Amecke/Lehrte. Bürgermeister Brodel sieht sich hintergangen von den Investoren, die Politik fragt, warum er nicht eher über den Deal informierte.

Als eine lange Reihe von „Merkwürdigkeiten“ beschreibt Bürgermeister Ralph Brodel den in der Vorwoche bekanntgewordenen Deal zwischen den Besitzern des Ferienpark-Geländes und der Helma AG aus Lehrte bei Hannover. Brodels Urteil: „Die Stadt wurde kalt getäuscht.“

„Ein merkwürdiger Umgang mit der Stadt Sundern.“ So bewertet Brodel in einer Stellungnahme den Verkaufsvorgang. Schon im September hatten die Investoren angesichts eines Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg wegen der ausstehenden Anschlussgebühren nach Jahren erstmals wieder ein Lebenszeichen gezeigt. Es folgten wilde Spekulationen um einen möglichen Rückkauf des Geländes für einen machbaren Preis.

Angebot von Joosten geprüft

„Während das, wie man jetzt sagen muss, sogenannte verbindliche Kaufangebot der Sorpesee Resort GmbH durch Geschäftsführer Gerard Joosten vom 5. September 2019 über einen Teilbereich der Gesamtflächen noch geprüft wurde, hat man es unter der Hand für ein Vielfaches des Preises verkauft. Hiervon wurden nicht nur die Stadt und ich überrascht, sondern ebenso der Anwalt des Verkäufers“, wettert Bürgermeister Brodel. Während die von der Sorpesee Resort GmbH und Joosten beauftragte Anwaltskanzlei aus Köln (Görg und Partner) noch in den Vorverhandlungen über das „verbindliche Kaufangebot“, so die schriftliche Nachricht der Kanzlei, mit der Stadt stand, habe Joosten Parallelgeschäfte gemacht: „Ohne offensichtlich seine Kanzlei und damit auch die Stadt Sundern hiervon zu unterrichten.“

Handlungsspielräume verloren

Die Folge: Die Kanzlei zog darauf am Freitag, 7. Februar, das Verkaufsangebot an die Stadt zurück und informierte Brodel schriftlich. Die Verkaufsofferte vom 5. September 2019 sollte nach Willen des Bürgermeisters schnell angenommen werden, um endlich wieder Handlungsspielräume im Interesse der Stadt zu bekommen. Doch es dauerte. Das begründet Brodel so: „Das Verkaufsangebot musste aber intensiv geprüft werden.“ Es sei zwar im Namen der Sorpesee Resort GmbH der Stadt zum Kauf angeboten worden, gleichzeitig aber seien niederländische Mitgesellschafter involviert gewesen. Diese Gruppe um Rechtsanwalt Theo van Oorschot lehnte den Verkauf ab (unsere Zeitung berichtete). Van Oorschot schrieb Bürgermeister und Stadträten, dass er mit seiner Gruppierung die Mehrheit habe. Außerdem gäbe es einen deutschen Interessenten. Die Helma AG, wie man nun weiß.

Niederländisches Recht

Für die Stadt aber hieß dies, so Brodel, dass in vielen Fragen das niederländische Gesellschaftsrecht anzuwenden und ausschlaggebend sei: „Hierfür hatten wir um ein Gutachten und eine eindeutige

Bewertung der Rechtmäßigkeit des Verkaufsangebots durch die Kanzlei des Verkäufers gebeten“, so Brodel. So hätten mögliche Überraschungen oder langjährige Klagen über die Rechtmäßigkeit des Kaufes ausgeschlossen werden sollen.

Bis zu 220 Ferienhäuser

Mit dem Projekt Ferienpark Amecke wird die Errichtung von ca. 220 Ferienhäusern östlich des Sorpesees, im Ortsteil Amecke, geplant. Der Ferienpark entsteht in einem bisher geschlossenen Waldgebiet in Kuppellage oberhalb des Amecker Damms.

Angedacht ist ein Vier-Sterne Feriendorf samt Freizeitanlagen. Ein zunächst ebenfalls geplantes Hotel soll nach den neuesten Vorstellungen des Projektent­wicklers nun doch nicht gebaut werden. Der Projektent­wickler sagt bis zu 250 000 Übernachtungen pro Jahr voraus.

Brodel verteidigt sein Tun: „Hier wollte weder ich, noch sollte der Rat Überraschungen erleben.“ Das Gutachten wurde von der Kölner Kanzlei an einen Spezialisten für niederländisches Gesellschaftsrecht vergeben und lag am 25. Oktober 2019 der Stadt vor. Daraus hätten sich dann aber weitere Fragen ergeben, die zuerst eindeutig beantwortet hätten werden müssen, so Ralph Brodel.

„Diese Fragen habe ich der Kanzlei am 29. Oktober übersandt und diese hat den Gutachter aufgefordert, unsere Fragen zeitnah zu beantworten“, beschreibt er den Fortgang. Mehrmals hätte er an die Beantwortung erinnert. „Hiervon unterrichtete der Bürgermeister regelmäßig den Rat“, so Brodel weiter.

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Dann aber kam der Schock: „Stattdessen wurde das Grundstück unter der Hand verkauft, ohne dass dies direkt der Kanzlei oder der Stadt angezeigt worden wäre.“ Vielmehr sei dann über die Tagespost am 9. Januar eine Vorkaufsanzeige im Rathaus eingetrudelt: „Das war schon ein Hammer, der auch die Kanzlei des Verkäufers scheinbar völlig unvorbereitet getroffen hat.“ Er habe dann direkt mit der überraschten Kanzlei Kontakt aufgenommen. Damit stehe die Stadt jetzt wieder am Anfang „mit diesem unglückseligen Projekt“, beschreibt er die Situation heute.

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„Für mich gilt jetzt, dass wir dem neuen Besitzer deutlich machen, dass wir hier weder einen riesenhaften Ferienpark mehr wollen und ebenso wenig Häuser, die nicht in die Landschaft passen. Sei es von der Größe oder der äußeren Gestaltung her. Ebenso werden wir an unseren Forderungen der Anschlussgebühren festhalten“, so Brodel zur To-do-Liste. Der gesamte Sachverhalt wird Thema am morgigen Donnerstag im Rat.

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Andere Sicht in der Politik

Politiker sehen dies anders: So hätte zum Beispiel das Vorkaufsrecht der Stadt auf den alten Freibad-Parkplatz ausgeübt werden müssen und acht Wochen lang beraten werden können, moniert gestern die

Ein Bild von 2009: Die neuen Pläne diskutieren der damalige Stadtmanager Franz-Josef Rogoll, Anwalt Theo van Oorschot und Wim Egging vom Investorenteam (von links).
Ein Bild von 2009: Die neuen Pläne diskutieren der damalige Stadtmanager Franz-Josef Rogoll, Anwalt Theo van Oorschot und Wim Egging vom Investorenteam (von links). © WP-Archiv

WiSu. Auch vermisst man ohnehin die Beteiligung des Rates, um an dem Deal noch irgendetwas zu verändern. Seit der Ältestenratssitzung am Montag weiß man aber, dass die Stadt Sundern schon am 27. Januar schriftlich auf das Vorkaufsrecht verzichtet hat. So gehören der Parkplatz und die alten Tennisplätze nun ebenfalls der Helma AG. Sollte diese den Pachtvertrag mit der Sorpesee GmbH kündigen und Eigennutzung reklamieren, gingen etwa 60.000 Euro im Jahr verloren. „Das ist alles schlimmer als gedacht“, so gestern ein Politiker des Rates gegenüber unserer Zeitung.

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Gespräche führen

„Jetzt werden wir Gespräche mit den neuen Besitzern führen und sie an ihre Unternehmensgrundsätze erinnern, mit denen sie werben“, sagt Bürgermeister Ralph Brodel. Ob aber die Erinnerung an die Werte Nachhaltigkeit, Transparenz und Zuverlässigkeit sie hindern werden, sämtliche Flächen zu bebauen, glauben vor allem die Amecker Bürger nicht. Fazit von Brodel: „Nach den jetzt offenliegenden Merkwürdigkeiten rund um den Kauf der Grundstücke bin ich gespannt“, so Brodel.

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Klarheit erhoffen sich die Amecker, wenn der Geschäftsführer der Helma Ferienimmobilien GmbH aus Berlin, der Däne Per Barlag Arnholm, in ihrem Ort die Pläne vorstellten könnte.