Siegen. . Da half auch kein Regenschirm. Die beiden jungen Tankstellenräuber von Siegen müsen für drei Jahre ins Gefängnis. Verurteilt wurden sie von Richter Wolfgang Münker und Kollegen nach Jugendstrafrecht. Bei beiden seien unter anderem „erhebliche Reifeverzögerungen“ erkennbar.

Jeweils drei Jahre Jugendhaft haben Richter Wolfgang Münker und seine Kollegen gegen die beiden Siegener verhängt, die rund um den Jahreswechsel fünf Überfälle auf vier Tankstellen begangen hatten. Bei den Überfällen verwendeten sie einen Regenschirm, um das Gesicht zu verbergen.

Nach zwei Jahren auf Bewährung raus?

Schwere räuberische Erpressung in fünf Fällen, davon einmal als Versuch, hieß es im Urteil. Nach eingehender Beratung hatte sich die Kammer entschlossen, Jugendstrafrecht anzuwenden, weil bei beiden „erhebliche Reifeverzögerungen“ erkennbar und erzieherische Maßnahmen dringend geboten seien. Dabei muss der 20-jährige K., der bereits ein gutes halbes Jahr Untersuchungshaft hinter sich hat, weiter im Gefängnis bleiben.

PlädoyersEr hat dort eine auf 18 Monate angelegte Ausbildung begonnen, die zu unterbrechen nicht sinnvoll sei. Er wisse wohl, dass sich K. ungerecht behandelt fühle, weil sein Mittäter Ö. (19) nicht inhaftiert wurde und auch nach dem Urteil in Freiheit bleiben konnte. „Dafür werden Sie aber auch viel früher entlassen“, stellte der Vorsitzende dem jungen Mann in Aussicht. Er habe in der Haft bereits Besserung erkennen lassen. Wenn er die Ausbildung durchhalte und die Untersuchungshaft angerechnet werde, könne er nach zwei Jahren auf Bewährung entlassen werden.

Schmiere gestanden

In drei Fällen stand K. als derjenige Täter fest, der in die Tankstelle gegangen war. Ö. hatte nach den Aussagen „Schmiere“ gestanden. Beim letzten Überfall im Januar war hingegen nicht genau zu klären, wer mit vorgehaltener Schreckschusswaffe gehandelt hatte. Beide schoben sich die Tat gegenseitig zu. Ein Dritter komme nicht in Frage, es müsse einer der beiden gewesen sein, betonte Wolfgang Münker und unterstrich mehrfach, dass beide letztlich das gleiche Maß an Schuld treffe.

Typisch für die negative Einstellung des Duos seien auch die – letztlich allerdings nicht verwirklichten – Pläne gewesen, das Privathaus des Arbeitgebers eines der beiden auszuräumen und die Einbruchsidee, die bei der vollen Kasse eines Elektromarktes gekommen sei.

Folgen für die Angestellten

Die jungen Männer seien in Deutschland geboren, aber in türkischen Familien aufgewachsen, wären mit den Unterschieden der Kulturen offensichtlich nicht fertig geworden. Sie hätten trotz Ausbildungsstelle nie eigenständig gelebt. Daher seien drei Jahre Jugendstrafe die richtige Zeitspanne, noch erzieherisch auf beide einzuwirken. Offenbar sei in den Familien „etwas schiefgelaufen“.

Großen Wert legte der Richter auf die Folgen der Überfälle für die Angestellten der Tankstellen. Bis auf einen hätten sich alle länger krankmelden müssen, ernste psychische Probleme gehabt. Der Student, der zweimal überfallen wurde, habe sogar längere Zeit gar nicht neben dem Studium arbeiten können und seine Stelle gekündigt.