Siegen. . Die Überfälle auf Tankstellen in Siegen und Kreuztal nehmen zu. Ein Räuber mit Regenschirm kassierte gleich zweimal in der Tankstelle am Effertsufer ab. Erst vor wenigen Tagen wurde in Kaan-Marienborn eine Tankstelle überfallen. Trotzdem will die Polizei von keiner Serie im Siegerland sprechen.

Am 7. November und am 5. Dezember raubt ein Mann die Tankstelle am Effertsufer aus. Der Täter fällt auf, weil er den Verkaufsraum mit einem Regenschirm betritt. Ein heute 23-jähriger Student hatte das Pech, an beiden Abenden dort zu arbeiten. Er berichtet: „Ich habe ihn erst gesehen, als er in der Tür stand. Dann hörte ich die Worte ,Geld her’ und sah in eine Waffe.“

23-Jähriger versuchte Ruhe zu bewahren

Der 23-Jährige reagiert besonnen: „Ich habe versucht, keine große Hektik zu machen, und das Ganze ruhig über die Bühne zu bringen.“ Nichtsdestotrotz reagiert sein Gehirn in dieser Situation mit einem „extremen Adrenalinkick“. „Der Körper schaltet auf einen Schutzmechanismus. Alles geht schneller, der Körper blendet Sachen aus“, erinnert sich der angehende Bauingenieur.

Nach zwei Überfällen keine Ruhe mehr bei der Arbeit

Die Konsequenzen daraus zieht er schnell: „Ich habe gekündigt. Auch, um für mich selbst einen Schlussstrich zu ziehen. Selbst mit den zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen, die der Chef jetzt eingeführt hat, könnte ich dort nicht mehr ruhig arbeiten.“ Ausschlaggebend für ihn sei allein die kurze Abfolge gewesen: „Ich dachte, die Wahrscheinlichkeit, dass das zweimal passiert, wäre nicht gerade hoch“, resümiert der 23-Jährige.

Fünf Tankstellen-Überfälle in drei Monaten

2. November 2013: Maskierte versuchen gegen 20.30 Uhr das Kassenhäuschen einer Tankstelle in der Fludersbach zu überfallen.

7. November: Es ist gegen 20.40 Uhr, als ein ein Mann in einem Ganzkörperregenanzug und mit einem Regenschirm die Tankstelle am Effertsufer betritt. Er bedroht den Angestellten mit einer Waffe und raubt anschließend die gesamten Tageseinnahmen.

23. November: Mit einer Pistole bewaffnet überfällt ein Mann die Tankstelle in Buschhütten. Zu Fuß kommt er mit den Tageseinnahmen davon.

3. Dezember: Ein Wohnsitzloser 49-Jähriger wickelt eine Tomate in eine Tüte und hält ein Feuerzeug darunter. Mit dieser „Tomaten-Handgranate“ überfällt er gegen 1.40 Uhr die Kassiererin einer Tankstelle in Weidenau. Die Beute: Mehrere hundert Euro und Zigaretten. Die Polizei schnappt den Mann und führt ihn dem Haftrichter vor.

5.Dezember: Der Schirmräuber schlägt wieder zu. Gegen 21 Uhr raubt der Täter die Tankstelle am Effertsufer aus.

18. Januar 2014: Tatort: Aral-Tankstelle in der Marienborner Straße. Gegen 21.15 Uhr überfällt ein Mann die 25-jährige Angestellte. Er verstaut das Bargeld in einer Plastiktüte und verschwindet zu Fuß.

Trotz der Häufung innerhalb nur weniger Monate ist die Polizei vorsichtig bei ihren Schlussfolgerungen. Zu diesem Zeitpunkt sei eine mögliche Verbindung nicht auszuschließen: „Tatzusammenhänge sind möglich und sind auch Bestandteil unserer Ermittlungen“, sagt Pressesprecher Georg Baum. Von einer Serie möchte er aber nicht sprechen: „Das wäre jetzt zu viel gesagt. Tankstellenüberfälle haben wir immer wieder mal. Wenn wir jetzt eine Serie hätten – was wir prüfen – wäre das ungewöhnlich.“ Es scheint für den Täter eine vermeintlich leichte und schnelle Möglichkeit zu sein, relativ schnell und einfach an Bargeld zu kommen“, sagt Baum – versteht aber die Risikobereitschaft der Täter nicht.

Tankstellen wiesen bestimmte Gemeinsamkeiten auf: „Es sind Objekte, die oft Tag und Nacht geöffnet sind, und wo man weiß, dass es eine Kasse gibt .“ Und sie „sind abzugrenzen von großen Lebensmittelläden, wo sich durchgehend größere Menschenmengen befinden.“

Die meisten Tankstellen-Überfälle in den Abendstunden

Tatsächlich wurden die meisten Überfälle in den Abendstunden, etwa zwischen 21 und 22 Uhr verübt: „Dann ist es eher ruhig, und vielleicht ist gerade nur der Tankwart im Verkaufsraum“, skizziert Baum. „Außerdem ist der Täter leichter im Schutz der Dunkelheit verschwunden.“ Ein hohes Risiko, entdeckt zu werden, gingen die Täter dennoch ein – immerhin könne jeden Moment ein Auto an den Zapfsäulen vorfahren. Zudem seien Tankstellen auch nachts hell erleuchtet und kameraüberwacht.