Hilchenbach. . Der Bahnhof in Hilchenbach wird zum Studienobjekt der Universität Siegen. Die Architektur­Studenten, meist im sechsten Semester, haben sich darauf eingelassen, Ideen für diesen „Bewegten Ort“ (so das Thema) zu entwickeln.

Samed Sahan und Engin Toptsi bringen den Bahnhof in einer Art Reichstagskuppel unter. Dominik Stork erfindet „4 Cross 4 Hilchenbach“ – eine Rennpiste für BMX-Räder direkt neben dem Bahnhof. Julia Steinberg und Sonia Kubel gruppieren Empfangshalle, Büro- und Veranstaltungsgebäude wie ein Band aus Glas und Beton — „wir haben das Thema Bewegung aufgenommen“, sagt Julia Steinberg. Und um die geht es, naturgemäß, am Bahnhof zu allererst.

Studenten entwickeln Ideen für Bahnhof

„Einen Bahnhof habe ich noch nie angeboten“, sagt Prof. Michael Lenhart. Die Architektur­studenten und -studentinnen, meist im sechsten Semester, haben sich darauf eingelassen, Ideen für diesen „Bewegten Ort“ zu entwickeln. „Davor war’s ein Hafen“, lacht Zohal Soori, die zu den Studierenden gehört, die das Hilchenbacher Projekt für ihre Bachelor-Abschlussarbeit nutzen wird. Das Thema, sagt Michael Lenhart, habe sich durch die Kooperation mit der Stadt Hilchenbach ergeben.

Architektin Katja Marx, Mitarbeiterin im Team, kommt selbst aus der Stadt und hat den Bahnhof als Studienobjekt vorgeschlagen. Den habe er, so Prof. Lenhart, „in einem ganz desolaten Zustand“ vorgefunden. Abbruch und Neubau — das war die Aufgabe, deren erste (Zwischen-)Lösungen die Studierenden jetzt dem Stadtentwicklungsausschuss vorstellten. Für ihre Planspiele hatten sie nicht nur alle kreative Freiheit, sondern auch viel Platz. Die vorgestellten Pläne gehen weit über das Bahngelände hinaus und beziehen gleich auch das angrenzende Gewerbegebiet mit ein.

Bahnhof für Schüler und Ausflügler attraktiver machen

Animationen für den Bahnhof Hilchenbach von Dominik Stork.
Animationen für den Bahnhof Hilchenbach von Dominik Stork. © Universität Siegen

Zwei Gruppen sind Lenhart und seinen Studierenden ins Auge gefallen: zuerst die Schüler, für die die Bahnhof eine Station auf ihrem Schulweg ist, „ohne einen Ort, wo man sinnvoll warten kann, ohne irgendeine Attraktivität“. Und dann die Freizeitausflügler, für die Hilchenbach, ob auf Schusters Rappen oder mit dem Fahrrad, das Tor zum Rothaarsteig ist. Eigentlich. Denn bei der Ankunft am Bahnhof, so wie er sich jetzt darstellt, „fühlt man sich eigentlich etwas verloren.“

Den Architektur-Studenten ist eine Menge eingefallen 

Den angehenden Architekten ist eine Menge eingefallen: Vom Restaurant bis zur Fahrradwerkstatt reicht das Angebot. Moussa Bdeir und Bastian Fedde haben einen kompletten Jugendpark konzipiert. Aliaksandr Okalakulak und Yury Kolodich planen ein Bahnhofsviertel mit um Innenhöfe gruppierte Neubauten: Wohnungen, Fitnessstudio, Läden und die Empfangshalle selbst hinter Spiegelglasfassaden.

Dabei beweisen die Studierenden Aufmerksamkeit fürs Detail. Das „Stellwerk“ mit Schrankenkurbel, Weichen- und Signalhebeln direkt am Bahnsteig beeindruckte derart, dass mancher die Anlage direkt wie ein Museum hinter Glas packen würde.

Brücke über die Gleise

Animationen für den Bahnhof Hilchenbach von Moussa Bdeir und Bastian Fedde
Animationen für den Bahnhof Hilchenbach von Moussa Bdeir und Bastian Fedde © Universität Siegen

Aufgefallen sind auch die Schüler, die vom Herrnberg aus direkt den Weg über die Gleise statt über den Bahnübergang mit der Schranke nehmen. Für sie finden sich jetzt in manchem Entwurf Brücken oder Tunnel. „Das Schöne ist, dass so ein Kaleidoskop an Ideen entstanden ist“, sagt Prof. Michael Lenhart, „das bekommt man natürlich nicht, wenn man zu viele Vorgaben macht.“

Dass die Politik die Ideen in die Realität umsetzt, ist vorerst nicht zu erwarten — dafür müsste die Stadt den Bahnhof und die umliegenden Flächen erst einmal kaufen. „Es sind einige hochinteressante Überlegungen dabei“, meint Baudezernent Michael Kleber. Aufgefallen ist ihm das Interesse auch an den Freiflächen um den Bahnhof herum. Und, „dass man sich vorstellen konnte, dass der Bahnhof eine attraktive Option für studentisches Wohnen ist.“

Realistisch? Michael Lenhart erinnert sich, wie er, damals als Angehöriger des Rektorats, 2002/03 Studierende beauftragte, die Uni im Unteren Schloss unterzubringen. Gut zehn Jahre später verwandelt sich das Hirngespinst von einst in den Campus Siegen-Mitte.