Siegen. Stadt Siegen möchte dringend nötigen Wohnraum in einer zentrumsnahen, urbanen, modernen Siedlung auf dem Wellersberg. Jetzt kommt Widerstand.

Die CDU hat Bedenken. Die Fraktion hat über die aktuellen Pläne für das künftige Wohngebiet auf dem Wellersberg beraten und kann derzeit keiner der Varianten zustimmen. Sorgen machen sich die Christdemokraten insbesondere wegen der Verkehrssituation und der angedachten mehrstöckigen Wohngebäude. Man sehe da insgesamt noch Beratungsbedarf, so Fraktionschef Marc Klein. Die Stadtverwaltung und andere Fraktionen reagieren verschnupft.

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Die CDU sehe auf dem Gelände des ehemaligen Munitionsdepots keine „Großwohnsiedlung“, in der auch Häuser mit bis zu fünf Geschossen stehen, sondern einen Schwerpunkt auf Einfamilienhäusern – also Reihenhäuser, Doppelhaushälften und auch freistehende Einfamilienhäuser, die alle nicht mehr als maximal drei Geschosse haben sollten. Damit würde sich die Zahl der Wohneinheiten im künftigen Quartier weiter reduzieren: Wie berichtet haben Stadt und Landes-Projektsteuerer „NRW.Urban“ erste konkretere Entwürfe für die Siedlung vorgelegt, die von 225 Einheiten in gemischter Bauweise ausgingen – ursprünglich war einmal (mit mehr Mehrfamilienhäusern) von bis zu 400 Einheiten die Rede gewesen. Eine Größenordnung nennt die CDU dabei nicht; vielmehr wäre es Aufgabe der Verwaltung gewesen, dies vorher mit zu bedenken und eine entsprechende Variante mit zu prüfen, so Marc Klein auf Nachfrage.

Wohngebiet auf Siegener Wellersberg: Möglichst viele Wohnungen und möglichst viel Natur

Stadtbaurat Henrik Schumann verweist im Gespräch auf die Vorgeschichte, die zu Siegener „Jamaika“-Zeiten Formen annahm und wo ein erster Kompromiss geschmiedet wurde: Wohnungen in größerem Umfang schaffen, dabei möglichst wenig Eingriffe in Naherholungsflächen, Natur und Landschaft, mit dem früheren Militärgelände ein gesperrtes Areal nutzbar machen. Das von Stadt und NRW.Urban beauftragte Büro habe die Fläche unvoreingenommen analysiert und habe den Entwurf entsprechend dieser Vorgaben sensibel gestaltet. Allerdings brauche es auf einer letztlich doch begrenzten Fläche auch eine gewisse Bebauungsdichte, „damit es sich am Ende lohnt“, so der Stadtbaurat. Aufwendig auf der Bergkuppe ein Wohnquartier zu errichten nur für ein paar Handvoll Wohneinheiten, lohnt sich nicht nur finanziell nicht.

Der Wellersberg ist ein beliebtes Naherholungsgebiet (Archiv). Die Stadt Siegen möchte mit dem Munitionsdepot eine nicht zugängliche Fläche aktivieren, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.
Der Wellersberg ist ein beliebtes Naherholungsgebiet (Archiv). Die Stadt Siegen möchte mit dem Munitionsdepot eine nicht zugängliche Fläche aktivieren, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. © WP | Hendrik Schulz

Eine Kampfabstimmung ist nicht erstrebenswert.
Henrik Schumann, - Stadtbaurat, über politische Akzeptanz

Schon beim Grundsatzbeschluss war um den Wellersberg gerungen worden; Gegner waren der Ansicht, dass statt einer neuen Siedlung besser andernorts nachverdichtet werden sollte, statt hier neue Flächen zu versiegeln. Nun deutet sich ein weiterer Streit an.

Künftiges Wohngebiet auf Siegener Wellersberg von Anfang an umstritten

Die Union verweist unter anderem auch auf die Kinderklinik, die sich perspektivisch erweitern wolle. Die Verkehrsanbindung über die Freudenberger Straße (durch den Wellersbergtunnel) hatte auch schon der Verwaltung Kopfzerbrechen bereitet, ein weiteres Verkehrsgutachten soll hier für Klarheit sorgen. Aber auch landschaftlich sähe es die CDU kritisch, wenn auf der Bergkuppe solche Gebäude errichtet würden, hier denke man eher an ein in die Landschaft eingefügtes Gebiet im Grünen. „Auch ein autoarmes Wohngebiet mit Quartiersgaragen sehen wir nicht praktikabel“, heißt es weiter. Vorgeschlagen ist, dass die Bewohner ihre Fahrzeuge nicht auf eigenen Stellplätzen parken, sondern gebündelt in solchen „Großparkhäusern“, um Attraktivität und Aufenthaltsqualität im Wohngebiet selbst zu steigern. Allerdings war auch zu Bedenken gegeben worden, dass diese Lösung immens teuer werden könnte.

Visualisierung des Quartiers auf der Fläche des ehemaligen Munitionsdepots auf dem Siegener Wellersberg: Gebäude mit fünf Geschossen findet die CDU zu groß.
Visualisierung des Quartiers auf der Fläche des ehemaligen Munitionsdepots auf dem Siegener Wellersberg: Gebäude mit fünf Geschossen findet die CDU zu groß. © Stadt Siegen | Architekturbüro prosa

Aus anderen Fraktionen kommen zumindest leicht irritierte Reaktionen. Vorangegangen war den nun vorgelegten Entwürfen ein Workshop mit Vertretern der politischen Parteien – in dieser Schärfe habe die CDU diese Kritik dabei nicht geäußert, heißt es. Die eher rückwärtsgewandte Betrachtungsweise der CDU sei aber angeklungen, sagt Henrik Schumann. Die Stadt sehe es aber weiter als Mehrwert an, wenn im künftigen Quartier möglichst wenig Autos fahren und die Straßenräume so der Aufenthaltsqualität dienen, wo sich Kinder frei und gefahrlos bewegen können. Auch städtebaulich sei der Entwurf zukunftsweisend.

Siegener Politik teilweise irritiert über CDU-Kritik an Wellersberg-Plänen

Beschlossen wurde der Vorschlag der Verwaltung, diese Variante weiter zu verfolgen, bislang nicht. Der Rat soll am 29. Mai entscheiden. „Wir sind auch gespannt, was passiert“, sagt Stadtbaurat Schumann. Ein solches Konzept, ein solches Quartier, wo hunderte; potenziell tausende Menschen leben werden, sollte breit getragen werden. „Eine Kampfabstimmung ist nicht erstrebenswert.“ Aus Sicht der Stadt wäre es bedauerlich, wenn das Konzept komplett geändert würde hin zu einer womöglich „engen Sichtweise“. Ohnehin werde es noch vier bis fünf Jahre dauern, bis auf dem Wellersberg gebaut werden kann. Einmal mehr würde sich das verzögern, während die nun kritisierten Wohnformen stärker nachgefragt werden.

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Um hier einen besseren Eindruck zu bekommen, sei er sehr gespannt auf die Bürgerbeteiligung, sagt Schumann: Hoffentlich erreiche man darüber die Menschen, an die sich das neue Quartier richtet, dass sich dort potenzielle Bewohner zu Wort melden. Denn auch wenn das Wohngebiet modern und zukunftsweisend sein soll: Allzu radikal sei es nicht – allein schon weil die Verkehrsanbindung durch den Knotenpunkt Freudenberger Straße begrenzt sei. Den urbanen Siedlungscharakter mit gemischten Wohnformen wolle man aber erhalten. „Das kann funktionieren.“