Wittgenstein. Eine nachhaltige Alternative zu den Plastik-Ballen gibt es kaum. Kreislandwirt kritisiert mangelnde Unterstützung von der Politik.

Überall auf dem Land erheben sich gerade Berge aus Plastikballen, die Futter für das Vieh silieren. In Zeiten, in denen die Umweltpolitik über Nachhaltigkeit diskutiert, scheint diese Maßnahme kontraproduktiv zu sein. Alternativen dazu gibt es, zum Beispiel in Form einer Beton-Fahrsiloanlage. Doch diese können sich gerade kleine landwirtschaftliche Betriebe oft nicht leisten, sagt Lothar Menn, stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband.

Die Investition

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In Menns Fall, der mit seiner Familie einen 150-Milchvieh-Betrieb in der Rohrbach führt, würde eine derartige Anlage rund 300.000 Euro kosten. Über mehrere Jahre gesehen würde sich eine derartige Investition irgendwann rechnen, aber: „Keine Bank würde mir einen Kredit dafür geben, das Risiko wäre für sie zu hoch“, so Menn. Er selbst habe zwar noch ein Beton-Silo auf seinem Hof stehen, das er 1979 gebaut hat, jedoch nicht mehr die mittlerweile strengeren EU-Richtlinien erfülle. Außerdem bekomme er als Landwirt keinen messbaren Mehrwert mit dem Bau einer Siloanlage. Die Milchpreise würden dadurch schließlich nicht steigen.

Die Haltbarkeit

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Abgesehen von einer Beton-Fahrsiloanlage könnten Landwirte auch auf ein Fahrsilo zurückgreifen, das mit einer großen Plane abgedeckt werden würde. Allerdings wäre das Heu dann nicht so lange haltbar. „Das müsste innerhalb eines halben Jahres aufgebraucht werden“, sagt Menn. Wenn die Landwirte die einzelnen Strohballen jedoch in Plastikfolie einwickeln, wird die Sauerstoffzufuhr gekappt und das Heu kann nicht so schnell verfaulen. Nach Menns Kenntnis nutzen so gut wie alle Landwirte in Wittgenstein derartige Silagen – „obwohl uns der Aufwand und das Einwickeln in die Plastikfolie auch nicht immer gefällt.“

Die Entwicklung

Generell wirtschafteten die Landwirte in Wittgenstein sehr nachhaltig, versichert Menn. Ein Rückgang in der Rindviehhaltung sei ein Beispiel dafür: In dem Zeitraum 1976 bis 2016 habe der Bestand im Altkreis um 5000 Tiere abgenommen. Das habe nicht nur dazu geführt, dass der Einsatz von Wirtschaftsdünger – der zu einem großen Teil aus Gülle, Jauche und Mist besteht – stark reduziert wurde, sondern auch das klimaschädliche Treibhaus Methan.

Kritik an der Politik

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Zwar werde auf manchen Grünflächen auch Glyphosat aufgebracht, das vor allem wegen seiner Krebsgefahr in der Kritik steht, dennoch verursache die Wittgensteiner Landwirtschaft laut Menn keine Umweltprobleme. „In den Hausgärten in Siegen-Wittgenstein wird mehr Chemie als in der Landwirtschaft eingesetzt“, so Menns These.

Generell wünscht er sich, dass die Politik mehr regionale Unterschiede berücksichtige. „Wir hier in Wittgenstein haben zum Beispiel kein Problem mit Nitrat im Grundwasser, ganz im Gegensatz zum Münsterland.“ Trotzdem müssten die Landwirte die gleichen Richtlinien befolgen und Vorkehrungen treffen, die natürlich auch Geld kosten. Geld, das womöglich an anderer Stelle besser genutzt werden könne. Zum Beispiel beim Bau einer nachhaltigen Beton-Fahrsiloanlage.

>>> WAS MAN UNTER SILAGE VERSTEHT

Silage entsteht, wenn gemähtes Gras nur leicht angetrocknet, dann gepresst und luftdicht verschlossen wird. Das relativ haltbare Produkt kann entweder in großen Fahrsilos aufbewahrt werden oder eben in Plastikfolien gewickelt.

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Im Vergleich zum Fahrsilo auf dem Hof haben die Ballen Vorteile: Sie brauchen weniger Platz als ein Silo und sind praktisch in der Handhabung. Allerdings landet das Plastik am Ende in der Müllverbrennung – das trübt die Ökobilanz.

Eine weitere Möglichkeit, um Silage haltbar zu machen: Folie zum Aufsprühen, die aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Sie befindet sich gerade in der Entwicklung, bis sie auf den Markt kommt dauert es noch. Unter anderem wird daran an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft geforscht.