Wittgenstein. Der Landwirtschaftskammer-Bezirk Meschede erhält von 8,7 Millionen Euro nur rund 242.000 Euro. Für viele ist es zu wenig, sagt der Kreislandwirt.

Die NRW-Landespolitik in Düsseldorf feiert es als „wichtigen Beitrag zur Sicherung der Existenz unserer Landwirtinnen und Landwirte“. Für Kreislandwirt Lothar Menn ist es genau das Gegenteil: „So macht man die Landwirtschaft kaputt“, schüttelt der Erndtebrücker den Kopf. Die Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hat die „abschließende Bilanz zum Schadensausgleich Dürreschäden“ vorgelegt. Für Lothar Menn ist das Ganze „ein schlechter Witz“.

8,7 Millionen für 457 Antragsteller

8,7 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln seien an 457 Antragsteller ausgezahlt worden, teilt das Ministerium in einer Pressemitteilung mit. Zusammengefasst gingen die verteilten Mittel an die jeweiligen Kreisstellen der Landwirtschaftskammer NRW.

Detaillierte Vorgaben für staatliche Unterstützung

Die Betriebe mussten Schäden in Höhe von mehr als 30 Prozent der durchschnittlichen Jahreserzeugung aus der Bodenproduktion (also dem Acker- und Futterbau) nachweisen. Sofern Dürrebeihilfen gewährt wurden, konnten Schäden in den Betrieben zu maximal 50 Prozent ausgeglichen werden.

Auch für Futterzukäufe konnte eine Hilfe von 50 Prozent beantragt werden, erläutert das Ministerium die Vorgaben. Jeder Antrag sei einzeln geprüft worden.

Kritik an Prüfkriterien erneuert

Für den kritischen Kreislandwirt Lot­har Menn war schon im Oktober vergangenen Jahres klar, dass sich diese Praxis nicht auszahlen werde: Beim Wittgensteiner Erntedankfest war er auf dem Podium auf das Thema Dürre und staatliche Hilfen angesprochen worden. Und Menn berichtet von Futterausfällen durch die Trockenheit: Der eine Bauer sei gezwungen, Futter dazu zu kaufen, der andere müsse Tiere verkaufen, damit diese nicht hungern.

Gläserner Landwirt

Schon damals betonte Menn: Vielerorts werde zwar von Entschädigung in Höhe von 350 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt gesprochen, doch die kämen in Wittgenstein nicht an. „Welcher Landwirt kann schon rückwirkend für drei Jahre beweisen, dass er einen Ernteausfall von 30 Prozent hatte?“, ärgert sich Menn. Voraussetzung sei, dass man seine Finanzen offen lege und vorher alle Rücklagen wie Lebensversicherungen einsetze.

242.873 Euro flossen über die Landwirtschaftskammer Meschede in die zugehörigen Kreise Siegen-Wittgenstein, Hochsauerland und Olpe. Damit liegt die Region auf dem viertletzten Platz. Die Höchstbeträge gingen an den Niederrhein und nach Borken.

„Nebenerwerbslandwirte fallen dabei sowieso hinten runter“

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Die durchschnittliche Entschädigung pro Betrieb lag laut Ministerium bei 19.097,62 Euro. „Das ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein“, ärgert sich Lothar Menn. Gerade die Grünland-Betriebe, die beispielsweise im Siegen-Wittgenstein, Olpe und dem Hochsauerland vorherrschten, seien von der Trockenheit hart getroffen worden. Ertragseinbußen hätten auf der Einnahme-Seite im Buch gestanden und große Investitionen für Futterzukäufe auf der Ausgaben-Seite. Ein Problem aber auch: Das Verteilungsverfahren ist aus Menns Sicht viel zu kompliziert gewesen. Deswegen hätten aus seiner Kenntnis auch nur rund 40 Haupterwerbslandwirte Anträge gestellt. „Die Nebenerwerbslandwirte fallen dabei sowieso hinten runter, weil sie ihr Geld woanders verdienen“, sagt Menn.

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Diesen Umstand kommentiert Ursula Heinen-Esser im Pressetext: „Die Dürrebeihilfe kann sicher nicht alle Schäden ausgleichen. Damit leisten wir jedoch für die Betriebe, die die Trockenheit extrem hart getroffen hat, einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Existenz.“

Dürre setzt sich fort

Die Dürrehilfe sei als nicht rückzahlbarer Zuschuss ausgezahlt worden. Außerdem sei in jedem Einzelfall geprüft worden, ob die Schäden existenzgefährdend gewesen seien.

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Von Lars-Peter Dickel

Lothar Menn hätte sich bereits 2018 weitaus unbürokratischer Hilfen für seine Berufskollegen gewünscht. Denn auch dieses Jahr dauere die Trockenheit an. „Wir haben unseren ersten Schnitt aus dem Mai schon verfüttert und müssen noch einen machen und sehen, ob es reicht.“ Zwei Jahre in Folge halte man diese Situation nicht aus, weiß der Milchviehhalter aus der Rohrbach und erneuert seine Kritik: „So macht man die Betriebe kaputt.“

Regionale Verteilung der ausgezahlten Mittel

auf Ebene der Kreisstellen der Landwirtschaftskammer NRW:
• Aachen/Düren/Euskirchen: 313.246,44 €
• Borken: 1.602.746,12 €
• Coesfeld /Recklinghausen: 551.372,86 €
• Gütersloh/Münster/Warendorf: 313.604,00 €
• Heinsberg/Viersen: 518.969,06 €
• Herford-Bielefeld/Minden-Lübbecke: 253.106,13 €
Hochsauerland/Olpe/Siegen-Wittgenstein: 242.873,42 €
• Höxter/Lippe/Paderborn: 210.897,04 €
• Kleve/Wesel: 2.143.183,48 €
• Mettmann/Oberbergischer Kreis/Rheinisch-Bergischer-Kreis: 549.814,67 €
• Rhein-Kreis-Neuss/Rhein-Sieg-Kreis: 81.564,52 €
• Ruhr-Lippe/Märkischer Kreis/Ennepe-Ruhr: 836.566,61 €
• Soest: 41.379,18 €
• Steinfurt: 1.068.290,32 €