Netphen/Düsseldorf. Nach dem Beschluss des Landtags wandern die Protestplakate in Netphen und anderswo in die Tonne. Auch die letzten Zitterpartien sind überstanden
Bis zuletzt haben die Protestplakate gegen die von Anliegern zu zahlen Beiträge für den Straßenausbau an Zäunen und Schildermasten in Hainchen gehangen. Jetzt werden sie abgenommen und entsorgt. Der Landtag hat das Kommunalabgabengesetz (KAG) geändert und die Beiträge abgeschafft. Die nun nicht mehr von den Anwohnern gezahlten Beiträge sollen den Städten und Gemeinden vom Land erstattet werden.
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Auch die Interessengemeinschaft Siegen-Wittgenstein für beitragsfreie Straßen, in der sich Bürgerinitiativen aus dem Kreisgebiet zusammengeschossen habe, war im Landtag dabei. „Wir haben uns vor Ort mit den verbündeten Bürgerinitiativen aus ganz NRW getroffen“, berichtet die Hilchenbacherin Anke Blecher. Empfangen wurden sie von den SPD-Landtagsabgeordneten Christian Dahm und Stefan Kämmerling. Uwe Runkel aus Freudenberg und Susanne Linde aus Feudingen waren ebenfalls aus Siegen-Wittgenstein mit angereist.
„Ein langer Weg unseres Kampfes für die Abschaffung der ungerechten, unsozialen, bürgerunfreundlichen und existenzgefährdenden Straßenbaubeiträge ist nun heute, nach insgesamt sechs Jahren unseres Widerstandes, erfolgreich zu Ende gegangen“, heißt es in der Pressemitteilung der Interessengemeinschaft, „wir freuen uns sehr, dass unser jahrelanger Kampf letztendlich Früchte getragen hat.“ Allein durch eine vom Bund der Steuerzahler initiierte Aktion waren landesweit mehr als 500.000 Unterschriften gesammelt worden. „Das KAG-Änderungsgesetz schafft nun endlich Rechtsverbindlichkeit, mehr Fairness, Solidarität und Chancengleichheit.“ Schließlich hätten andere Bundesländer die Anliegerbeiträge schon längst abgeschafft.
Anlieger in Hainchen: Glück in letzter Minute
Schon seit 2020 sind die KAG-Beiträge für neue Straßenausbauvorhaben faktisch abgeschafft. Die Städte und Gemeinden erstellen zwar noch Beitragsbescheide, für die Betröge konnten sie aber zunächst eine anteilige, zuletzt eine 100-prozentige Förderung durch das Land beantragen. Voraussetzung war allerdings, dass die Vorhaben nach dem 1. Januar 2018 beschlossen worden sind. Als „Wermutstropfen“ bezeichnet es die Interessengemeinschaft, dass der Landtag die von SPD und FDP beantragte Härtefallregelung nicht beschlossen hat.
Betroffen sind Anlieger von Straßen, deren Ausbau schon früher beschlossen, aber bisher nicht abgerechnet wurde: Dazu hätten beinahe auch Meisenweg und Kampenstraße in Hainchen gezählt, deren Ausbau bereits 2016 im städtischen Haushaltsplan auftauchte. Ende 2023 wären die Ansprüche der Stadt verjährt. Der Antrag auf 100-Prozent-Förderung durch das Land sei der Stadt bewilligt worden, berichtet Diana Borawski, Sprecherin der Interessengemeinschaft. „Wir haben nur noch keinen schriftlichen Bescheid.“ Schuld ist auch hier der Ausfall der Südwestfalen IT nach der Cyberattacke. Ebenfalls noch beitragsfrei davongekommen sind die Anlieger in Bad Laasphe und in Freudenberg, wo die betroffenen Anwohner des Nüssebergwegs sich mit einer Demonstration Gehör verschafft haben. Beitragsbescheide haben letztlich nur noch die Anwohner der Wabrichstraße in Erndtebrück bekommen.
Nächstes Thema sind die Erschließungsbeitäge
Zum 1. Januar 2025 will das Land überprüfen, ob und wie die Gesetzesänderung die Städte und Gemeinden mehr belastet hat. Viele Kommunen haben ihre KAG-Satzungen in den letzten Monaten geändert, den Anteil der Städte gesenkt und der Anlieger (nun: des Landes) erhöht. „Wir haben uns erst mal gefreut“, sagt Diana Borawski. Das nächste Thema rückt allerdings schon auf der Agenda nach oben: die Erschließungsbeiträge in Höhe von 90 Prozent der Baukosten, die Anwohner in Neubaugebieten berechnet werden – gelegentlich erst Jahrzehnte nach dem Einzug ins dann schon gar nicht mehr neue Eigenheim. „Auch dazu kommen bei uns schon sehr viele Anfragen“, sagt Diana Borawski, „die Problematik ist geblieben.“
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