Oelgershausen. Anlieger in Oelgershausen wehren sich weiter gegen den Straßenausbauplan der Stadt Netphen – das Vorhaben wird ihnen zu teuer.

Die Anlieger der Straßen Vorm Seifchen und Auf der Schütze wehren sich weiter gegen den von der Stadt geplanten Straßenausbau, von dem der Rat auch in seiner letzten Sitzung nicht abgerückt ist. Ortsbürgermeister Dieter Bruch sucht die Unterstützung der „Interessengemeinschaft Siegen-Wittgenstein für beitragsfreie Straßen“ und des Bundes der Steuerzahler.

Die Situation: Stadt fordert 90 Prozent Erschließungsbeitrag

Den Anliegern wird der Straßenbau zu teuer: 23,50 Euro je Quadratmeter Grundstücksfläche sollen sie als Anliegerbeitrag nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) bezahlen – und das ist schon die günstigere Variante, bei der lediglich 50 Prozent der Kosten auf die Anlieger umgelegt werden und die andere Hälfte der Rechnung bei der Stadt Netphen bleibt. Für den größeren Teil des Gebietes werden Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch erhoben – 90 Prozent der Kosten, in Oelgershausen 34,50 Euro.

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Der teurere Erschließungsbeitrag wird erhoben, wenn eine Straße zum ersten Mal überhaupt ausgebaut wird. Anlieger Gerd Schmallenbach hat sich damit auseinandergesetzt: Die ersten Häuser in Oelgershausen seien in den 1930er Jahren genehmigt worden, „ohne irgendeinen Hinweis im Bauschein auf spätere Erschließungskosten.“

Nach der Eingemeindung Oelgershausens sei der Bebauungsplan aufgestellt worden, weitere Baugenehmigungen wurden erteilt. „Das Bundesverfassungsgericht steht auf dem Standpunkt, dass eine Baugenehmigungsbehörde bei Erteilung einer Baugenehmigung die Erschließung gesichert hat.“ Zumindest beginne dann ein Verjährungszeitraum, der - so das Gericht – höchstens 30 und nicht wie bisher 60 Jahre dauern dürfe. Die Folgerung: In Oelgershausen kann allenfalls das KAG angewendet werden.

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Die Forderungen: Schmalere Fahrbahn, Kosten verteilen

Aber auch 50 Prozent KAG-Beitrag sind den Anliegern zu teuer – und werden wohl auch nicht erhoben, wenn die: Stadt von dem neuerdings möglichen 50-Prozent-Zuschuss des Landes profitiert, der einen Beitragssatz von 25 Prozent ermöglichen würde.

Die Stadt sei „verpflichtet, finanzielle Belastungen der Anlieger durch unvernünftige und unverhältnismäßig teure Erschließungsanlagen zu vermeiden“, stellt Ortsbürgermeister Dieter Bruch fest. Teuer werden die Beiträge, weil die Kosten auf die Eigentümer verhältnismäßig weniger und zudem großer Grundstücke aufgeteilt werden. Auf einer Strecke von 300 Metern ist die Straße Vorm Seifchen nur einseitig bebaubar, „dadurch muss die Gesamtheit der übrigen Anlieger enorme Mehrkosten übernehmen“. Da, wo das anders aussieht, kommen auch andere Beitragshöhen zustande: zum Beispiel 7,26 Euro in der Hömbergstraße, ebenfalls in Oelgershausen.

Chronik

In den 1930er Jahren werden die ersten Baugenehmigungen für Häuser in der Ortsmitte erteilt, in den 1980er Jahren erfolgt der Vollanschluss an den Kanal.

Am 25. Oktober 2017 erfahren die Oelgershausener auf einer Bürgerversammlung, dass die Straßen Auf der Schütze und Vorm Seifchen ausgebaut werden sollen.

Am 28. März 2018 wird bekannt, dass die Straße bis in die Ortsmitte ausgebaut werden sollen – bis dahin war von einer Anbindung an die L 729 beim Ortseingang die Rede.

Am 18. Oktober 2019 wird den Anwohnern der Ausbauplan vorgelegt, der am 2. Dezember vom Stadtentwicklungsausschuss befürwortet wird. Genannt wird die Höhe der Anliegerbeiträge. Mit Fristsetzung bis zum 15. Dezember wird bei den Anwohnern das Einverständnis zur Abgabe von Wegeland abgefordert. 80 Prozent der Anlieger unterschreiben eine Eingabe, in der sie sich gegen den Straßenausbau aussprechen.

Am 3. Februar 2020 berät der Stadtentwicklungsausschuss erneut, er bleibt bei seiner Zustimmung.

Die Beschwerde der Anlieger vom 6. Juli 2020 wird von der Verwaltung zurückgewiesen. Ortsbürgermeister Dieter Bruch besteht auf einer Beratung im Rat, die am 3. September 2020 erfolgt. Zu einer Abstimmung kommt es dort nicht.

Im Raum steht die Forderung der Anlieger, die Kosten für den Ausbau zu reduzieren, indem die Straßenbreite auf 4,50 Meter reduziert wird. Schwerverkehr, der sich begegnen würde, gäbe es in der Straße nicht. Mögliche Variante sei auch eine Einbahnregelung. Im Rat hatte die Verwaltung dargelegt, dass selbst eine Reduzierung von den jetzt geplanten 5,50 auf 4,75 Meter nur geringfügige Ersparnisse bringe.

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Das Bürgerhaus werde über die Straße Vorm Seifchen angefahren, der Grundstückseigentümer aber nicht an den Ausbaukosten beteiligt – es handelt sich um die Stadt selbst.

Als konkreten Anlass, den Straßenausbau anzugehen, hat die Verwaltung den Wunsch von Anliegern genannt, an die Gasversorgung angeschlossen zu werden. Dann, so die Forderung der Anlieger, müssten sich die Versorgungsträger auch an den Kosten für die Wiederherstellung der Fahrbahn beteiligen. „Es darf nicht sein, dass die Einsparungen der Versorgungsträger den Anliegern angelastet werden.“

Die Anlieger verweisen auf das geänderte KAG, in dem die Beteiligung und Information der Anlieger gefordert wird. „Die Anlieger wurden in keinster Weise in die Planung einbezogen“, stellt Ortsbürgermeister Dieter Bruch fest, „die fertige Planung wurde uns am 19.. November 2019 knallhart serviert und auch anschließend vom Stadtentwicklungsausschuss so beschlossen.“

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