide seien glaubwürdig gewesen, ohne größere Belastungstendenzen, hätten Gedächtnislücken eingeräumt und den Onkel auch durchaus positiv geschildert. Er sei für sie ein wichtiger Teil der Familie gewesen, der, mit dem sie „die coolen Sachen“ hätten machen können. Da seien dann die sexuellen Kontakte praktisch ein notwendiges Übel gewesen für die späteren Belohnungen. Die Taten hätten sich im Laufe der Zeit gesteigert. Burchert gibt sich große Mühe, konkrete Erinnerungen mit den verbleibenden Vorwürfen zu verbinden. Die entlastenden Aussagen der Lebensgefährtin des Mannes und deren Kinder hält sie für problematisch. Die Frau sei überwiegend eine Zeugin vom Hörensagen, ihre Erinnerungen dabei bemerkenswert ähnlich in Worten, wie die des Angeklagten. Interessant finde sie die Aussagen der Kinder, die den Freund der Mutter ganz ähnlich als Bezugsperson geschildert hätten, wie die beiden betroffenen Nichten. Deren Aussagen wiederum würden durch die anderen Geschwister und die Mutter gestützt, wobei sie überhaupt nicht den Eindruck von Absprachen untereinander gehabt habe, betont Burchert. Dazu kämen die Fotos und Videos, die den Angeklagten praktisch zu jeder Jahreszeit und über viele Jahre im Kreise der Familie zeigten, während er doch kaum in Bad Laasphe gewesen sein wolle.
Die Forderung der Anklage
Abschließend sieht die Staatsanwältin fünf Fälle des sexuellen Missbrauchs gegeben, dazu sechs weitere des schweren sexuellen Missbrauchs, und hält die fünf Jahre und sechs Monate für die angemessene Bestrafung. Der Verteidiger wird seinen Schlussvortrag nach Plan nun erst am 31. Oktober halten, möglicherweise dann noch einen weiteren Antrag stellen. Mit Blick darauf hat auch Nebenklagevertreterin Simone Göckus ihr Plädoyer auf diesen Tag verschoben. Das Urteil stünde dann am 7. November auf dem Kalender.